Sunday, October 20, 2013

THEATER: Internationales Theaterfestival Tiflis 2013 - Kulturelles aus Georgien in Vorderasien am Rand Europas (relevant.at)

(relevant.at) Da spielt außerdem das Internationale Tiflis Theaterfestival seine kulturellen und kulturtouristischen Joker seit einigen Jahren immer stärker aus. Ausländische Beiträge aus Armenien, Dänemark, England, Finnland, Italien, Israel, Kanada, Polen, Rumänien und Russland brachten auch 2013 der Hauptstadt einen gelungenen Einblick international geprägten Theaterschaffens, auf einer Bandbreite von westlich italienischer bis tief russisch östlicher Emotion. Dabei lag Rumänien nicht nur in der geografischen Mitte. Gleich drei Stücke vertraten das EU-Land in Georgien: Einmal fiel das Deutsche Staatstheater Temeswar/Timisoara mit Florin Fieroi‘s nonverbalem „DerDieDans“ mit der Musik des begabten Komponisten Vlaicu Golcea auf. Zweimal war das Radu Stanca Theater aus Hermannstadt/Sibiu mit „Warten auf Godot“ und „Gulliver’s Reisen“ seines international bekannten Regisseurs Silviu Purcarete hochkarätig vertreten. Theaterdirektor Constantin Chiriac agierte als Schauspieler in einer bravourösen Mannschaft. Er unterhält seit Jahren eine gute Verbindung nach Tiflis, was auch Theatern in Georgien zu Gute kommt, wenn es um Gastspiele und Austausch geht.

In kulturpolitischem Kontext erwartete man beim nationalen Teil des Theaterfestival Brisantes, zumal die vorgestellten Stücke keiner Jury unterstellt waren, sondern aus jeder georgischen Region eine oder mehrere Bühnen ins Rennen um die Publikumsgunst und das Interesse der ausländischen Medienvertreter, Festivalscouts und Veranstalter rangen. Da war jedoch noch nicht so sehr viel spürbar, zumal die meisten Vorstellungen aus der Riege der Staatstheater kamen. Die Freien tun sich in Georgien schwer und müssen daher noch eine längere Durststrecke überwinden, um auf internationalen Level zu kommen. Das liegt nicht alleine an ausbleibender staatlicher Förderung, auch der georgische Publikumsgeschmack - besonders bei der jungen Generation – ist in dieser Richtung noch updatebar.

Aber ein Festival ist immer für Überraschungen gut. Acht bis neun Vorstellungen pro Tag galt es im Galopp zu absolvieren. Darin waren von Ballett, Kindertheater, One Man Shows bis hin zu großen Produktionen nahezu alles vertreten und darunter einiges recht Bemerkenswertes. Die georgische Kritikervereinigung hatte die eine oder andere Empfehlung ausgesprochen. Dazu gehörten mit Recht das Royal District Theatre mit Rainer Werner Fassbinders „Katzelmacher“, das Kote Marjanishvili Staatstheater mit der „Grönholm Methode“ von Jordi Galceran und einer modernen Inszenierung von Molières „Tartuffe“. Die Inszenierung des Geogi Eristavi Theaters aus Gori „Saxophone“ kam sehr gut an. Hier beschreibt Autor Soso Nemsadze um die Figur eines Straßenmusikers Teile des sozialen Alltags in Tiflis und Georgien, wobei Vereinsamung und Gewalt eine tragende Rolle spielen (willkommen in Europa).

Das starke Staatstheater aus Batumi fehlte in der 2013 Ausgabe gänzlich. Dennoch wartete Festivalchefin Ekaterine Mazmishvili mit einer recht beachtlichen Anzahl gewichtiger Produktionen auf. Aus der Anzahl von mehr als 40 Produktionen seien hier einige unter subjektivem Gusto des Schreibers vorgestellt:

Das Ballet der Staatsoper eröffnete seine Saison mit drei Einaktern, „The Secret Garden“, „Sagalobeli“ und „1st Flash“, um die gesamte Bandbreite von tänzerischem Solisten- und Company-Können unter Beweis zu stellen. Ein gelungenes Unterfangen der künstlerischen Chefin Nina Ananiashvili, die ihr Talent als ausgezeichnete Solotänzerin auf die neue Generation – besonders der Tänzerinnen – übertragen hatte. Sie bestachen ausnahmslos durch Technik und Grazie. Der Ausdruckskraft der Tänzer würde die führende Hand eines Mannes sicher noch mehr Ausdruckskraft verleihen, ein generell evidentes Problem.

