Saturday, October 01, 2005

Laurent Vinatier: "Schamil Bassajews Rückkehr in die Politik ist ein Scheinproblem"
(in English): Laurent Vinatier: “Shamil Basayev’s political comeback: a non-issue”

Artikel Erschienen am 08/09/2005
Von Célia CHAUFFOUR in Paris

Célia Chauffour beschäftigt sich mit der neuen Rolle des Kriegsherrn Schamil Bassajew Schamil Bassajew als Vizepremierminister. Sie fragt: Ist die Rückkehr Bassajews in die Politik ein Anzeichen der Radikalisierung des Konfliktes oder einer deutlicheren Aufspaltung des Widerstandes? Sie sprach mit Laurent Vinatier, Experte für die tschetschenische Frage und Doktorand am Institut für Politische Studien (IEP) in Paris.

Für Vinatier ist Bassajews Rückkehr in die Politik keine Überraschung, denn er verkörpert die Fortdauer des tschetschenischen Kampfes. Bassajew ist eine Figur des Widerstandes. Der tschetschenische Widerstand braucht zudem einen Kriegsherrn mit solch einer symbolischen Ausstrahlung. Tschetschenen bewundern und fürchten Bassajew zugleich. Bassajews politische Rolle ist jedoch nur scheinbar. Letztendlich wird sich der Konflikt noch mehr radikalisieren. Bassajew steht auch für eine gesamte nordkaukasische Front. Zudem wird die Präsenz im Land zu einem zentralen Thema. Die Diaspora spielt hingegen eine geringer werdende Rolle. Die Moskauer Unterstützung Bassajews schwindet. Entsprechende Gruppen in Moskau ziehen sich zurück. Die wichtigsten Geldgeber sind in der Türkei und im arabischen Raum. Doch auch dort gibt es für die tschetschenischen Quellen zunehmend Schwierigkeiten. Amerikaner frieren Gelder ein. Russland und die Türkei nähern sich mehr und mehr an. Zudem werden saudische und türkische NGOs kontrolliert. Dennoch gibt es viel Geld in Tschetschenien. Man bedient sich durch die Erpressung pro-russischer tschetschenischer Behörden.

Eine andere Frage ist, warum Moskau Bassajew nicht fassen kann, obwohl die Amerikaner ein Interview mit ihm ausstrahlen können. Hinsichtlich ewig kursierender Verschwörungstheorien weigert sich Vinatier dahingehend, dass Moskau Bassajew deshalb nicht zu fassen kriegt, weil sie ihn noch als Legitimation für Engagement in Tschetschenien braucht:

"Der Krieg ist ohne jeden Zweifel sehr profitabel für die Militärs, die in der Hierarchie schneller aufsteigen und die sich durch Korruption bereichern ... Man kann ebenfalls ohne Zweifel feststellen, dass der Kreml bis zu einem gewissen Grad die Instabilität der Region fördert, um Georgien weiter unter Druck zu setzen und um seinen internationalen Status in der ersten Reihe im Kampf gegen den Terrorismus beizubehalten.Im Kreml sagt man sich vielleicht, solange die USA nicht Bin Laden gefasst haben, solange wird man nichts gegen Schamil Bassajew unternehmen. Viele Spekulationen ..."

"Warum dies nicht eher mit einer enormen Inkompetenz der russischen Streitkräfte erklären oder sogar mit einer Rivalität zwischen den verschiedenen Kräften Tschetschenien, dem Innenministerium, dem Verteidigungsministerium, den Geheimdiensten GRU und FSB?"

Der ganze Text:
Laurent Vinatier: "Schamil Bassajews Rückkehr in die Politik ist ein Scheinproblem (CauCaz.com)

Siehe auch Dossier in der Frankfurter Rundschau: Tschetschenien - der vergessene Krieg

Full Text in english:
Laurent Vinatier: “Shamil Basayev’s political comeback: a non-issue” (CauCaz.com)

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