Friday, October 05, 2018

GESPRÄCHSZEIT: Nino Lejava - Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung South Caucasus in Georgien. via @radiobremen

Nino Lejava im Podcast
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[radiobremen.de] Ihr Land können die meisten Menschen im Westen nicht so richtig auf der Landkarte verorten. Es ist ein Land, das sich viele wohl als grau, düster und kalt vorstellen – und das in diesem Jahr Gastland der Frankfurter Buchmesse ist. Ein guter Anlass für Nino Lejava, die vor Ort die Grünen-nahe Böll-Stiftung leitet, um mit Klischees rund um ihre Heimat aufzuräumen.

Im Norden Russland, im Südwesten die Türkei, im Südwesten der Iran – Georgien muss sich gegen mächtige Nachbarn behaupten. Aber dennoch gehört es zu den Ländern, die im Westen oft unterschätzt werden. Dort wurde einst der Weinanbau erfunden, der immer noch eine große Rolle spielt, es gibt Skigebiete, Strände am Schwarzen Meer und das Land hat sogar eine eigene Schrift. Es ist aber auch das Geburtsland Stalins und Georgien ächzt unter großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Nino Lejava erlebt all das jeden Tag. In Tiflis leitet sie die Heinrich-Böll-Stiftung und beschäftigt sich intensiv mit den politischen Veränderungen im Land, zum Beispiel mit dem erfolgreichen Kampf gegen die Korruption im Land.

"Das war früher ein großes Problem. Heute ist es gerade umgekehrt, wo Georgien für viele verschiedene Länder das Musterbeispiel gibt, dass man das Problem auch bekämpfen könne, wenn der Wille da sei."

Menschen für Demokratie begeistern

Ihre Eltern schickten Nino Lejava als Kind in einen privaten Kindergarten. Dort lernte sie deutsch, was zu Sowjetzeiten noch als Bildungssprache galt. Durch ein Schüleraustauschprogramm verbrachte sie die 11. Klasse in einem bayerischen Internat, wo sich ihre Sprachkenntnisse verfestigten. Das Jura-Studium führte sie dann noch einmal nach Deutschland, nach Hamburg. Als Leiterin des Regionalbüros Südkaukasus der Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt sie heute die Menschen in der Südkaukasus-Region, die sich für Demokratie einsetzen.

"Gerade heutzutage sehen wir auch in Deutschland wie wichtig es ist, sich tagtäglich in Deutschland für die Demokratie einzusetzen und auch Menschen für die Politik zu begeistern."

Einsatz für Naturschutz und Frieden

Auch für "grüne" Themen will Nino Lejava die Menschen in ihrem Land sensibilisieren. Georgien leide als ehemalige Sowjetrepublik immer noch unter umwelt- und naturschädlicher Wirtschaftspolitik, sagt die Juristin. Die Böden wurden ausgebeutet, das Grundwasser oft verseucht. Außerdem leidet das Land unter dem geopolitischen Konflikt mit Russland. Vor zehn Jahren noch standen sich Russen und Georgier in der Region Abchasien und Südossetien mit Panzern gegenüber. Derzeit gibt es keine Kampfhandlungen, aber "der Krieg geht voran", weiß Nino Lejava. Der Konflikt führe unter anderem dazu, dass es sehr viele Binnenflüchtlinge in Georgien gebe.

"Das prägt die Gesellschaft immer noch, weil die Menschen noch hoffen, in ihre Häuser zurückkehren zu dürfen. Aber diese Hoffnung wird immer weiter vertagt durch die politische Situation in der Region."

Gastland der Frankfurter Buchmesse

Jedes Jahr darf ein anderes Land seine Literatur und Kultur auf der Frankfurter Buchmesse präsentieren. In diesem Jahr hat Georgien die Chance, den Blick der Deutschen auf ihr Land zu ändern. Vorab erzählt Nino Lejava, die Leiterin der Böll-Stiftung in Tiflis, wie Bremen nach der georgischen Unabhängigkeitserklärung geholfen hat, ein neues Rechtssystem im Land aufzubauen, von welchen Kulturen die georgische Küche beeinflusst wurde und wie die christliche Kirche das Land immer noch prägt.

Das Gespräch zum Anhören:
"Georgien war jahrhundertelang Spielfeld von Großmächten" – Nino Lejava, Leiterin Böll-Stiftung Tiflis, [37:53]

Moderation: Jutta Günther

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 4. Oktober 2018, 18:05 Uhr

Weitere Informationen:

Alle Gespräche im Überblick


Gesprächszeit: Nino Haratischwili, Autorin am 08.10.2018, 18.05 Uhr [radiobremen]

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