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Vor ziemlich genau 20 Jahren errang Georgien seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Aber seither wird das kleine Kaukasusland die Kriege und Krisen nicht los. Die Lebensverhältnisse sind nicht gut, es herrscht Korruption und die Intellektuellen des Landes verhalten sich ruhig.
Vor 20 Jahren im April erklärte Georgien seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Seitdem kämpft das kleine Kaukasus-Land um innere Stabilität. Doch seit dem Krieg gegen die abtrünnige Teilrepublik Süd-Ossetien ist das Land fast vollends in die internationale Isolation geraten.
"Die Schriftsteller haben natürlich den Ausbruch des Krieges kritisiert. Aber in den Tagen des Krieges wäre das Verrat gewesen und könnte als Unterstützung für Russland verstanden werden. Deswegen haben die Künstler in den wenigen Tagen des Krieges geschwiegen."
Alexander Kartozia, einstiger Direktor der georgischen Nationalbibliothek, verfolgt aufmerksam die Kulturszene seines Landes. Die Stimmen der georgischen Intellektuellen, meint er, werden international nur weniger wahrgenommen, als die ihrer ukrainischen und weißrussischen Kollegen. Auch ließe sich die Situation der Autoren in seiner Heimat in keiner Weise mit der von Schriftstellern in der Ukraine oder Weißrussland vergleichen.
"Sie werden vom Staat nicht kontrolliert. Es wird weniger gelesen als früher und für den Staat sind die Literaten, die schreiben, aber nicht sichtbar sind im Fernsehen, wenig gefährlich. Nur in seltenen Fällen, wenn die Schriftsteller sich im Fernsehen zeigen und zu kritisch werden, dann könnte es gefährlich werden für das Regime und dann gibt es auch Eingriffe."
So geschehen, als eine Gruppe junger Autoren die Umbenennung einer Straße erzwingen wollte, die von den neuen Machthabern den Namen George Bushs erhalten hatte. Die Demonstration wurde mit Gewalt aufgelöst. Der Widerstand gegen eine Politik, die das Land immer mehr in die Isolation führt, formiert sich vor allem in der georgischen Hauptstadt Tbilissi, wo in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre eine lebendige Szene aus Kellertheatern, kleinen Galerien und literarischen Salons entwickelte. Heute findet vor allem hier der Kampf gegen die von der neuen politischen Elite zum Teil mit beleidigenden Vergleichen betriebene Spaltung der georgischen Gesellschaft statt.
"Die Schriftsteller haben ein sehr hohes Ansehen genossen. Die neue Generation, und das ist interessant, möchten ganz bewusst diese Position aufgeben. Sie behaupten von sich, sie wären Schriftsteller und keine Autoritäten. Der Präsident von Georgien sagt, es gebe Menschen, die 'runtergespült' werden. Es gibt also die 'Runtergespülten', die Alten, die nichts mehr taugen und es gibt die Anderen. Die 'runtergespülten' Schriftsteller bedauern das sehr. Sie werden nicht mehr gehört. Sie gelten als veraltet."
So versucht Präsident Saakaschwili, auch die Kunst- und Kulturszene zu polarisieren und zu entzweien. Doch weil sich die georgischen Intellektuellen dagegen wehren, verengt das Regime auf subtile Weise die Räume für die öffentliche Darstellung ihrer Positionen. Es verwehrt ihnen vor allem den Zugang zum staatlichen Fernsehen, nachdem der einzige oppositionelle Sender schon kurz nach der Machtergreifung besetzt und abgeschaltet wurde.
"Man kann nicht von einem Konformismus der georgischen Literatur sprechen. Die Künstler, die Schriftsteller sind kritisch. Sie protestieren durch das gedruckte Wort. Aber das gedruckte Wort ist nicht gefährlich. Es könnte mit der Zeit eine Situation entstehen, wo die Regierung den verbalen Protest als einen Widerstand wahrnehmen würde. Nämlich, wenn eines Tages Internet genauso intensiv wahrgenommen wird wie das Fernsehen. Aber augenblicklich sieht es nicht so aus."
Serie: Regime in Osteuropa:
Teil 1: Künstler und Intellektuelle in Weißrußland
Teil 2: Künstler und Intellektuelle in der Ukraine
Monday, April 25, 2011
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