Wer Sarah Kane als Regie-Debut auswählt, stellt äußerste Ansprüche an sich und die Akteure. Die Besucher dieses Unterfangens auf der Bühne des altehrwürdigen Shota Rustaveli State Drama Theatre fieberten zu Recht „Psychosis 4:48“ entgegen, dem letzten Stück der jungen englischem Autorin, 1999 kurz vor ihrer Selbsttötung fertig gestellt, zugleich Höhepunkt in Kanes Schreiben, was Fragmentierung, Aufbrechen klarer Perspektiven und Rollen und Poesie betrifft. “The one thing I don't think is the responsibility of playwrights is telling people what to think about the play afterwards.” Ihre Stücke lösten heftige Kontroversen aus und wurden gleichzeitig mit Preisen bedacht. Genauso müssen Jungregisseur Kita Rokva und sein Protagonist Beso Zanguri an das Werk heran gegangen sein. „Erinnere das Licht und glaube an das Licht. Ein Augenblick bevor ewiger Nacht“. Ich habe miterlebt, war als Zuschauer Teil von Shota Bagalishvilis subtil gestalteter Bühne, um die wir gelegentlich kreisten. Sowohl Regisseur wie Hauptdarsteller haben verstanden zu transportieren wie es sein kann, wenn ein kräftiger, gestandener Mensch durch seinen Geist überwältigt in den Suizid getrieben wird. Dieser Produktion gebührt mein persönlicher Respekt.

Dem in London lebenden und arbeitenden georgischen Regisseur David Papava-Gurji ist mit Marius von Mayenburgs „Fireface“ ein ordentlicher Wurf gelungen. Noch vor der Premiere konnten die Besucher das bereits im Vorfeld vehement diskutierte Stück anschauen. Fünf gute besetzte Schauspieler verhalfen unter der ausnehmend spannenden und präzise gelenkten Regie dem Stück über klaustrophobische Ängste unserer Generation zu erschreckend realistischem Leben: Kurt liebt das Feuer und er beginnt wirklich damit zu spielen. Eine inzestuöse Beziehung mit seiner provokativen Schwester Olga in einem Theaterstück über Bruder und Schwester, deren Wut und Abscheu sich gegen die Eltern wendet und in Mord endet. Ein intensiver Mayenburg, den man so eher in Deutschland erwartet hätte, ohne Kopie zu sein. Diese kurzfristig eingeschobene Festival-Vorstellung des Tbilisi Vaso Abashidze State Theatre mit einer genialen Ana Tsereteli als Helga ist sicher auch eine Inszenierung, die man in Deutschland sehen möchte.

Bleiben wir zum Abschluss noch eine Weile in diesem Theater, genießen die Nacht und Shakespeares Mittsommernachtstraum in der Regie von David Doiashivili. Letzterer begeistert schon seit vielen Jahren nicht nur georgisches Publikum. Seine Inszenierungen reisen durch Europa, werden euphorisch von Publikum, Kritik und Fachpresse gleichermaßen gefeiert. „Kulturbotschafter“ Doiashivili und seine Inszenierungen, darunter auch ein Shakespeare „Macbeth“, zeugen vom Können im fernen Tiflis, beweisen, wie nahe die guten Theatermacher vernetzt sind, um ihre Sichtweisen zu schärfen und ihre Techniken zu erweitern. Mit Standing Ovation für eine rasante Inszenierung in einem ausgeklügelten minimalistischen Bühnenbild von Anano Mosidze und beinahe akrobatischer Choreographie von Konstantine Purtseladze. Ein krönender Abschluss eines recht aufregendes Festivals, der uns auf ein spannendes 2014 hoffen lässt. In dem Jahr soll auch die alte Oper nach Jahre langer Renovierung in neuem Glanz erstrahlen. Tiflis wird uns in Zukunft noch Einiges zu bieten haben. (Dieter Topp)

