Der russische Energieversorger Gazprom hat am Mittwoch den Gashahn zugedreht. Während sich Moskau und Kiew gegenseitig die Schuld für den Lieferstopp in die EU zuschieben, muss sich die Europäische Union im Streit neu positionieren.
Magyar Hírlap - Ungarn
Die konservative Tageszeitung Magyar Hírlap vergleicht das Zudrehen des Gashahns von Seiten Russlands mit der mittelalterlichen Kriegstaktik des Einkreisens und Aushungerns des Feindes. "Das umzingelte Europa leidet heute unter einer Blockade. Und der Gegner wartet darauf, dass es erfriert. ... Es glaubt doch wohl niemand ernsthaft daran, dass der jetzige Stopp der Gaslieferungen einem einfachen Gaspreis-Streit zwischen Russland und der Ukraine geschuldet ist. ... Nein. Hinter den derzeitigen Ereignissen stehen vielerlei russische Interessen. Zum einen wird Kiew und Europa signalisiert, dass die Ukraine in EU und Nato nichts verloren hat. Zum anderen wird Europa signalisiert, dass der Komfort und Wohlstand des Westens zerbrechliche Errungenschaften sind." (08.01.2009)
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Delo - Slowenien
Die Tageszeitung Delo kritisiert das Fehlen einer gemeinsamen EU-Strategie im Gas-Streit, zumal es schon 2006 eine Krise gab: "Die nervösen Reaktionen, die der Gaslieferstopp durch die Pipelines der Ukraine ausgelöst hat, haben die schweren Mängel der europäischen Energiepolitik aufgezeigt. ... Der Grad der Abhängigkeit der EU-Mitgliedsländer von dem äußerst unsicheren russischen Gas ist sehr unterschiedlich. ... Während vor allem die ehemaligen Ostblockstaaten fast ihr gesamtes Gas aus Russland beziehen, können vor allem die größeren Mitglieder in Krisenzeiten mit ihren angenehm großen Reserven rechnen.“ Im März soll von der EU eine detaillierte Strategie zum Energiemix angenommen werden. Im Falle ernsthafter Störungen der Gaslieferungen plant die Europäische Kommission eine ganze Palette von Notmaßnahmen. "Doch bis zum Frühling wird die Gefahr der Energiedürre vorbei sein, und deshalb ist es gut möglich, dass sich die Verwirklichung der hohen Ziele zur Energieversorgung wieder verzögert. Zumindest bis zum nächsten 'Gaskrieg'." (08.01.2009)
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Alle verfügbaren Texte von » Bozo Masanovic
Elsevier - Niederlande
Nachdem nun noch weitere europäische Länder vom Gas-Streit betroffen sind, müsse die EU geeint gegenüber Russland auftreten, meint das konservative Wochenmagazin Elsevier: "Russland ist im übrigen genauso abhängig von Europa, wie Europa von den Russen. Das Land braucht die Einkünfte aus dem Gasverkauf dringend, denn mehr als 60 Prozent der russischen Ökonomie beruht auf den Energie-Einkünften. ... Ohne die Einkünfte aus dem Gas können die russischen Behörden die Wirtschaft nicht aufrecht erhalten, und das untergräbt ihre Machtbasis. ... Es wird Zeit, dass die Europäische Union eine gemeinsame Gaspolitik formuliert, einen strategischen Notvorrat anlegt und Alternativen für das russische Gas sucht. Die gibt es sehr wohl. Kanada und Norwegen exportieren zusammen mehr Gas als Russland. Europa muss eine Front gegenüber Russland bilden. Dann wird [der russische Premier Wladimir] Putin schnell begreifen, dass er seine geopolitische Machtposition sehr stark relativieren muss." (08.01.2009)
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Alle verfügbaren Texte von » Remko Nods
Le Temps - Schweiz
Die Tagsezeitung Le Temps diskutiert die Gastrolle der Schweiz im Gas-Streit: "In dieser schweren Krise, in der sich Moskau, Kiew und die Europäische Union jetzt gegenüberstehen, spielt plötzlich die Schweiz den Überraschungsgast. Wird die Eidgenossenschaft zur Lösung des Gaskonflikts beitragen, der Europa zittern lässt? ... Eine erste Anfrage kommt von der [Gasliefer-] Gesellschaft RosUkrEnergo [, die von russischen und ukrainischen Aktionären gegründet wurde]. ... Sie ist diejenige - und nicht Russland - die der Ukraine Gas liefert, und Kiew schuldet ihr, und nicht Gazprom, die unbezahlten 3,2 Milliarden Dollar. ... Eine zweite Anfrage von einem Vertreter der ukrainischen Diplomatie wurde beim Bundesamt für Energie und beim Staatssekretär für wirtschaftliche Entwicklung eingereicht, um die Lage der Ukraine darzustellen und die helvetische Intervention zu verlangen. ... Auch politische Gründe spielen eine Rolle. ... Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern hängt die Energieversorgung [der Schweiz] nur sehr wenig vom Gas ab. Außerdem scheinen Russen und Ukrainer in ihrem Konflikt vermeiden zu wollen, dass die Europäische Union ... den Schiedsrichter spielt." (08.01.2009)
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Alle verfügbaren Texte von » Ron Hochuli, » Elizabeth Eckert
The Guardian - Großbritannien
Timothy Garton Ash fordert eine außenpolitische Stimme für Europa In der Tageszeitung The Guardian beklagt der Historiker Timothy Garton Ash das Fehlen einer europäischen Außenpolitik angesichts zweier akuter Krisen - dem Gas-Streit und dem Gaza-Konflikt: "Schwach, gespalten, inkohärent und ärgerlich - so bezeichnet man die EU im Geheimen in Beijing und Washington. Die Ereignisse der ersten Woche des Jahres 2009 legen nahe, dass unsere Kritiker vollständig Recht haben. ... Solange wir, das Volk, in Ländern quer durch Europa, nicht aufwachen und verlangen, dass unsere Führer im allgemeinen Interesse kollektiv die Kurve kriegen, werden sie auch keinen innenpolitischen Anreiz haben, dies zu tun. Verstandesgemäß mögen sie (oder im Fall der britischen Konservativen auch nicht) das langfristige Argument für eine stärkere, kohärentere europäische Stimme in der Welt akzeptieren, aber solange sie als Politiker im Amt sind, wird diese Einsicht von Überlegungen kurzfristiger politischer Vorteile übertrumpft. Es liegt an uns, den Bürgern Europas, ihre Vorteils-Kalkulationen zu ändern. Das bedeutet, dass wir selbst uns dieser gefährlichen Welt, in der wir leben, stellen müssen: Eine Welt, in der wir nun einem langen Kampf gegenüberstehen, um unseren relativ wohlhabenden, freien und zivilisierten Lebensstil aufrecht zu erhalten, den wir über die letzten 50 Jahre geschaffen haben. Sofern und bis wir uns nicht derart stärken, werden unsere amerikanischen, chinesischen und russischen 'Freunde' mit ihrer Verachtung Recht haben." (08.01.2009)
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Thursday, January 08, 2009
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