Monday, October 01, 2018

LITERATUR: Guram Dotschanaschwili: Das erste Gewand. Roman; aus dem Georgischen von Susanne Kihm und Nikolos Lomtadze - Rezension von Stephan Wackwitz via @zeitonline

Wenn der Schweinehirt erzählt ...

[zeit.de] Georgiens größter Roman der Gegenwart ist die Summe einer bis ins Mittelalter zurückreichenden literarischen Tradition.

Dieses ungewöhnliche Nachleben des Mittelalters, seiner Sprache, seiner literarischen Formen und Sensibilitäten, hat auch moderne Folgen, die bei der Lektüre des Romans Das erste Gewand mit Händen zu greifen sind. Guram Dotschanaschwilis Hauptwerk gilt als das bedeutendste Buch der georgischen Gegenwartsliteratur. Seine ersten Teile erschienen noch während der Sowjetzeit und erlangten mit ihren mystischen, religiösen, revolutionären und fantastischen Anspielungen und Resonanzräumen sofort Kultstatus bei der oppositionellen und vom offiziellen sozialistischen Realismus gelangweilten Leserschaft.

Übersetzer des Romas von Guram Dotschanaschwili: Das erste Gewand: Susanne Kihm und Nikolos Lomtadse (Foto: Barbara Wattendorf)
Man kann in der modernen Literatur lange suchen nach einer Welterzählung vergleichbarer Fülle, literarischer Komplexität, spiritueller Tiefe, metaphysischer Komik und prophetischer Ernsthaftigkeit. Die Lektüre ist eine Herausforderung – vor allem auch deshalb, weil viele Verweise in dem weiten und sonderbaren Hallraum der religiösen, politischen und literarischen Tradition Georgiens an den Lektüreerwartungen und Bildungserfahrungen westlicher Leser vorbeigehen. Aber die Anstrengung lohnt sich. Es gibt eigentlich keinen besseren Einstieg in die Mentalität und in den kulturellen Kosmos des diesjährigen Gastlands der Frankfurter Buchmesse als die Lektüre dieses von Susanne Kihm und Nikolos Lomtadse in ein sehr plausibles Deutsch übertragenen Klassikers der georgischen Moderne.

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Guram Dotschanaschwili: Das erste Gewand. Roman; aus dem Georgischen von Susanne Kihm und Nikolos Lomtadse; Hanser Verlag, München 2018; 696 S., 32,– €

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