Wien (APA) - Die Politik in den drei früheren Sowjet-Republiken Georgien, Armenien und Aserbaidschan benutzt die Medien als Spielball und Instrument. So der Tenor einer vom Forum Alpbach organisierten Podiumsdiskussion am Freitagabend in Wien. Es sei eine „Illusion“, die Medien in den drei Ländern des Südkaukasus „als Bereiche für sich“ zu sehen, sagte etwa der georgische TV-Investigativ-Journalist Akaki Gogichaischwili.
„Das Fernsehen ist total unter staatlicher Kontrolle“, erklärte auch Nouneh Sarkissian (Sarksjan) für Armenien. Ein ähnliches Bild von der Lage in ihrer Heimat zeichnete Gülnare Axundova (sprich: Achundowa) vom Aserbaidschan Media Center, die an der alljährlichen, hochrangig mit Medienschaffenden und -experten besetzten Konferenz der Commission on Media Policy in Wien teilnimmt, deren Co-Vorsitzender Ex-Vizekanzler Erhard Busek ist.
Die Medienlandschaften der drei kleinen Länder zeichnen sich jeweils durch eine relativ kleine, schrumpfende Leserschaft und einem entsprechend kleinen Print-Markt aus. Demgegenüber ist die Zahl an Fernsehsendern übergroß. Diese Situation begünstige den Zugriff der Politik, waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion einig. Aber auch die verschiedenen, sich widerstrebenden Interessen von internationalen Akteuren wie Russland, EU, USA, Iran oder Türkei spielten in die eingeschränkte Medienfreiheit in der Region hinein, die als Energielieferanten bzw. für den Energietransit strategische Bedeutung haben, wie der für den Sender Rustavi II tätige Gogichaischwili ausführte.
Sarkissian, Direktorin der Internews Media Support NGO, sagte, die Lage in Armenien sei vielleicht nicht so schlimm wie in Aserbaidschan. Dafür wisse man dort, „woher die Kontrolle kommt“. In Armenien sei das nicht so klar. Die TV-Stationen würden nicht direkt, sondern über die Regulierungsbehörde kontrolliert, die eigentlich unabhängig sein sollte, allerdings vollkommen unter dem Einfluss der Regierung stehe.
Sarkissian erinnerte an den Fall des Senders A1+, dem selbst nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die entzogene Lizenz nicht zurückgegeben wurde. Je nach Stimmung in den angespannten Beziehungen zur Türkei und zu Aserbaidschan werde die Berichterstattung über die Nachbarn in Armenien gegängelt.
Der Georgier Gogichaischwili wurde für sein Aufdecker-Magazin, in dem er die grassierende Korruption unter dem 2003 aus dem Amt gejagten Präsidenten Eduard Schewardnadse entlarvte und anprangerte, bedroht. Nachdem es danach mehr Medienfreiheit gegeben habe, brauche aber auch die jetztige Regierung unter dem pro-westlichen Präsidenten Micheil Saakaschwili keine Aufdecker und Aufklärer mehr: Gogichailschwili macht heute eine Wirtschaftssendung. „Vielleicht ist das der Preis für Stabilität und Entwicklung“, zweifelte er. 90 Prozent des Fernsehprorgamms seien Unterhaltung oder Gehirnwäsche.
Auch Axundova beklagte, dass sich die breite Öffentlichkeit in Aserbaidschan gar nicht mit Politik beschäftige und derartiger Themen müde sei. Einzig Neue Medien, Internet und Blogs, die allerdings nur einer Minderheit zugänglich seien, böten Hoffnung auf mehr Medienfreiheit und eine kritischere Gesellschaft. Einig waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion, dass Journalisten in Georgien, Armenien und Aserbaidschan eine bessere Ausbildung bräuchten; auch ein freier Medienmarkt müsse sich im Südkaukasus erst entwickeln.
Quelle: www.tt.com
Saturday, October 16, 2010
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