Die Kunststiftung Sachsen-Anhalt hatte Sophie Natuschke und Florian Bielefeldt in Kooperation mit der Stiftung des sorbischen Volkes einen zweimonatigen Aufenthalt in Armenien ermoeglicht. Auf der Website www.genausoundanders.de entdeckte ich einen Beitrag von ihnen. Zudem ermöglichten mir beide, den Text in Auszügen, da er ja sehr umfangreich ist, hier zu veröffentlichen.
Für mich ist er etwas gewöhnungsbedürftig. Es sind zwar prägnante Beobachtungen gemacht wurden, doch die Darstellung läßt etwas zu wünschen übrig. Ich erinnere mich sehr wohl, wie abrupt zum Beispiel A. Dumas seine Erfahrungen im Kaukasus mit einer gewissen Arroganz zu Papier brachte, was aber dem Sensationellen keinen Abruch tat. Zudem konnte er dadurch gerade das Gangre des Abenteuers bedienen ... Ich vermisse in dem Text, dass man dieser Kultur etwas mehr Respekt entgegen bringt, indem man ihre Geschichte und ihre Mentalität zum Vorscheinen bringt. Da könnte es ganz nützlich sein, nicht nur den Spuren, sondern auch den Beweggründen Heinrich Theodor Wehles nachzugehen...; eben zu fragen, was er dort suchte und was er fand? Und inwieweit wir damit etwas anfangen können?
Armenien - mehr als nur Steine
"Warum eigentlich Armenien?" fragt man sich. Einfach den blinden Fleck im geografischen und gesellschaftlichen Bewusstsein unter die Lupe zu nehmen ist nicht der einzige Grund. Nein, ein noch nicht allzu bekannter Sorbe reiste Anfang des 19. Jahrhunderts als Mitglied einer zaristischen Expedition dorthin. Seine Name war Heinrich Theodor Wehle und im Gepaeck hatte er Tuschekasten und Papier. Seine Arbeiten sind seltene Zeugnisse eines fruehromantischen aber auch klassizistischen Blicks auf die Natur aus dieser Zeit in Konfrontation mit der kaukasischen Landschaft. [...]
Unzaehlige Staende reihen sich in dem niedrigen, bunkerartigen Gang aneinander. Internetshops, Imbisse mit Fettwolken davor, Gemuese und Fruchthaendler, Schreibwarenbuden, Damenwaescheauslagen, wummernde Musiktheken und, na klar, Handyanbieter. In allen Groessen und Formen gibt es die. Teilweise richtige ladenartige Raeumlichkeiten, teilweise nur eine Vitrine auf Rollen, vor der dann der Haendler auf einem Hocker sitzt. Und alles in diesem Tunnel, dessen stickige Luft einen immer wieder nach Atem ringen laesst und in dem das einzige Licht, das die Haendler den ganzen Tag zu sehen bekommen eine Neonroehre ist oder das Blinken ihres getunten Handys. Ich uerberleg mir wie lange ich wohl an so einem Tiefgaragenarbeitsplatz durchhalten wuerde. Fruehrente faellt mir da nur ein, aber sehr frueh. Allerdings ist das ja ein Wort aus einem wohlgenaerhten Sozialstaat und hat hier ueberhaupt keine Bedeutung. Kennt man das bei uns eigentlich ueberhaupt noch? Sehe ich hier die Zukunft der Argh, dings, der Arbeit? Ich versuche schnell zu verdraengen und mich der Exotic meiner neuen Umgebung touristisch hinzugeben und bersorge mir an der naechsten Ecke einen Hagebuttensaft. Der ist sehr beliebt hier. [...]
Wir fahren in den Norden, an die georgische Grenze, in den Ort Haghpat (sprich Hachpat). Wehle ist hier durchgekommen und hat eine Bruecke gezeichnet, ein oder zwei Kloester und die Landschaft sowieso. Wir entdecken auch einige der Stellen, wo er gesessen haben muss und klatschen in die Haende. [...]
In Armenien muss man eigentlich nur seinen Finger in die Erde bohren und schon stoesst man auf die Ueberreste durch Menschen gefertigter Gebrauchsgueter. Und nicht nur das. Selbst Kampfwagen wurden am Sewan-See gefunden. Und zwar aeltere als die der Aegypter. Ich gebe mich beeindruckt bei diesen und anderen Ausfuehrungen Hradschs. [...]
Wir werden zu verschiedenen Kuenstlern gefuehrt. Zwei haben wir schon hinter uns. Es ist nicht ganz einfach das zu beschreiben, denn -man kennt das- es gibt bei einem ja ein grosses Verstaendnis fuer vieles und trotzdem kann man sich einer leichten, ich will mal sagen Irratation nicht erwehren. Der Eindruck bisher besteht aus expressiven Farbschlachten mit dem wuetend-verzweifelten Griff in die armenische Geschichte, flaechigem Abstraktionismus mit kubistischen Einsprengseln Marke Picasso und erotischen Bildern. [...]
Ich durchschaue die Finanzierung hier nicht ganz. Womit Ruben unser Begleiter sein Geld verdient habe ich auch noch nicht verstanden. Er arbeitet Naechte durch, aber steckt eigentlich alles wieder in neue Projekte und hat noch Familie. Es gibt hier ein Geheimnis, dessen Entdeckung vielen von uns ein gutes Leben bescheren koennte. Ich werde es herausfinden. [...]
Die oeffentlich Heldendenkmaeler sind uebrigens von extremer Inbruenstigkeit gepraegt. Ein wahnsinnig muskoloeser Reiter mit wehenden Haaren reitet auf gleich zwei Pferden, die ihn in ihrer Brachialitaet noch uebertreffen. Sie scheuen aber er hat sie trotzdem im Zaum. Dabei zertreten sie widerliches Gewuerm, eine art Schlangentier. Das ganze stellt den einzigen armenischen Herrscher dar, der in der Lage war Ost- und Westarmenien und die beiden Kirchen (kilikische Kirche und jene aus Etschmiadsin). Deshalb die beiden Pferde. Das Gewuerm koennten die Tuerken sein. Der Wunschtraum ist verstaendlich bei der armenischen Vergangenheit. Aber Pferde, Muskeln, Schweife, Schlangen ... ich sage nur Psychoanalyse. Man findet vieles in diesem Stil. Aber natuerlich auch anderes. Dick und saftig ist allerdings beliebt. So wie die Aprikose, die die Armenier lieben. ...
Der ganze Text: http://www.genausoundanders.de/index.php?armenien
Sunday, November 26, 2006
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