Weiße Bauern in Südafrika fürchten um ihre Existenz. Jetzt lockt Georgien mit Subventionen. Bald schon könnten Tausende auswandern.
Südafrikas weiße Farmer könnten schon bald Kaukasier sein. Burische Wein- und Ackerbauern tragen sich jedenfalls mit dem Gedanken, ihr Heimatland zu verlassen und in Georgien ein neues Leben zu beginnen. In der südafrikanischen Presse ist bereits von einem möglichen Exodus der Nachfahren holländischer Siedler die Rede – und nicht viele scheinen darüber traurig zu sein. Südafrika habe seinen Platz auf dem Weltmarkt, die Nachricht vom Weggang der Weißen sollte niemanden alarmieren, so eine Regierungserklärung.
Georgien dagegen versucht nahezu alles, um die mit viel Know-how, landwirtschaftlicher Erfahrung und Kapital ausgestatteten Bauern für sich zu begeistern: Auf Einladung der georgischen Regierung hat im November eine 15-köpfige südafrikanische Delegation das Land besucht und sich anschließend in einer fast zehnseitigen Analyse zwar auch kritisch, doch insgesamt positiv überrascht geäußert. Zwar sei die Landwirtschaft wenig effektiv, dafür der Boden fruchtbar, die Kultur wunderbar, die Sicherheitslage besser als erwartet und die Infrastruktur im Werden. „Ich finde, es lohnt sich viel mehr, in Georgien als in Südafrika zu investieren“, befand Farmer Hendrik Mills nach seinem Besuch.
Dass die Georgier ihr Land mit viel Nationalstolz betrachteten, fand besondere Erwähnung der Delegation. Und auch, dass der russische Einfluss verschwindend gering sei. „Georgien ist vom Sozialismus auferstanden“, titelte nach dem Besuch das „Landbou-Magasin“, das südafrikanische Pendant zum „Bauernblatt“ in Deutschland.
Das Land den Schwarzen zurückgeben
Initiator des geplanten Auszugs ist die Burenorganisation TLUSA (Tranvaalse Landbou Unie – South Africa), eine landwirtschaftliche Interessenvereinigung, deren Selbstdarstellung nationalistisch bis rassistisch gefärbt ist. Im vergangenen Jahr verlangte die TLUSA etwa die Verhaftung des Anführers der ANC-Jugend, Julius Madema, und geißelte die Landreformen als Enteignung nach simbabwischem Muster. Die Rückgabe weißen Farmlands werde zu anarchischen Zuständen wie in Simbabwe führen und die südafrikanische Landwirtschaft ruinieren, prognostizierte sie.
20.000 weiße Farmer gibt es in Südafrika. Die meisten davon fürchten um ihre Existenz, seit die südafrikanische Regierung im Zuge von Landreformen beschloss, das Land den Schwarzen zurückzugeben und die weißen Farmer auszuzahlen. Die hohe Kriminalitätsrate und rapide steigende Lohnkosten lassen die Zukunft nicht rosiger erscheinen. Bennie Van Zyl, der Vorsitzende der TLUSA und Vater der Georgien-Idee, sieht in Georgien daher so etwas wie das Gelobte Land. „Die Perspektiven für Farmer sind hier hervorragend. Und es ist nur neun Stunden Flugzeit entfernt.“
Tatsächlich sind Klima und Boden Georgiens für Weinbauern ideal, auch war Georgien zu Sowjetzeiten ein wichtiges Obstanbaugebiet. Seit dem Ende der Sowjetunion aber besteht die georgische Landwirtschaft größtenteils aus Subsistenzwirtschaft, und der süße georgische Wein, der noch wie vor Jahrhunderten verarbeitet wird, hat es nicht auf den europäischen Markt geschafft. Die Südafrikaner werden dort als dringend erforderliches Expertenteam gesehen, um der georgischen Landwirtschaft einen entscheidenden Schub zu geben. „Historisch ist Georgien ein Agrarland. Doch während der Sowjetzeit haben wir diese Tradition verloren, und wir wollen sie gerne wieder zurückgewinnen“, erklärt Papuna Davitaya, georgischer Minister für Angelegenheiten der Diaspora, das Interesse seiner Regierung an der Aktion.
Für die Einheimischen die schlechte Scholle?
Als der englische „Independent“ im November einen Artikel über die Migrationspläne der südafrikanischen Farmer veröffentlichte, meldeten sich sogleich etliche Georgier, die den Südafrikanern gerne ihr Land verkaufen würden. Die georgische Regierung aber hatte bereits ein unschlagbares Angebot vorgelegt. 80.000 Hektar will sie für die Südafrikaner bereitstellen, rund 35 Euro pro Hektar sollen diese bezahlen. Das ist ein Bruchteil des Landpreises in Südafrika. Und schon befürchtet die Opposition, man würde den Fremden nun auch die Filetstücke in den Rachen werfen, während die Einheimischen auf die schlechte Scholle verbannt würden.
Bereits im August des vergangenen Jahres hatten Georgien und die TLUSA eine Organisation mit dem Namen „Nico the boer“ begründet, deren Ziel es ist, Beziehungen zu Investoren herzustellen. Für afrikanische Interessenten hat die georgische Regierung zudem eine Webseite mit Informationen über alles Georgische eingerichtet. Besonders die gute Sicherheitslage und die Effektivität der Polizei wird dort hervorgehoben, ebenso die erfolgreiche Bekämpfung der Korruption. Den Südafrikanern gefällt dies ebenso wie das Versprechen, dass auf landwirtschaftliche Primärprodukte keine Steuer erhoben wird. Zunächst, so sagt der Farmer Piet Kemp, der mit seinen 63Jahren zu den Ältesten unter den Auswanderern gehört, würden 20 Farmer nach Georgien gehen, doch mehr als tausend könnten ihnen folgen. „Wenn ich komme, dann will ich ein Georgier sein.“
Ganz so unproblematisch, wie die georgische Regierung es darstellt, dürfte die Ansiedlung der Afrikaner allerdings nicht werden. Denn mit seinen Minderheiten geht Georgien nicht gerade tolerant um, ethnische Konflikte sind im Alltag präsent. Auch die Korruptionsmarge ist nicht so niedrig wie beschrieben. Außerhalb der großen Städte wird kaum Englisch gesprochen – und Georgisch ist eine schwere Sprache. Bei der TLUSA aber singt man weiter „Georgia On My Mind“. „Wir sehen dort eine positive Zukunft“, erklärt Bennie Van Zyl.
Quelle: welt.de
Monday, January 31, 2011
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