Monday, February 21, 2011
KUNST: Die Kunsthalle Wien stellt den georgischen Künstler Andro Wekua als künftigen Shootingstar vor. Von Anne Katrin Feßler (derstandard.at)
Eine umgedrehte Fliesenpyramide oder auch ein umgestülpter Raum, der sich nach unten beklemmend verjüngt, dient hier als Turnboden ("Untitled", 2010): Drumherum platziert sind Andro Wekuos Farb-Collagen; Foto: S. Wyckoff
Die Präsentation seiner symbolistischen Welten ist wenig überzeugend geraten.
Wien - Masken, Avatare, Spiegel sind wiederkehrende Motive in seinem interdisziplinären Werk: Es sind beklemmende, melancholische Szenarien, Installationen aus Skulpturen, Malerei und Video. Die Arbeiten des 1977 im georgischen Sochumi am Schwarzen Meer geborenen und im Bürgerkrieg geflüchteten Künstlers besitzen eine surreal-symbolistische Wirkung.
"Andro Wekua wird sicher noch eine steile Karriere machen." Es gebe wichtige Zukunftsprojekte, die noch nicht verraten werden können, zeigt sich Kunsthallendirektor Gerald Matt über die Zukunft des von der angesehenen Barbara Gladstone Gallery vertretenen Künstlers andeutungsreich. Was könnte das sein? Die Documenta 13 findet erst 2012 statt; zeitlich naheliegend wäre also die Biennale Venedig, was auch das Interesse von Spiegel und Zeit an der Wiener Präsentation des bisher noch recht unbekannten Künstlers rechtfertigen würde.
Die Schau in der Kunsthalle ist Teil einer Ausstellungs-Trias: Auch Kunsthalle Fridericianum in Kassel und Castello di Rivoli in Turin zeigen heuer Wekua - in für das jeweilige Haus entwickelten Konzepten. Titelgebend ist in Wien ein jüngst fertiggestellter, computeranimierter Film: Never sleep with a strawberry in your mouth klingt poetisch und soll, so liest man, Wekuas Kindheit in Georgien thematisieren. Aber, so heißt es eingangs von Kuratorin Angela Stief, man darf ihn nicht unbedingt verstehen wollen: "Der Versuch eines identifizierenden Denkens wird verweigert." Man müsse sich einlassen auf die Psychodynamik der introspektiven Arbeiten. - Es muss nicht mangelndes Einfühlungsvermögen sein, wenn sich melancholischer Traumzustand und die Wekua zugeschriebenen enigmatischen, bedrohlichen Qualitäten nicht vermitteln.
Apokalypse mit Delfinen
Grusel, dafür braucht es mehr als schummriges Licht und schlecht ausgeleuchtete Ecken, denkt man, während die maskierte Hauptfigur des Films durch das Setting mit dem Charme eines Computerspiels irrt. Mit der Maske erinnert sie an Kikumana, die Titelheldin aus Yasuhiro Yoshiuras Animationsfilm (2002). Vergleichbar sind auch die dunkle, seltsame Atmosphäre, aber der japanische Film ist als Spezialistenprodukt ungleich gekonnter. Warum wagt sich ein bildender Künstler in dieses Genre? Um lächerlich ächzende Science-Fiction-Avatare vor apokalyptischer Kulisse mit auf ihrer Nase rotierenden Delfinen zu platzieren?
Beim Blick in den Katalog verdichtet sich das Bild von den einzelnen, ausgesprochen heterogenen Werkgruppen Wekuas. Vielversprechend sehen die skulpturalen Installationen aus, neugierig wird man auf die düsteren, geheimnisvollen Architekturmodelle. In der Ausstellung ist dieser Eindruck aber ausgedünnt, allzu different; die Arbeiten werden im räumlichen Setting in ihrer Wirkkraft nicht unterstützt, wenn nicht sogar geschwächt. Das augenlose Keramikmädchen wirkt im schlauchartigen Durchgang nicht viel präsenter als ein Schirmständer. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD - Printausgabe, 19./20. Dezember 2011)
Bis 5.6.
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