Der Gas-Streit zwischen Russland und der Ukraine über Preise und Lieferverträge geht weiter. Weil rund 80 Prozent der russischen Gaslieferungen für die EU-Mitgliedstaaten durch die Ukraine transportiert werden, fürchten viele, dass Russland den Gashahn zudrehen könnte. Während der Konflikt von der EU noch als "Handelsstreit" bezeichnet wird, sieht die europäische Presse auch politische Motive.
Respekt - Tschechien
Die Einstellung der russischen Gaslieferungen an die Ukraine sei ein beunruhigendes Signal für ganz Europa, schreibt die liberale Wochenzeitung Respekt. "Der aktuelle Streit zeigt aber auch, wie sich in den vergangenen Monaten die wirtschaftliche Lage zu Ungunsten Russlands, seines Regierungschefs Wladimir Putin und der mächtigen Firma Gazprom verändert hat. ... Zu einer Zeit, in der die gesamte russische Wirtschaft von großen Problemen gebeutelt wird, ist auch Gazprom in eine tiefe Krise geschlittert. Vor Jahresfrist hatte Gazprom Ambitionen für eine umfangreiche Kooperation und kletterte auch tatsächlich auf den dritten Platz hinter den amerikanischen Gesellschaften Exxon Mobile und General Electric. Inzwischen ist aber der Wert seiner Aktien um 75 Prozent gefallen, die Firma hat Schulden in der Höhe von 50 Milliarden Dollar. Das ist eine beispiellose Situation. Kein westlicher Energielieferant benötigt in der derzeitigen Krise Regierungshilfen." (06.01.2009)
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Dnevnik - Bulgarien
Wenn der Gas-Streit zwischen Moskau und Kiew nicht erfolgreich gelöst wird und der Verbrauch zunimmt, reichen die Gasreserven in Bulgarien nach Angaben des Energieversorgers Bulgargaz nur noch für eine Woche. Die Tageszeitung Dnevnik schreibt dazu: "Der Streit zwischen Gazprom und der Ukraine hat zum x-ten Mal den kläglichen Status quo in Bulgarien veranschaulicht. 20 Jahre nach der Wende hängt der Staat noch immer von demselben Gashahn ab wie zu Zeiten der bulgarisch-russischen Freundschaft, die der [ehemalige bulgarische Ministerpräsident und Generalsekretär der Komintern] Georgi Dimitrov als so lebenswichtig bezeichnete wie Sonne und die Luft. In Bezug auf die Energieunabhängigkeit erscheint diese Verheißung prophetisch. Denn auch heute ist Bulgarien offenbar das am stärksten von Russland abhängige Land, nicht nur im Vergleich zu den ehemaligen sozialistischen Ländern, sondern auch zu den anderen Balkanländern." (06.01.2009)
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Il Sole 24 Ore - Italien
Die liberale italienische Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore kritisiert die abwartende Haltung der EU im Gas-Streit. "Die nächsten Tage werden zeigen, ob es sich [dabei] um eine kluge Strategie handelt. Es ist unvermeidlich, dass angesichts der Kältewelle in Europa das Problem Moskau-Kiew beunruhigt. … Die Linie der großen Länder, die die Kraftprobe zwischen Moskau und Kiew vorläufig als Handels- und nicht als politisches Problem sehen wollen, siegt. Polen und Litauen bleiben mit ihrem Wunsch, Russland maßregeln zu wollen, isoliert. Auch die Entscheidung der tschechischen Präsidentschaft, das EU-Treffen nicht auf oberster Ebene abzuhalten (es trafen sich nur die Vizebotschafter der 27 Länder), unterstreicht die Tatsache, dass man das Problem im technischen Rahmen halten will, um die Eskalation einer politischen Konfrontation mit Moskau zu vermeiden." (06.01.2009)
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Világgazdaság - Ungarn
In der Wirtschaftszeitung Világgazdaság schreibt die Historikerin und Russlandexpertin Ágnes Gereben, dass der derzeitige Gas-Streit sich von früheren Konflikten unterscheide. "Im Gegensatz zum russisch-ukrainischen Gasstreit vor drei Jahren hat Moskau den jetzigen Konflikt weder unerwartet noch mit drastischen Mitteln vom Zaun gebrochen, sondern von langer Hand vorbereitet. Es mutete schon seltsam an, dass der russische Präsident Dimitrij Medwjedew am 20. November Gazprom-Chef Aleksej Miller vor aller Öffentlichkeit auftrug, die 2,4 Milliarden Dollar hohen Schulden des ukrainischen Partners Naftogaz unverzüglich einzutreiben. ... Hinter der riesigen russischen Propagandakampagne, die Naftogaz und die politische Elite der Ukraine als nicht vertrauenswürdig, verantwortungslos und sogar als kriminell abstempelt, verbergen sich freilich nicht nur geopolitische Motive. Der in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion - auch in Russland - künstlich niedrig gehaltene Gaspreis kann schlicht und einfach nicht weiter aufrechterhalten werden." (06.01.2009)
» zum ganzen Artikel (externer Link, ungarisch) Mehr aus der Presseschau zu den Themen » Internationale Beziehungen, » Energie, » Ukraine, » RusslandAlle verfügbaren Texte von » Agnes Gereben
The Times - Großbritannien
Die Tageszeitung The Times meint, Moskaus Haltung im Gas-Streit schade Russlands Glaubwürdigkeit als Europas Energielieferant: "Immer wieder hat [Ministerpräsident] Wladimir Putin die Ressourcen seines Landes benutzt, um jene früheren Sowjetrepubliken zu bestrafen und zu erpressen, die es wagten, Moskaus Hegemonie herauszufordern, besonders Georgien. Trotz all des versöhnlichen Lächelns von Gazprom-Chef Alexander Medwedjew bei seinem Besuch westlicher Hauptstädte lässt sich die EU nicht von Beteuerungen täuschen, es handle sich um rein geschäftliche Beziehungen. Wie das arabische Ölembargo von 1973 haben Russlands regelmäßige Konfrontationen den Westen gezwungen, so schnell wie möglich andere Quellen und Arten von Energie zu suchen. Moskau ist natürlich nicht verpflichtet, sein Gas unter Marktwert zu verkaufen. Aber den Hahn zuzudrehen, setzt nicht nur dem Nachschub ein Ende sondern auch dem Vertrauen, der Verlässlichkeit und der langfristigen Glaubwürdigkeit." (06.01.2009)
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» zur gesamten Presseschau vom Dienstag, 6. Januar 2009
Wednesday, January 07, 2009
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