Sunday, January 17, 2010

OPEN LETTER: Veränderung der Systematik in der Abteilung Ostrecht der Zentralbibliothek Recht der Fakultät für Rechtswissenschaft

Frau Direktorin
Prof. Dr. Gabriele Beger
Vorsitzende der Ständigen Konferenz
des Bibliothekssystems Universität Hamburg (SKB)
Staats- und Universitätsbibliothek
Hamburg Carl von Ossietzky
Von Melle Park 3
20146 Hamburg


Hamburg, den 15.01.2010


Betr.: Veränderung der Systematik in der Abteilung Ostrecht der Zentralbibliothek Recht der Fakultät für Rechtswissenschaft


Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Beger,

wir bitten Sie in Ihrer Funktion als Verantwortliche für die Fachaufsicht über die Hamburger Hochschulbibliotheken dringend um eine Stellungnahme zur Neugestaltung der Systematik in der Abteilung Ostrecht der Zentralbibliothek Recht der Fakultät für Rechtswissenschaft. Dieser Brief geht in Kopie auch an das Auswärtige Amt in Berlin, an Frau Herlind Gundelach, Senatorin für Bildung und Wissenschaft in Hamburg und an Frau Prof. Dr. Gabriele Löschper, Vizepräsidentin der Universität Hamburg. Wir sind als Studierende und mit Georgien verwandtschaftlich, freundschaftlich und beruflich verbundene Menschen äußerst besorgt über den möglichen Schaden, den die Vorgehensweise in der Zentralbibliothek Recht in Hamburg den deutsch-georgischen Beziehungen zufügen kann.

Bibliothekarische Ordnungssysteme bilden zweifellos nicht nur soziale und politische Wirklichkeiten ab, sondern sie sind immer auch Teil des Prozesses der Wirklichkeitskonstruktion. D.h. auch, dass die Strukturierung und Ordnung von Wissensquellen als hochgradig verantwortungsvolle Tätigkeit begriffen werden muss. Nun mussten wir in der „modernsten Rechtsbibliothek nördlich der Alpen“ (Jörg Dräger) leider einen eklatanten Mangel an solchem modernen selbstreflexiven Methodenverständnis feststellen.

In der Abteilung Ostrecht dürfen die Benutzer seit Kurzem die neu installierte Länderklassifikation „Abchasien“ bestaunen. Als Direktorin der Staatsbibliothek Hamburg wird Ihnen aus der politischen Berichterstattung der letzten Jahre bekannt sein, dass es sich dabei um einen Landesteil der Republik Georgien handelt, der von der Bundsrepublik Deutschland und der EU nicht als eigener Staat anerkannt wurde. Offenbar hat Herr Prof. Luchterhandt, Professor für Öffentliches Recht und Ostrecht am Fachbereich Rechtswissenschaft I, Direktor der Abteilung für Ostrechtsforschung, seinen Einfluss geltend gemacht und diese Neuklassifikation, die Abchasien nun als eigenes Land identifiziert, angeordnet. Herr Prof. Luchterhandt ist mit sehr dezidierten und äußerst umstrittenen Stellungnahmen zur Abchasienfrage in der deutschen Öffentlichkeit hervorgetreten. Solche Meinungsäußerungen waren und sind zweifellos sein gutes Recht. In diesem Falle benutzt er jedoch seinen Einfluss, um im Rahmen des universitären Bibliothekssystems seine einseitigen Anschauungen zu prolongieren. Herr Prof. Luchterhandt will auf diesem Wege offenbar durch semantisch-klassifikatorische Umgruppierungen der Anerkennung Abchasiens, die von ihm öffentlich unterstützt wird, Vorschub leisten. Wir sind der Auffassung, dass ein solches Vorgehen dem Ansehen der Fakultätsbibliothek erheblichen Schaden zufügen kann. Die betroffene Bibliothek dient der Ausbildung zukünftiger Juristen im In- und Ausland, denen auf diesem Wege ein Vorverständnis des Kaukasus vermittelt wird, das eindeutig russischen Interessen dient.

Wir möchten Sie daher bitten, uns mitzuteilen, wann diese Änderungen von Herrn Prof. Luchterhandt angeordnet wurden und warum die Bibliothek dem stattgegeben hat. Wir erwarten, dass uns die Kriterien für diese Veränderung genannt werden. Wir fordern Sie hiermit auf, Ihre fachliche Aufsichtspflicht wahrzunehmen und den Entscheidungsprozess, der zu dieser Maßnahme geführt hat, uns gegenüber transparent darzulegen.

Mit freundlichen Grüßen,

Marika Lapauri-Burk (Vorsitzende von Lile e. V.)
Dr. Frank Tremmel (Historiker)
Nana Tschelidze-Jacques (Dolmetscherin)
Koka Togonidze (Vorstand der ViDOFON AG)
Tamara Gavsiani (Doktorandin der Juristischen Fakultät der Universität Hamburg)
David Assatiani (Doktorand im Institut der Politik Wissenschaft der Universität Hamburg)
Inga Tscholokava (Studentin an der Institut für Journalistik und kommunikationswissenschft der Universität Hamburg)

LILE e.V.
Marika Lapauri-Burk
Max-Brauer-Allee 68
22765 Hamburg
Tel./Fax.: +49 40 / 389 2222
Mobil: +49 (0)171 851 3635
E-Mail: info@lile.de
Internet: www.lile.de

1 comment:

Anonymous said...

Ich würde sagen Professor Luchterhandt hat einfach die Wahrheit erkannt. Ich kann mich an ein Interview von ihm nach dem russisch-georgischen Krieg vom August 2008 erinnern wo er noch eine andere Meinung vertrat. Die Arbeit an der Fact Finding Komission unter der Leitung der schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini hat ihm anscheinend die Augen für die Wahrheit geöffnet. Mann kann seinen Mut nur bewundern. Es ist nicht einfach in einem Land wie Deutschland, dass nicht Bereit ist, die Wahrheit über den russisch-georgischen Krieg endlich anzuerkennen.