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Rosenrevolution frisst Präsident: Georgien
wählt einen Nachfolger für Präsident Saakaschwili. |
"Ich habe nie etwas Unrechtes getan!", brüllte Georgiens Premier vergangene Woche unentwegt bei einem live gesendeten Pressegespräch in Tiflis. Dann kam der Zeigefinger, den Iwanischwili erhebt und mit dem er zustößt, wenn er Journalisten, seine Minister oder Sachverständige belehrt. "Ihre Frage ist unethisch!", herrschte der Premier den Journalisten an.
Macht im Hintergrund
Kritik und unbequeme Fragen sind nichts, was der Milliardär und Geschäftsmann dulden würde. Jetzt schickt sich Iwanischwili an, sein Haus zu bestellen. Gleich nach dem Sieg seines Kandidaten bei den Präsidentenwahlen am Sonntag werde er auch einen Nachfolger als Regierungschef benennen, so kündigte Iwanischwili an. Nach nur einem Jahr im Amt will sich der reichste Mann des Landes zurückziehen. Um fortan aus dem Hintergrund die Fäden in der Kaukasusrepublik zu ziehen, so glauben die Georgier.
Iwanischwili weist den Vorwurf von sich. Doch nur darum geht es bei diesen Wahlen, zehn Jahre nach der Rosenrevolution, die Georgien, die frühere Sowjetrepublik, in den Westen geführt hat.
Lascha Berulawa ist jetzt noch amüsiert, wenn er an seine Frage an Iwanischwili denkt. "Er hat gar nicht zugehört. Er hat nur 'Frankreich' und 'Inga Pawlowa' gehört, dann war es aus." Pawlowa, eine Dame mit französischer Staatsbürgerschaft, will erst 2011 von der Scheidung erfahren haben. Es wäre keine Lappalie - rechtlich nicht, und moralisch schon gar nicht in der konservativen georgischen Gesellschaft.
Iwanischwili sei aus geschäftlichen Gründen die Ehe eingegangen, so wird behauptet. Und Georgi Margwelaschwili, der Uni-Dozent, der nun Präsident werden soll, wäre - so gesehen - auch nur eine weitere Management-Idee. Den "Plastilin-Mann" nennt man ihn.
"Er formt sich"
Die Favorriten sind Georgi Margwelaschwili. |
Ein erstes Mal, nach dem Sieg bei den Parlamentswahlen vor einem Jahr, hat der Milliardär Iwanischwili seinen "Plastilin-Mann" an die Wand geworfen, und heraus kam ein Bildungsminister; beim zweiten Mal wurde es ein Präsidentenkandidat. Seinen Dozentenbart hat sich Giorgi Margwelaschwili dann abrasiert. Aggressiv sei er geworden, wundern sich Bekannte, wie aufgepumpt durch die Macht und das Geld, die hinter ihm stehen. "Machen Sie mal Pause oder ich verabreiche Ihnen eine Pause", blaffte er einen anderen Präsidentenkandidaten bei einer Fernsehrunde an.
foto: reuters/david mdzinarishvili
... und David Bakradse.
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Die Georgier sehen das alles mit gemischten Gefühlen. "Er ist nicht perfekt, aber wer ist das schon?", sagt eine Studentin über Margwelaschwili, den Philosophen und Journalismusdozenten: "Der Wandel muss weitergehen."
Klima scheint freier
Die Kohabitation zwischen Premier und Präsident war konfliktreich. Gegen viele von Saakaschwilis Gefolgsleuten laufen Verfahren, doch das Klima im Land scheint mit einem Mal freier. "Ich habe nicht mehr das Gefühl, abgehört zu werden, wenn ich am Telefon spreche", sagt Nino Tsagareischwili, Kodirektorin der Bürgerrechts-NGO HRIDC in Tiflis. Saakaschwilis enorme PR-Maschine steht still, weil der Premier dem Präsidenten das Geld abgedreht hat. "Er ist eine politische Leiche", sagt Iwanischwili. (Markus Bernath, DER STANDARD, 25./26.10.2012)
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