Willkür in Tschetschenien
Bürgerrechtlerin tot im Kofferraum -
Von Irena Brezná
In Tschetschenien ist zum zweiten Mal innert eines Monats eine Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation ermordet worden. Die Bürgerrechtlerin Sarema Sadulajewa hat sich vor allem um junge Kriegsinvaliden gekümmert.
Wie soll man sich den neusten grausamen Mord an einer Menschenrechtlerin in Tschetschenien erklären? Fünf Männer, davon zwei in Zivil und drei in schwarzen Uniformen, kamen am Montag ins Büro der humanitären Jugendorganisation
Wen störte die junge gläubige Frau, die stets ein Kopftuch trug und sich liebevoll um invalide Kinder und deren Eltern kümmerte? Sie beschuldigte weder die russischen Militärs noch die tschetschenischenUntergrundkämpfer Minen gelegt und nicht weggeräumt zu haben, durch die zehntausende Kinder verstümmelt worden sind. Sadulajewa nannte auch keine Namen von Kriegsverbrechern wie dies die tschetschenisch-russische Menschenrechtlerin Natalja Estemirowa tat, die im Juli erschossen wurde.
Der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow, der vom russischen Premier Wladimir Putin persönlich als Herrscher über das kriegsgebeutelte Land eingesetzt worden war, dankt dies seinem Wohltäter dadurch, dass er den Schein eines prosperierendes Landes erzeugt. Seine fieberhafter Wiederaufbau soll die Spuren der beiden Kolonialkriege tilgen. Grosny ist aus den Ruinen auferstanden. Kadyrow liess Kinderheime schliessen, denn er behauptet, es gebe keine Kriegswaisen und die Öffentlichkeit erfährt nichts über die ökologische Katastrophe, die in Tschetschenien herrscht. Die Bevölkerung leidet an Krankheiten, vor allem Kinder, aber Gründe dafür darf es nicht geben. Abertausende Verschwundene werden nicht nur nicht gesucht, ihre Familienangehörigen dürfen ihr Leid öffentlich nicht anklagen und nach den Kriegsverbrechern wird nicht gefahndet. Die so genannte Befriedung Tschetscheniens ist aus Moskauer Optik geglückt.
Doch es gibt Störenfriede in diesem gespenstischen Land - Menschenrechtler und vor allem Menschenrechtlerinnen, die daran erinnern, was es zu tun gibt in Kadyrows Reich. Der junge und ungebildete Präsident wacht eifersüchtig darüber, dass alle Menschenrechtsaktivitäten über ihn abgewickelt und finanziert werden. Wieso gibt es Kriegsinvaliden, wenn Kadyrow doch beteuert, er würde für Putin sein Leben hergeben, da dieser seinem Volk nur Gutes brachte? Es ist derselbe Putin, der vor genau zehn Jahren dank flächendeckenden Bombardierungen von Tschetschenien an die Macht kam. Eine Tschetschenin, die nicht gehorsam zu Hause sitzt, sondern sich mit den Schattenseiten des
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