Wednesday, September 30, 2009

FILM: Meine Mutter, mein Bruder und ich - 30.09.2009 00:10 - ARTE (arte.tv)

Auf der Suche nach Heimat und Identität

Areg (Erhan Emre, links) und sein kleiner Bruder Garnik (Kurt Onur Ipekkaya) haben eine unterschiedliche Sicht auf ihre Heimat Armenien.

Mittwoch, 30. September 2009 um 00.10 Uhr

Wiederholungen: 03.10.2009 um 15:40

Meine Mutter, mein Bruder und ich (Deutschland, 2008, 97mn)
BR
Regie: Nuran D. Calis
Kamera: Helmut Pirnat
Musik: Martin Kälberer
Schnitt: Nikola Gehrke
Darsteller: Corinna Harfouch (Susanne), Erhan Emre (Areg), Kurt Onur Ipekkaya (Garnik), Lida Zakaryan (Maria), Mira Bartuscheck (Lilly)
Autor: Nuran D. Calis
Produktion: d.i.e.film.gmbh
Produzent: Uli Aselmann

Areg ist 23 Jahre alt. Geboren ist er in Armenien. Doch seit über zehn Jahren lebt er in Deutschland, spricht perfekt Deutsch, hat eine deutsche Freundin - er lebt deutsch. Aregs größter Traum ist es, Filme zu machen - und endlich Deutscher zu werden. Seit Jahren wartet er zusammen mit seiner verwitweten Mutter und seinem kleinen Bruder Garnik auf die Einbürgerung. Während seine Mutter sich nach ihrem Heimatland sehnt, hat Areg mit seinen armenischen Wurzeln abgeschlossen - das glaubt er zumindest. Als es mit der Gesundheit seiner Mutter steil abwärtsgeht, muss er sich endlich stellen: seiner Vergangenheit, seiner Herkunft, seiner Selbst. Ein Film über Identität und was es bedeutet, seine Vergangenheit um der Zukunft willen zurückzulassen.

Areg ist in Armenien geboren. Seit über zehn Jahren lebt er in Deutschland, wo er mit seiner verwitweten Mutter und seinem kleinen Bruder Garnik auf die Einbürgerung wartet. Seine armenischen Wurzeln hat er bewusst hinter sich gelassen. Er spricht perfekt Deutsch, hat eine deutsche Freundin, ein deutsches Leben - und große Ziele. Areg will an die Filmhochschule in München.Seine Mutter Maria will vom Lebensstil ihres Sohnes nichts wissen. Die an Diabetes leidende Witwe weigert sich Deutsch zu sprechen und wünscht sich nichts sehnlicher, als zurück in ihre Heimat zu kehren. Vergeblich versucht sie, Areg von einer armenischen Ehefrau zu überzeugen. Der kleine Bruder Garnik indes geht ganz anderen Plänen nach: Hinter dem Rücken seines großen Bruders lernt er mit Hilfe eines alten armenischen Pfarrers die Sprache seiner Heimat.Während Areg seinem Traumberuf beim Toilettenputzen in einer Filmproduktionsfirma immer näher kommt, teilen ihm die Ärzte eines Tages mit, dass es um die Gesundheit seiner Mutter weitaus schlechter bestellt ist, als bisher angenommen. Wider Willen zieht Areg wieder zu Maria und Garnik nach Regensburg, seine Freundin Lilly bleibt alleine zurück. Schmerzlich muss Areg erkennen, dass er seine Herkunft nicht länger leugnen kann, und nähert sich Schritt für Schritt wieder seinen armenischen Wurzeln ...

Nuran Calis' Film berührt, weil er scheinbare Gegensätze vereint: Selbstverwirklichung und Hingabe an andere, Realität und Wunschtraum, jugendliche Ungeduld und Weisheit, Ende und Aufbruch. "Meine Mutter, mein Bruder und ich!" konfrontiert den Zuschauer mit Fragen über Zugehörigkeit, Anpassung und Identität. Mit ernsthaftem Hintergrund und einiger Wehmut besinnt sich die Geschichte immer wieder auch auf die positiven Seiten des Lebens.
Regisseur und Drehbuchautor Nuran David Calis ist der Sohn armenisch-jüdischer Einwanderer aus der Türkei. Seit 1992 arbeitete er als Türsteher. 1996 bis 2000 studierte er Regie an der Otto-Falkenberg-Schule in München und war zeitgleich als Assistent an den Münchner Kammerspielen und am Schauspielhaus Zürich tätig. Von 2000 bis 2002 produzierte er Musikclips für Hip-Hop-Bands und arbeitet nun als Regisseur, Theater- und Drehbuchautor. Die Geschichte von Areg, Maria und Garnik beruht zu großen Teilen auf Calis' eigenen Erfahrungen - auch Nurans Mutter ist zuckerkrank. Die Frage der "Heimat" spielt eine entscheidende Rolle und wird von jeder der Figuren anders interpretiert: "Areg definiert sich ganz stark über seine physische Heimat ..., und die ist Deutschland. Aber die psychische, also die geistige Heimat, die ist ganz stark verankert in der Figur der Mutter, die sich nach der Heimat sehnt, die sie verlassen musste, und die sie nur noch im Herzen trägt. ... Das verbindende Glied, das diese beiden Ströme zusammenhält, das ist der kleinere Bruder", erklärt Filmregisseur Nuran David Calis.
Dabei symbolisiere die Mutter eben jenes Gefühl der Stagnation, das dem armenischen Volk inneliege: "Armenien empfinde ich als das immer noch in diesem Trauma des Genozids lebende Land. Es fällt dem armenischen Volk sehr schwer, die Zukunft zu akzeptieren. Es ist sehr stark rückwärts gewandt, und dadurch zerbricht es natürlich auch an der neuen Welt, die sich weiter dreht", so Nuran David Calis.
"Meine Mutter, mein Bruder und ich!" besticht neben der großen Schauspielerin Corinna Harfouch vor allem durch die bewegenden Auftritte von Erhan Emre, Lida Zakaryan und Kurt Onur Ipekkaya. Emre, der die Rolle des Areg spielt, kennt man aus Filmen wie "Knallhart" (2005), "Elefantenherz" (2002) und "Gran Paradiso" (2000). Lida Zakaryan, hier in der Rolle der Mutter, ist in ihrer Heimat Armenien ein großer Star.

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