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Alte Leute sitzen vor einem rostigen Container, dem einzigen Kiosk im Dorf. Ein Militärjeep fährt vorbei: Georgische Soldaten, schwer bewaffnet, auf Patrouille. Sie sind erst seit einem Monat hier. Das georgische Dorf heißt Perewi und liegt direkt an der Grenze zum Separationsgebiet Südossetien, um das sich vor zwei Jahren der Krieg zwischen Georgien und Russland entzündete. Bis Oktober war Perewi von russischen Soldaten besetzt, dann zogen sie ab. Russland präsentierte den Schritt als eine "Geste des guten Willens". Die Außenbeauftragte der EU, Catherine Ashton, äußerte daraufhin die Hoffnung, Russland werde nun auch die anderen Punkte des 2008 von der EU vermittelten Waffenstillstandsabkommens umsetzen - und seine Truppen auch aus Südossetien abziehen. Selbst Nino Kalandadze, stellvertretende Außenministerin Georgiens, lobte den Schritt der Russen.
"Der Rückzug an sich ist selbstverständlich positiv zu beurteilen, auch wenn es nur ein kleiner Schritt ist, ist es eine sehr große Erleichterung für die Bevölkerung vor Ort, und jeder kleine Rückzug aus den besetzten Orten heißt Erleichterung für die Bevölkerung."
Doch das Ganze scheint ein vollständig überbewertetes Symbol zu sein. Die russische Armee hatte Perewi besetzt, weil sie die Straße durch das Dorf für die Versorgung ihrer Truppen brauchte. Im Herbst haben die Russen eine neue Straße fertig gestellt. Perewi wurde nicht mehr gebraucht, die Soldaten zogen ab. Nun steht ihr Posten hundert Meter weiter. Eine südossetische und eine russische Flagge wehen im Wind, eine Schranke und Stacheldraht versperren den Weg.
Die Beziehungen zwischen Georgien und Russland bleiben gespannt. Beide Seiten tragen dazu bei. Insbesondere im Vorfeld des NATO-Russland Rates. Zur Erinnerung: Die NATO und Russland hatten 2008 wegen des Krieges in Georgien ihre Gespräche ausgesetzt.
Als das georgische Innenministerium vor kurzem die Namen von 13 angeblichen russischen Spionen veröffentlichte, tat es das ausgerechnet an dem Tag, an dem Russland seinen militärischen Nachrichtendienst feierte. Eine Provokation, wetterte ein Sprecher des russischen Außenministeriums. Reiner Zufall, meint dagegen die stellvertretende Außenministerin Nino Kalandadze.
"Die Ermittlung ist abgeschlossen worden, und dann ist es eben bekannt gegeben. Davon sollte sich auch keiner provoziert fühlen, denn wir haben nichts davon. Wir sprechen hier von einem äußerst feindlichen Staat oder feindlichen Politik, die unmittelbare Gefahr ist gegenüber der georgischen Souveränität, und da dürfen wir uns nicht erlauben, nachsichtig zu sein."
Bereits 2006 hatte Georgien öffentlichkeitswirksam vor laufenden Kameras vier russische Spione verhaften und ausweisen lassen. Daraufhin hatte Russland Georgier abschieben lassen und den Flugverkehr in das Nachbarland gestoppt. Die erneute Verhaftung von Spionen ist nicht das einzige, womit die georgische Seite den Kreml in diesen Wochen reizt. Georgien strebt eine engere Zusammenarbeit mit den Republiken im Nordkaukasus an. Die gehören zu Russland. Für das zentralistisch regierte Russland sind direkte Absprachen mit den russischen Regionen unter Umgehung Moskaus nicht akzeptabel. Prompt folgten Anschuldigungen, Georgien schleuse Terroristen in den Nordkaukasus. Schota Utiaschwili, Abteilungsleiter im Innenministerium Georgiens, sagt, das sei schon aus praktischen Gründen gar nicht möglich:
"Es ist sehr schwer und im Winter nahezu unmöglich, die Grenze nach Russland zu überqueren. Dazu muss man körperlich sehr fit sein, und mit Gepäck geht es fast gar nicht. Die Russen beobachten die Grenze sehr genau, und sie haben nie berichtet, dass sie jemanden bei einem illegalen Grenzübertritt gesehen hätten. Daraus schließen wir, dass die Grenze sicher und geschützt ist."
Russland hält Georgien nun vor, sich im Vorfeld des NATO-Gipfels wichtig tun zu wollen, um eine Annäherung Russlands an die NATO zu verhindern. Dazu Nino Kalandadze, die stellvertretende Außenministerin:
"Die Politik der NATO, Russland mit einzubeziehen, sehen wir sehr positiv, denn je mehr Russland einbezogen ist, umso sicherer würden wir uns fühlen und umso mehr würde Georgien davon profitieren."
Allerdings dürfe die Annäherung nicht auf Kosten Georgiens geschehen.
Thursday, November 18, 2010
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