Tags: Tiflis, Tbilisi, Georgien, Sarah Kane, Psychosis 4:48,Marius von Mayenburg, Shakespeare,

Informationen: www.tbilisiinternational.com/en
PPS Promotion-Presse-Service
Christian Bauer, Chris Rabe, Dieter Topp
EU-Kulturzentrum
D-52391 Vettweiss/Köln
fon 0049-2424-2037 505
fax 0049-2424-2037 504
mailto: pps@kfe.de

PPS - Promotion-Presse-Service ist eine eigenständige Agentur, die von Christian Bauer und Dieter Topp, Künstler und Publizist, verwaltet wird.

PPS bietet Aussendungen an im Bereich Kultur und Kultur-Politik, unter besonderem Aspekt von Sprechtheater, Ballett, Musik und Musiktheater, Kunst , Kunstausstellungen und Kulturtourismus.

PPS - Aussendungen gehen an Redaktionen in der Bundesrepublik, nach Österreich und in den deutschsprachigen Bereich von Belgien und Niederlande an Print-, TV-, Radio-, Online - Redaktionen, Medienschaffende und PR-Verantwortliche, sowie offene Kulturkanäle.

PPS-Promotion-Presse-Service gehört zur Pressestelle des KulturForum Europa: Eine europäische Begegnung. Das KulturForum Europa e.V. wurde auf Initiative von Hans-Dietrich Genscher 1992 zur Förderung des gemeinschaftlichen europäischen Gedankens auf allen Gebieten der Kultur gegründet. Gegenseitige Beachtung und Toleranz sollen als Beitrag zur Völkerverständigung vorangetrieben werden.()

PPS-Promotion-Presse-Service berichtet seit 2005 über das Ballett der Staats- und Volksoper Wien (Das Ballett.at) und covert das Int. Istanbul Music Festival und die Istanbul Biennale sowie die Music Biennale Zagreb (seit 2007). Für 2008 sind das Int. Springfestival, das Herbstfestival und Fringe Festival Budapest, das Zemplén Festival im Länderdreieck Ungarn-Ukraine-Slowakei, sowie Wratislavia Cantans (PL) hinzugekommen. In 2008 wurde PPS eingeladen, für das Int. Theaterfestival Bukarest und Timisoara, sowie 2009 für das Underground Festival Arad, (RO), das Libertas Dubrovnik Summerfestival und ZFF Zurich Film Festival zu berichten. Hinzu kam eine jährliche Zusammenarbeit mit zuerich.com/Zürich Tourismus und Stadtmarketing in Zusammenarbeit mit a42. Agentur für Tourismusmarketing.

2010 berichteten wir erstmalig vom BITEI-Theaterfestival in Chisinau/Moldavien unter dem Aspekt der Information über Ost-West-Theater in vorwiegend russisch sprechenden Ländern. 2011 ist das Internationale Theaterfestival Sibiu/Hermannstadt (RO) hinzugekommen; weiterhin berichtet PPS für die Philharmonie (Müpa) Palast der Künste, Budapest (HU). Anlässlich des 3. Int. Theaterfestivals Tbilisi (Tiflis, Georgien) und des 1. Festival of Puppet Theatre, Sachalin, Russland, waren wir 2011 alleinig als deutsche Pressevertreter eingeladen. 2012 wurde die Leitung von PPS als europäischer Beobachter, Berichterstatter und internationaler Juror zum 30. Fadjr Festival nach Teheran gebeten. Das Jahr endete mit der erfolgreichen PR-Kooperation für Janacek-Musikfestival, Brünn (CZ). Seit Anfang 2013 hat die Ungarische Staatsoper, Budapest, unsere Agentur zur regelmäßigen Berichterstattung gebeten.

No comments: