Monday, October 01, 2012

RADIO: Demonstrationen gegen georgische Regierung (dradio.de)

(dradio.de) Präsident Saakaschwili gerät vor Parlamentswahlen unter Druck
 
Bei einer der größten Kundgebungen in der Geschichte Georgiens haben Zehntausende Regierungsgegner in der Hauptstadt Tiflis für einen Machtwechsel demonstriert. Am Montag wählt das Land ein neues Parlament - der Ausgang der Wahl ist vollkommen offen.

Schlussspurt im Südkaukasus: Am Montag wird in Georgien ein neues Parlament gewählt und Staatspräsident Michail Saakaschwili gerät spürbar unter Druck. Gestern demonstrierten mehr als 100.000 Menschen in der Hauptstadt Tiflis für einen Machtwechsel. Auch in der zweitgrößten Stadt Kutaissi versammelten sich Zehntausende Unterstützer der Bewegung "Georgischer Traum" (GT) des Milliardärs Bidsina Iwanischwili.

"Der Tag der Geburt eines neuen Georgiens naht", rief Iwanischwili der Menge auf dem Freiheitsplatz in der Innenstadt von Tiflis zu. Sie sollten sich nicht von "Saakaschwilis Bande" einschüchtern lassen. "Seht, wie viele wir sind", sagte Iwanischwili. Mit dem Sieg seines GT würden Gesetz und Ordnung wieder einkehren, versprach er.

"Saakaschwilis System beruht auf Gesetzlosigkeit und Folter", erklärte Iwanschwili im Bezug auf den Folterskandal. Mitte September hatten Videoaufnahmen brutaler Misshandlung von Häftlingen für Empörung gesorgt. Saakaschwili reagierte und entließ unter anderem den Innenminister und eine Reihe Justizbeamter. 


Saakaschwili: Es geht um das Schicksal Georgiens

Unterdessen versuchte Saakaschwili an der Schwarzmeerküste noch Stimmen zu sammeln. In der Stadt Poti nahm der Staatschef an der Einweihung einer Kirche teil - die gut vier Millionen Georgier sind sehr religiös. Am Abend appellierte er in Osurgeti an die Wähler: "Es geht nicht um das Schicksal der Regierung, nicht um das Schicksal Saakaschwilis, sondern um das Schicksal Georgiens."

Die Oppositionskoalition stellt den Saakaschwili vor die größte Herausforderung seit seiner Amtsübernahme 2004. Als Präsident der Ex-Sowjetrepublik bemühte er sich um eine engere Anbindung Georgiens an EU und NATO. Derzeit hält er mit seiner regierenden Vereinten Nationalen Bewegung (ENM) fast 80 Prozent der Sitze im georgischen Parlament. Allerdings hat die Unterstützung für ihn vor allem in Tiflis, wo ein Drittel der georgischen Bevölkerung lebt, massiv abgenommen.

Wahlausgang völlig offen

Sein Gegner, der Milliardär Iwanischwili, und die von ihm gegründete Partei GT wollen die Beziehungen zu Russland wieder normalisieren. Von Saakaschwilis Regierung wird Iwanischwili als Marionette Moskaus bezeichnet. Die Angst, Iwanischwili sei "ein Projekt Putins", halte viele Leute davon ab, ihn tatsächlich zu wählen, erklärte der Journalist und Georgien-Kenner Stephan Wackwitz im Deutschlandfunk. Kritiker werfen wiederum Saakaschwili eine autokratische Amtsführung vor.

Der Ausgang der morgigen Wahl ist völlig offen, Beobachter geben der Partei des Präsidenten einen knappen Vorsprung. Doch auch die Regierungsgegner um den Oligarchen Bidsina Iwanischwili rechnen am Montag mit einem Sieg.

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