Monday, August 25, 2008

PRESSE: Europäische Presseschau vom 25/08/2008 (euro|topics)

The Irish Times - Irland.
Ein europäisches Commonwealth
Der Gründer des European Policy Centres in Brüssel, John Palmer, fordert in der Tageszeitung The Irish Times nach der Kaukasuskrise eine langfristige EU-Strategie für den Umgang mit Russland und ruft zur Gründung eines europäischen Commonwealth auf. "Die EU-Regierungen scheinen keine Ideen für eine langfristige Strategie zu haben, um die drohende Spaltung des eurasischen Kontinents zu verhindern. ... Eine Möglichkeit wäre ... die Gründung eines Vereinigten Europäischen Commonwealth. Das Mandat für eine solche übergreifende paneuropäische Gemeinschaft müsste begrenzter als das der EU selbst sein - vielleicht eingeschränkt auf Angelegenheiten der Sicherheit, Justiz, Wirtschaft, Menschenrechte und Energie, die den Kern des Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und Russland sind.
... [Diese Gemeinschaft] würde eine konstruktive Alternative zu einer weiteren (militärisch unbedeutenden) NATO-Erweiterung liefern. Sie könnte einen multilateralen Rahmen für die
Lösung der unzähligen Streitigkeiten um Grenzen und Nationalität von Minderheiten liefern, die zwischen den Staaten der früheren Sowjetunion ausgebrochen sind. Vor allem könnte sie den aktuellen Austausch von gegenseitigen Beleidigungen mit einem Dialog über eine gemeinsame Zukunft ersetzen." (25.08.2008)


Magyar Nemzet - Ungarn.

Geopolitik auf dem Vormarsch
Angesichts des Konflikts im Kaukasus prophezeit die konservative Zeitung Magyar Nemzet eine globale Zunahme von geopolitischen Auseinandersetzungen. "Es ist offensichtlich, dass diese Krise nur vordergründig etwas mit Südossetien und Georgien zu tun hat. Vielmehr handelt es sich bei dem Konflikt um den Kampf der Großmächte - im gegenwärtigen Fall zwischen Washington und Moskau - um Einfluss. ... Auf der weltpolitischen Bühne nimmt die Geopolitik wieder zunehmend eine tragende Rolle ein. Dies zeigen die Ereignisse entlang jener Achse, die sich vom Nahen und Mittleren Osten bis hin zur Kaspischen Region zieht. In diesen Kontext gehören auch die militärischen Schauplätze in Afghanistan und im Irak, den amerikanischen Druck auf den Iran und auch der derzeitige Konflikt im Kaukasus. Georgien ist auf diesem Schachbrett nur eine Figur, allerdings - wie der gegenwärtige Konflikt vor Augen führt - nicht bloß ein Bauer. ... Der Kreml tut im Kaukasus heute nichts anderes als die Vereinigten Staaten 1999 auf dem Balkan. Damals holten die USA zum Militärschlag gegen Serbien aus. Das Kosovo-Drehbuch wiederholt sich dieser Tage gleichsam von neuem. Als Präzedenzfall liefert es Russland die Grundlage zum militärischen Eingreifen." (25.08.2008)

Le Monde - Frankreich.
Der Preis des Imperialismus
In ihrem Leitartikel analysiert die Tageszeitung Le Monde die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kaukasuskonflikts auf die russischen Finanzmärkte: "Kann die Wirtschaft erreichen, was die westliche Diplomatie nicht kann - Russlands Respektierung der territorialen Unversehrtheit seiner Nachbarn wie Georgien? Sie kann dazu beitragen. ... Die negativen Reaktionen der internationalen Finanzmärkte auf die Bewegung der russischen Truppen in Südossetien am 7. August haben die russischen Wirtschaft wegen den Auswirkungen dieses Kriegs auf den wirtschaftlichen und finanziellen Zustand des Landes beunruhigt. Anders gesagt, sie haben verstanden, dass Imperialismus einen Preis hat. ... Die russischen Panzer haben die georgischen Streitkräfte ohne Mühe zurückgeschlagen, aber in Moskau haben sie das Kapital verscheucht. ... Die russische Wirtschaft teilt mit Putin den Willen, Russland wieder zu beleben und die Demütigungen der postsowjetischen Zeit vergessen zu machen. Aber während der neue Zar mit Nostalgie kokettiert, blicken sie in die Zukunft." (23.08.2008)

Delfi - Estland.
Angela Merkel in Tallinn
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel besucht morgen auf ihrer Reise durch Skandinavien und das Baltikum die estnische Hauptstadt Tallinn. Das Nachrichtenportal Delfi bewertet den Besuch der Politikerin im Zusammenhang mit dem Kaukasuskonflikt und dem Bau der Ostsee-Pipeline kritisch: "Der Krieg in Georgien hat Merkel in eine unbequeme Lage gebracht, denn ursprünglich hatte ihr Besuch den Zweck, die Wogen im Streit um die Ostsee-Gaspipeline 'Nord Stream' zu glätten. Aus deutscher Perspektive sind die Energieimporte aus Russland von großer Bedeutung, und sie stellen vor allem auch eine bequeme Lösung dar, denn auf diese Weise muss sich Deutschland weniger um die Erforschung und Nutzung erneuerbarer Energien kümmern. Leider beeinflusst dies auch die Außenpolitik. So haben zwar ein paar Führer großer europäischer Staaten Kritik an Moskau wegen der Ereignisse in Georgien gerichtet, und auch Merkel hat das russische Vorgehen kritisiert. Aber aufgrund seiner wirtschaftlichen Interessen tritt Deutschland Russland gegenüber nach wie vor zurückhaltender auf als andere
europäische Staaten." (25.08.2008)

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