Wednesday, December 27, 2006

Ein Essay zur neuen globalen Geopolitik
Von ERICH REITER

Einige geopolitische und geostrategische Betrachtungen über die Auswirkungen der Wiederkehr der Geopolitik nach Zentralasien auf die europäische Sicherheit


1. Einleitung
Wenn man die Frage stellt, was nach dem Ende des sogenannten Kalten Krieges wirklich neu ist, muß man akzeptieren, daß es statt neuer, moderner Ordnungsvorstellungen in sicherheitspolitischen Theorien viel Unbeweglichkeit gibt, die das Leben der alten Ordnungskonzepte verlängert, sowie auch noch immer ein vorherrschendes Denken in Kategorien der Ost-West- und Nord-Süd-Konfrontation. Das geschieht heute zwar in doch eher ideologiefreien Kategorien, aber immer noch nach geopolitischen Gleichgewichtsvorstellungen der „balances and counterbalances“. Und es darf nicht vergessen werden, daß die Hauptgegner im Kalten Krieg, die USA und Rußland, noch immer ihre strategischen nuklearen Arsenale aufrechterhalten und damit eine antagonistische Grundkomponente in ihren Beziehungen erhalten haben.
Darüber hinaus geht es aber auch darum, Mut zu neuen Szenarien, zu neuem Denken, ja vielleicht zu so etwas wie "Gedankenspielereien" – in einem Essay – zu entwickeln, freilich gestützt auf Erkenntnisse der Vergangenheit und Gegenwart. Extrapolierungen sind einmal erlaubt, wenn es um Zukunftsszenarien geht. Es müssen auch potentielle Konstellationen ins Visier genommen werden, die über historische Betrachtungen oder sogenannte Gegenwartsanalysen hinausweisen. Daher wird der Leser in diesem Aufsatz auch gelegentlich auf Konjuntivisches stoßen. Die Zukunft ist offen. Wir dürfen sie aber gelegentlich auch mit "unfrisierten Gedanken" einkreisen.
Ist der Ost-West-Konflikt wirklich vorbei? Oder hat er nur an Bedeutung verloren, aufgrund eines viel schwächeren Rußlands – im Vergleich zur Sowjetunion –, wegen seiner Konzentration auf ein beschränktes Gebiet im Vergleich zur früheren globalen Dimension und wegen des Wandels von einer umfassenden Konfrontation (ideologisch, politisch, wirtschaftlich) zu einem Wettlauf um Einflußbereiche? Wenn das so ist – und es gibt keinen Grund, die Tatsache zu leugnen, daß es noch immer eine Konfrontationssituation zwischen dem „Westen“ und Rußland gibt –,dann muß die Grundlage dafür geopolitisches Denken sein, insbesondere von seiten Rußlands.
Es ist eine Tatsache, daß sicherheitspolitische Beziehungen zu einem großen Teil von geographischen Faktoren beeinflußt werden. All die Warnungen in Hinblick auf eine NATOErweiterung, daß sie die Konfrontation vertiefen würde, bestätigen mindestens die Tatsache, daß es eine solche Konfrontation gibt. Jeglicher Versuch eines einzelnen Staates, eine Hegemonie zu errichten, wird mit Machtpolitik beantwortet werden. Das ist die wirkliche Natur der russischen Versuche, die GUS-Länder zu ihrem Hegemonialbereich zu machen bzw. diese Länder in ihrem Hegemonialbereich zu halten, und, das wird immer augenscheinlicher werden, als Gegengewicht zum starken Willen der Amerikaner, eine Art von Weltführung zu erlangen.
Die Frage ist, wie die mehr oder weniger großen Mächte darauf reagieren werden (auf eine eher antagonistische oder eine eher kooperative Art?), um eine multipolare Welt zu erhalten und auszubauen, die es schon gibt, seit China Rußlands Vorherrschaft in den sechziger Jahren abgeschüttelt hat, seit Japan eine große Wirtschaftsmacht geworden ist und seit der Gemeinsame Markt die Europäische Union zu einer wirtschaftlichen Weltmacht gemacht hat.
Ein bipolares System existierte nach den sechziger Jahren nur in einem militärisch-politischen Sinn und in Hinblick auf die Situation in Europa. Und eine unipolare Welt mit eindeutiger US-Führung gab es wohl nur eine ganz kurze Zeitspanne nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit der amerikanischen Regie im Golfkrieg gegen den Irak.

Der ganze Text: http://www.bmlv.gv.at/pdf_pool/publikationen/14_sr4_16.pdf

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