Thursday, January 02, 2014

REISEN: Wo jeder Gast ein Geschenk ist. Von Heike Krusch (kleinezeitung.at)

(kleinezeitung.at) In Georgien und Armenien nimmt der Tourismus zusehends Fahrt auf. Eine Reise lohnt sich nicht nur wegen der Freundlichkeit.

 
Die Kirche Khor Virap in Armenien
Foto © Alex Ishchenko - Die Kirche Khor Virap in Armenien
In der einen Hand ein Schwert, in der anderen einen Weinkelch - so wacht die "Mutter Georgien" (eine monumentale Statue) unweit der Festung Narikala über das Zentrum der georgischen Hauptstadt Tbilissi und fasst damit zwei grundsätzliche Wesenszüge des georgischen Volkes zusammen. Georgier stehen wehrhaft für ihr Volk ein - und sie feiern gerne. Besonders stilvoll geht das in einem der Restaurants am Fuß der Festung, wo man die berühmte georgische Küche mit Blick auf die 2007 fertiggestellte Dreieinigkeitskathedrale, die dampfenden Schwefelbäder, den Platz der Republik mit modernen gläsernen Bauten und die Metechi-Kirche aus dem 13. Jahrhundert genießen kann. Serviert wird frei nach dem Motto "Vom Tellerwechsler zum Will- noch-Mehr". Auf unzähligen Tellern werden Käse, Gemüsevariationen, Obst, Huhn, Fisch und frisch gebackenes Brot gereicht - gewürzt mit frischen Kräutern und fruchtigen Soßen (Granatapfel, Mirabellen . . .) - ach ja, und keine georgische Tafel ohne Wein. Am liebsten natürlich aus den landeseigenen Weinanbaugebieten im ostgeorgischen Kachetien, wo der Rebensaft vermehrt wieder in Tongefäßen (Kvevri) ausgebaut wird, die in der Erde vergrabenen werden, was dem Wein einen ganz eigenen, leicht harzigen Geschmack verleiht. So verwundert es nicht, dass nicht nur die "Mutter Georgien" einen Weinkelch in Händen trägt, sondern auch die Nationalheilige Nino mit einem Kreuz aus Weinreben dargestellt wird. Sie soll in der alten Hauptstadt Mzcheta Wunder gewirkt haben, weshalb das Christentum bereits im Jahr 337 zur Staatsreligion erhoben worden ist.

Geschichten erzählt man sich gerne in Georgien. Was das Land, ebenso wie die große Bedeutung der christlichen Religion, mit dem Nachbarn Armenien gemein hat. Die armenisch-apostolische Kirche ist sogar die älteste Staatskirche der Welt, wovon nicht nur die beeindruckenden Klosterbauten wie das Weltkulturerbe Haghpat oder das Sewan-Kloster am malerisch auf 2000 Meter Seehöhe gelegenen Sewansee zeugen. Auch die Kreuzsteine, inoffizielle Wahrzeichen des Landes, künden vom tiefen Glauben (und auch der Kunstfertigkeit) der Bevölkerung. Deshalb muss es im Land der Steine natürlich ein Berg sein, um den sich besonders viele armenische Mythen ranken. Der Ararat (geografisch zwar in der Türkei) ist der heilige Berg der Armenier, auf dem Noahs Arche gestrandet sein soll. Nach dem Ararat ist übrigens auch eine der vielen großen Brandy-Fabriken in der Hauptstadt Jerewan benannt, von dem sich schon der Politiker Winston Churchill seine tägliche Ration genehmigte.

Während der Berg Ararat, so die Legende, sich nur den guten Menschen zeigt, sind die Armenier selbst großzügiger. Für sie gilt seit jeher jeder Gast als ein einzigartiges Geschenk.

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