REISE:
Drei Speyerer im wilden Kaukasus
Der Speyerer Weitwanderer Theo Germann ( 2002 Santiago de Compostella – also lange vor ' Ich bin dann mal weg') , überzeugte seine beiden Wanderfreunde Otto Lanig und Karl-Heinz Christmann, mit denen er in den letzten Jahren die Strecken München – Venedig und den Europaweg 1 von Flensburg zum Bodensee gewandert ist, dass der Kaukasus und hier besonders die nördliche Region Chewsuretien ein lohnendes Wanderziel sein könnte.
Da im Kaukasus die Wegeführung wohl kaum der des Pfälzer Waldes ähnlich ist und auch Herbergen oder Pensionen unbekannt sind, schloss sich das Dreierteam zwei Lehrern aus Tbilissi an, die sanften Tourismus betreiben wollen und pro Jahr nur zwei bis drei Wandertouren anbieten.
Von Tbilissi ( Tiflis ) ging es auf recht abenteuerlicher Straße, der Georgischen Heerstraße, mehrere Stunden Richtung Norden. Vor Auflösung der Zwangsehe mit der Sowjetunion war diese Straße die Hauptachse von Georgien nach Moskau, jetzt sind die LKW-Rastplätze leer und verwaist und man muss schon den Rauch eines Grills suchen um etwas zu essen zu bekommen. Rinder, Hühner und tiefe Schlaglöcher sind die ständigen Begleiter.
Vorbei an historisch umkämpften Orten wie der Festung Ananuri oder Passanauri ging die Fahrt weiter über den 2400 Meter hohen Kreuzpass bis Kasbegi. Hier, am über 5000 Meter hohen, vergletscherten Bergriesen Kasbek, soll der griechischen Sage nach Prometheus für sein Vergehen, den Menschen das Feuer gebracht zu haben, angekettet gewesen sein.
In Jutta waren alle Straßen zu Ende und zu Fuß und mit Packpferden wurden nun die gigantischen Weiten des Kaukasus erwandert. Die Täler sind viel enger und die Berghänge viel steiler als in den Dolomiten, meinte Theo Germann , und eine ganz andere Flora, stellt er als Gärtnermeister fest. Dass es bei zwei Passüberschreitungen mit 3200 Meter jedes mal geregnet und gegraupelt hat, war zwar nicht eben der Hit, aber am Abend bei heißem Katschapuri, Katscha = Käse, Puri = Brot und georgischem Wein waren die Strapazen schnell vergessen.
Untergebracht war das Wandertrio samt Guides immer privat bei chewsuretischen Familien, meist sehr einfach, aber herzlich, Plumpsklo im Garten und waschen am Bach. Dafür aber herzliche Teilnahme an einem Geburtstag und einer Totenfeier, ein Jahr nach der Beerdigung wird noch mal gefeiert, damit der Geist nun endgültig zu den Ahnen gehen kann.
Ein georgisches Sprichwort besagt, dass der Gast von Gott geschickt ist. Und so ist essen und trinken oder besser gesagt trinken und essen etwas, was die Chewsuren dann auch ausgiebigst mit ihren Gästen tun. Trinksprüche sind ein wichtiger Zeremonieteil einer jeden Einladung und als Gast muss das erste Glas, ca. 100 Gramm, auch ganz geleert werden, danach steht man den Gästen zu, dass sie nur noch nippen brauchen.
Große Orte findet man im Nord-Kaukasus nicht, meist sind es nur kleine, auseinandergezogene Ansiedlungen, drei, fünf oder auch mal zwanzig Häuser. Viehwirtschaft ist die einzige Einnahmequelle und für schnell mal zum einkaufen, kann man schon drei bis vier Stunden fahren müssen.
Ganz 'christianisiert' ist der Kaukasus absolut nicht, denn viele der Trinksprüche gehen an alle möglichen Geister der Berge, der Luft und des Wassers und auch die jährlichen rituellen Opferschlachtungen dürften wohl heidnischen Ursprung haben.
Da die zweite Etappe, zu Fuß über den Kreuzpass, ohne Übernachtung nicht möglich, ist ging es mit einem Jeep weiter.
Dass der Fahrer des Jeeps ein Major der georgischen Grenztruppe war, wurde in anbetracht der steinwurf-nahen tcheschenisch-russischen Grenze als sehr beruhigend angesehen, obwohl es in diesem Kaukasusbereich eigentlich konflikt-mäßig ruhig ist.
Beeidruckend immer wieder, die endlos scheinenden, baumlosen Berghänge und die tiefen, wasserdurchrauschten Schluchten. Hänge voll Zwerg-Rhododendron und kaukasischen Witwenblumen. Und die absolute Stille der Bergwelt.
Irgendwie regelt sich alles, ist ein geflügeltes kaukasisches Wort und tatsächlich findet sich für alles eine Lösung. Wenn es keinen Strom gibt, geht man halt mit Kerzenlicht ins Bett und wenn die Packpferde nicht beikommen, leiht man sich welche bei den Nachbarn. Denn selbst in der Hauptstadt Tbilissi muss man sich nachts darauf einstellen, dass das Wasser abgedreht wird.
Fazit der Reise: Ein wunderbares, urtümliches Land, mit Menschen, die an Gastfreundschaft wohl kaum zu übertreffen sind und deren einfache und dennoch zufriedene Lebensweise uns zum Nachdenken anregen sollte.
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