Wednesday, February 02, 2011

FERNSEHEN: Stalins Gigantomanie - Die Bohrinsel von Aserbaidschan (mdr.de)

MDR FERNSEHEN / 03.02.2011 / 23:05 Uhr

Die älteste Bohrinsel der Welt steht mitten im Kaspischen Meer. 1949 auf Anordnung von Stalin errichtet, gehört sie heute Aserbaidschan und ist noch immer in Betrieb. Erstmals durfte ein westliches Filmteam den Alltag in dieser "Stadt auf dem Meer" begleiten.

1949 erfüllte sich Stalin mit dem Bau der Bohrinsel seine Vision eines Universums auf dem Wasser, einer Megalopolis des schwarzen Goldes, die Symbol für die Vormachtstellung des Sowjetblocks gegenüber dem Westen sein sollte: 300 Kilometer Brücken, 2.000 wackelige Plattformen, aber auch eine Bibliothek, eine Moschee, eine Limonadenfabrik, ein Festsaal mit 500 Sitzplätzen sowie ein öffentlicher Park.

Die gesamte Anlage bietet Platz für bis zu 5.000 Arbeiter - Frauen und Männer -, und das in einer Entfernung von über sechs Schiffsstunden von der Küste. Obwohl diese Stadt auf dem Meer nur für eine Nutzungsdauer von 25 Jahren gebaut wurde, sucht sie noch heute ihresgleichen. Noch nie wurde einem westlichen Filmteam die Erlaubnis gewährt, vor Ort einen Dokumentarfilm zu drehen. Die Plattform ist zur strategischen Militärzone mit strengstem Zutrittsverbot erklärt worden - zu Recht: 60 Jahre, nachdem sie erbaut wurde, hält diese gigantische Krake aus Beton und Metall mehr schlecht als recht zusammen. Brücken stürzen ein, zahlreiche Plattformen sind verwahrlost. Außerdem sinkt die Rentabilität permanent. Die Produktionskosten pro Barrel Öl betragen hier inzwischen 35 Dollar - im Gegensatz zu fünf Dollar in den Golfstaaten.

Was wird geschehen mit den Erdölfelsen? Soll man sie für Millionen von Dollar abreißen? Soll man sie aufgeben und eine Umweltkatastrophe ungeahnten Ausmaßes riskieren? Einen Hotelkomplex daraus machen? Eines ist sicher: Die Behörden werden schon bald entscheiden müssen. In 20 Jahren werden die Vorkommen erschöpft sein. Der Film spürt der Geschichte des sozialistischen Vorzeigeprojektes nach, lässt Zeitzeugen zu Wort kommen, die sowohl dessen Blütezeit als auch Katastrophen miterlebt haben. Er begleitet Männer und Frauen, die sich für ein Leben in der "Stadt im Meer" entschieden und mitunter Jahrzehnte auf der Bohrinsel verbracht haben, durch ihren Alltag.

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