Tuesday, January 26, 2016

LITERATUR: Die vierzig Tage des Musa Dagh. Von Franz Werfel in: Lesezeit | MDR FIGARO | 25.01.-26.02.2016 [mdr.de]


(mdr.de) Eine armenische Familie flieht vor der Ausrottung durch die Türken. Auf dem Berg Musa Dagh leisten sie einen aussichtslosen Widerstand. Franz Werfel schrieb seinen Roman basierend auf den Eindrücken von Zeitzeugen. Das Buch wurde 1933 in Deutschland verboten. Werfel emigrierte 1938 in die USA, wo er 1945 starb. Er erhielt 2006 posthum die armenische Staatsbürgerschaft verliehen.

Armenia 2007
Foto: Ralph Hälbig
Gabriel Bagradian kehrt nach 23 Jahren, die er in Paris gelebt hat, in seine armenische Heimat am Fuße des Musa Dagh zurück. Der Besuch in Yoghonoluk soll nur kurze Zeit in Anspruch nehmen, doch noch während sich Gabriel mit Frau und Kind in Armenien aufhält, bricht der Erste Weltkrieg aus. Die Familie sitzt fest.

Hoffnung in finsteren Zeiten
 
Gabriel wird in die vom Osmanischen Reich verhängte Verschickung der armenischen Minderheit verwickelt. Doch statt sich wie die meisten seiner Leidensgenossen in das schreckliche Schicksal der Deportation zu fügen, setzt Gabriel alles auf eine Karte: Auf dem Musa Dagh sucht er mit zirka 5.000 Armeniern Zuflucht vor Verfolgung, Verschleppung und Ausrottung durch die Türken. Sein verzweifelter Triumph heißt erbitterter Widerstand, koste es, was es wolle. Es gelingt den Armeniern zwar, die Angriffe der Türken abzuwehren, besser werden die Aussichten dadurch aber auch nicht. Hunger und Entbehrungen fordern ihren Tribut von den geschwächten Menschen.

Vor diesem historischen Hintergrund wird die Geschichte Gabriel Bagradians als militärischer Kopf des Widerstandes erzählt: Er war Offizier der Reserve in der türkischen Armee. Über vierzig Tage halten die Armenier auf dem Berg aus, vierzig Tage zwischen Verzweiflung und Hoffnung, vierzig Tage zwischen Mut und der Gewissheit doch zu sterben. Am Ende naht Rettung in Form französischer und britischer Schiffe, aber Rettung wohin? 


Die Wahrheit mitteilen
  
Noch immer ist es schwierig, den Völkermord an den Armeniern in den Jahren 1915 bis 1917 beim Namen zu nennen. Als Franz Werfel 1930 durch Anatolien reiste, schockierten ihn die Begegnungen mit Zeitzeugen und er begann, akribisch für einen Roman zu recherchieren.

"Die vierzig Tage des Musa Dagh" beschreiben das Schicksal einer armenischen Familie, die langsam ausgegrenzt und schließlich mit Waffengewalt verfolgt wird. Auf dem Heimatberg, dem Musa Dagh, leistet ihre Dorfgemeinschaft der Vertreibung Widerstand. Umsichtig und differenziert, mit einer klaren, fließenden Sprache verwandelt Werfel diese historische Katastrophe in ein eindrucksvolles Epos. 


Der Schriftsteller Franz Werfel

Geboren 1890 in Prag, verließ Franz Werfel 1912 seine Heimatstadt und arbeitete als Lektor im Leipziger Kurt Wolff Verlag. Während des Ersten Weltkrieges war er Soldat.

In den 1920er- und 1930er-Jahren avancierte Werfel zu einem der meistgelesenen deutschsprachigen Autoren. 1938 emigrierte er nach Frankreich, 1940 über Spanien in die USA. Er starb 1945 in Beverly Hills.

"Die vierzig Tage des Musa Dagh" erschien 1933 in Wien und Berlin und wurde in Deutschland zwei Monate später verboten.


Es liest Christian Brückner

Alle Folgen hier: mdr.de/mdr-figaro/Franz Werfel: vierzig Tage des Musa Dagh

No comments: