Tuesday, September 15, 2009

STATEMENT: Zur Dokumentation "Kampf um Unabhängigkeit" - Beitrag vom 30.08.2009 im MDR. Von Marika Lapauri-Burk und Dr. Frank Tremmel (mdr.de)

Marika Lapauri-Burk & Dr. Frank Tremmel sendeten mir diesen Beitrag zur Veröffentlichung. Da ich ihre Arbeit sehr schätze (siehe Verein Lile e.V.: www.lile.de) möchte ihren offenen Brief, wobei sie auf einen Beitrage im MDR (Kampf um Unabhängigkeit") reagierten, als Diskussionsgrundlage zum Thema Abchasien veröffentlichen. Kommentare sind erwünscht!

Wir möchten Sie fragen, welches Verständnis Ihres journalistischen Auftrages Sie zu dem unten stehenden Satz bewogen hat. Ist Ihnen wirklich völlig entgangen, welche unüberprüften Stereotypien Sie durch solche Äußerungen in Ihre Sendung weiter am Leben erhalten?
Hierdurch entsteht nicht nur ein immer tiefer werdender Riss, der aus unserer Sicht bereits die Glaubwürdigkeit des deutschen Journalismus durchzieht, sondern perpetuiert darüber hinaus eine zweifelhafte Tendenz.
Uns erstaunt übrigens die Vielzahl von Kaukasusexperten in der Bundesrepublik Deutschland, die umso verwunderlicher ist, da man in den vergangenen Jahren einen Studiengang zur Kaukasiologie nach dem anderen geschlossen hat. Seltsam ist auch, dass angesichts der vermehrten Zahl von Kommentaren, nicht einmal die große Namen, wie z.B. der des Doyens der deutschen Kaukasiologie, des weltweit bekannten Gelehrten, Prof. Heinz Fähnrich, auftauchen.

“Hier heute liegt das Motorboot Josef Stalins am Ufer des Riza-Sees. Dem sowjetischen Diktator gefiel Abchasien so gut, dass er es 1921 zu einem Teil seiner Heimat Georgien erklärte und, versteckt hinter Stahltoren, eine Ferienvilla baute. Die Datsche könnte heute selbst ein Anziehungspunkt für zahlungskräftige Touristen sein.”

Wir möchten an dieser Stelle keine weiteren Kommentare abgeben. Es gibt genügend
Möglichkeiten zu diesem Thema zu recherchieren und nicht mit einem derart
peinlichen Fehler sämtliche Standards korrekter Berichterstattung zu unterlaufen.
Wir übersenden Ihnen die von uns herausgegeben Zeitschrift. Darin ist z. B. ein Artikel über die separatistische Provinz Abchasien, die übrigens ausschließlich auf russischen Quellen basiert.

Wir bitten Sie um eine Stellungnahme zu unserem Schreiben.

Marika Lapauri-Burk & Dr. Frank Tremmel

2 comments:

Anonymous said...

Journalisten sind nicht die perfekten Historiker und vielleicht müssen sie das auch gar nicht sein. Sie schreiben halt oft, was man ihnen erzählt. Im vorliegenden Fall glaube ich allerdings, dass es sich um einen schlichten Schreibfehler handelt. Wahrscheinlich war 1931 und nicht 1921 gemeint, denn 1921 hatte Stalin noch nicht die allumfängliche Macht wie 1931, um solche Probleme allein zu entscheiden zumal die Sowjets 1921 noch ganz andere Bürgerkriegsprobleme hatten. Gemeint war vermutlich die Aufhebung des Gleichberechtigungsstatus, die beim Beitritt Abchasiens zur UdSSR 1921 mit Georgien vereinbart war und die 1931 aufgekündigt wurde.
s.a. http://de.wikipedia.org/wiki/Abchasen

Anonymous said...

Kritik am deutschen Journalismus und gerade hinsichtlich der Behandlung der Themen Kaukasus/Stalin ist nur allzuberechtigt. Man macht es sich in der Regel sehr einfach und schiebt alle Grenzprobleme im Kaukasus der Person Stalin in die Schuhe und übersieht gerne die doch etwas komplexere Entwicklung z.B. in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Leider ist dieser offene Brief jedoch hier eher selber von nationalistischen Motiven bestimmt. Denn statt endlich die faktische Eigenstaatlichkeit Abchasiens de jure azuerkennen, wird immer weiter von der separatistischen Provinz Abchasien gesprochen. So werden Entwicklungen wie die aktuelle im Schwarzen Meer, wo die georgische Regierung alles tut um einen militärischen Zwischenfall mit Russland zu provozieren unterstützt. Der offene Brief kritisiert den deutschen Journalismus nicht wegen seiner Schlampigkeit und Vorurteilsbeladenheit, sondern weil er nicht den Vorstellungen des georgischen Nationaluismus entspricht. Der Brief bewegt sich auf dem Niveau türkischer Nationalisten, die behaupten es gebe keine Kurden, chinesischer Nationalisten, die Taiwan nicht anerkennen wollen, deutscher Nationalisten, für die die deutsche Ostgrenze immer noch nicht feststeht. Die Internationale der Idioten halt. Nur dass es hier in Georgien Menschenleben kostet.