Thursday, January 13, 2011

FILM: Reise in die eigene Vergangenheit. Gisela Raspers Hauptrolle in Aserbaidschan-Film (fnp.de)

Quelle: Frankfurter Neue Presse

Eppstein. Ihr Vater stammt aus Helenendorf im Kaukasus. Einmal im Jahr trommelt die Eppsteinerin viele Menschen aus dem Ort in Deutschland zusammen.

Wenn Gisela Rasper am Donnerstag den Dokumentarfilm über Aserbaidschan zeigt, in dem sie die Hauptrolle spielt (siehe «Info» unten), dann ist das für sie wieder eine besondere Reise in die Vergangenheit. Denn die Familie der Eppsteinerin stammt aus dem Ort Helenendorf im Kaukasus. Das heutige Göygöl im Nordwesten war die größte deutsche Siedlung auf dem Gebiet der seit 1991 eigenständigen Republik. Die erste deutsche Kolonie in Aserbaidschan war 1818 Alt Katharinenfeld. Sie wurde 1819 wieder aufgegeben. In diesem Jahr wurde Helenendorf von 194 schwäbischen Familien gegründet, die vor allem Wein anbauten. Der russische Zar Alexander hatte sie mit der Aussicht auf freies Land, Religions- und Militärfreiheit angelockt. Zudem herrschte in Deutschland nach den napoleonischen Kriegen Hungersnot.

In Helenendorf wuchs Gisela Raspers Vater Emil Votteler auf. Dessen Vater war aus Reutlingen ausgewandert. Ihre Mutter Meta Barth stammt aus Tiflis in Georgien. Beide lernten sich während des Studiums in Berlin kennen – und blieben auf Anraten von Emil Vottelers Mutter dort, um den Deportationen durch Stalin zu entgehen. Der Machthaber begann in den 1920er-Jahren mit den Enteignungen und ließ die Russlanddeutschen 1941 nach Kasachstan und Sibirien bringen.

Da war Gisela Rasper längst geboren. Sie kam 1935 in Teheran zur Welt. Doch den Kontakt zur Heimat ihrer Familie hat sie früh gesucht. «Es war immer mein größter Wunsch, mal nach Helenendorf zu kommen», sagt sie. Diesen Traum erfüllte sie sich schon mehrfach – so auch 2009 mit ihrer Enkelin Sara Ossenbrink, als Mojshan Ehrari den Film mit ihnen drehte. Der Vater der Berliner Regisseurin ist Aserbaidschaner. Kennengelernt hat Gisela Rasper die Filmemacherin durch ihr Engagement für die Helenendorfer. Seit vielen Jahren organisiert die Eppsteinerin große Treffen für die Russlanddeutschen. Schon 20 Mal kamen bis zu 350 Menschen zusammen. Im Juni soll das nächste Treffen in Fulda sein. Der Freundeskreis sei eine lockere Vereinigung – mit Gisela Rasper als Vorsitzender und Motor. Unterstützung aus der Landsmannschaft der Russlanddeutschen gebe es keine, erklärt sie. Vor zwei Jahren, als Helenendorf den 190. Geburtstag feierte, traf Gisela Rasper dort sogar den damaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Günther Oettinger.

Erstaunt ist die 75-Jährige immer wieder, wie unverändert der Ort mit seinen heute rund 18 000 Einwohnern geblieben ist. Es sehe aus wie vor dem Krieg. Interessant sei, wie die Russen die Dörfer für die Deutschen damals geplant hatten: Mit einem geraden Straßennetz ganz ohne Kurven und Parzellen von 20 mal 40 Metern Größe. Die Menschen, die dort leben – auch im Haus ihres Vaters an der Stadtstraße 38 – seien sehr gastfreundlich. Bei einem Besuch sei sie von einer alten Frau sogar auf Schwäbisch angesprochen worden, erinnert sich Gisela Rasper, die Helenendorf auch finanziell unterstützt, wo sie kann. wein

Den Aserbaidschan-Film gibt es für 10 Euro bei Gisela Rasper, Telefon (0 61 98) 82 91 (
wein)

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