(dradio.de) Um vom großen russischen Nachbarn unabhängig zu werden, versuchen georgische Lebensmittelproduzenten neue wirtschaftliche Wege zu gehen. Ein Beispiel ist der georgische Winzer Bagrationi. Er erkannte: Eine Markteinführung seines Weins in Westeuropa ist teuer und schwierig - und plante um.
Ein Ladung grüner Trauben fällt in einen Trichter. Unten kommt grüner Matsch raus. Hilarius Pütz schaut zufrieden:
"Das hier sind jetzt Chinuri-Trauben. Das ist die Haupttraubensorte, eine georgische autochthone Sorte, die für Schaumwein verwendet wird. Die wächst hier in Zentralgeorgien. Wir haben etwa 200 Hektar selbst im Anbau."
Hilarius Pütz ist Weiningenieur bei Bagrationi. 160 Menschen arbeiten in der größten Schaumweinkellerei des Landes, dazu kommen Saisonkräfte in den Weinbergen.
Seit 2006 arbeitet Pütz in dem Betrieb am Rand der Hauptstadt Tiflis. Damals hatte Russland, bis dahin Hauptabnehmer für Obst und Gemüse, Wasser und natürlich Wein aus Georgien, aus politischen Gründen ein Embargo über georgische Lebensmittel verhängt. Die Weinproduzenten Georgiens mussten sich neue Märkte suchen. Viele dachten dabei an den westeuropäischen Markt. Auch Bagrationi. Pütz wurde eingestellt, um die georgische Traditionsmarke auf den westlichen Markt zu trimmen. Und der Deutsche krempelte den Betrieb um, führte Standards ein, bemühte sich um EU-Normen und -Zertifikate.
Pütz geht zur Abfüllanlage. Vorbei an großen Tanks. Er zeigt auf ein paar alte Rohre, die unter der Decke verlaufen:
"Das ist zum Beispiel so ein Überbleibsel. Früher in Sowjetbetrieben wurden dann zentral über Hunderte von Metern über Leitungen der Wein gepumpt an eine zentrale Filterstation und wieder zurück. Das ist alles schädlich für die Qualität. Wir haben hier in dem Betrieb kleine mobile Filtereinheiten, wir fahren von Tank zu Tank. Kurze Wege. Es gibt wenige Betriebe im Land, die so mit Schläuchen, Armaturen eingerichtet sind. Das haben wir alles in den letzten sechs Jahren hier angeschafft."
Früher sei Wein oft gepanscht gewesen, sagt Hilarius Pütz. Er geht ins Labor. Alle Weine würden selbst hergestellt, erläutert Pütz, dafür würden sie ausschließlich eigene oder dazu gekaufte Trauben verwenden:
"Hier machen wir alle chemische Analysen, die wir notwendigerweise machen müssen. Also innerbetriebliche Kontrollen. Das beginnt bei Spritzmittelrückständen von Trauben. Die wichtigsten Eingangskontrollen, wie Zuckergehalt, Säuren, PH-Werte und Schwefelgehalte und ansonsten werden alle chemischen Parameter hier gemacht. Und zur Kontrolle lassen wir parallel im offiziellen Weinlabor von Tbilisi immer wieder Analysen machen, damit sich keine Fehler einschleichen. Und alle Exportzertifikate werden im offiziellen Labor gemacht. Die machen wir nicht selbst."
Doch die Markteinführung in Westeuropa erwies sich als teuer und schwierig. Es mussten Handelspartner gefunden werden, es musste Platz in Supermarktregalen gekauft werden und vor allem viel Werbung gemacht werden. Denn nur wenige Menschen in Westeuropa wussten, dass Georgien das Land ist, in dem Wein wahrscheinlich erfunden wurde, dass es dort spezielle Trauben mit speziellem Geschmack gibt.
Bagrationi disponierte kurzerhand um. Statt sich auf die EU zu verlassen, konzentrierte sich die Kellerei auf den ukrainischen Markt, den Kasachischen, den Weißrussischen. Dort war die Marke bereits bekannt. Ein erfolgreicher, ein richtungsweisender Schritt. Heute verkaufen sie in der Ukraine etwa eine Million Flaschen pro Jahr. Tendenz steigend.
Der Betrieb ist mit fünf Millionen verkauften Flaschen pro Jahr ausgelastet. In Georgien ist Bagrationi mit 75 Prozent Marktführer. Sie hätten nicht vor, mit billigeren und minderwertigen Weinen den Umsatz zu steigern, sagt Pütz:
"Dann haben wir zwei Produktionslinien. Beide können 3000 Flaschen pro Stunde produzieren. Und die laufen ab jetzt, kann man sagen, bis Ende des Jahres mehr und mehr und zum Schluss rund um die Uhr. Weil 40 Prozent des Umsatzes wird im Dezember bei uns gemacht, des Jahresumsatzes."
Zwar hat der Start für Bagrationi in Westeuropa nicht gut funktioniert, Georgie Ramishvili, Geschäftsführer von Bagrationi, ist trotzdem zufrieden:
"Die Reform der georgischen Weinindustrie war für uns ein Gewinn. Die Qualität ist noch einmal gestiegen, wir hatten ja schon in der Sowjetunion die beste Qualität. Nun haben wir ein Kontrollsystem, von dem sogar die Russen beeindruckt sind."
Seit letztem Jahr hat Georgien eine neue Regierung. Und die versucht, die Beziehungen zum mächtigen Nachbarn Russland wieder zu normalisieren. Dies Jahr gab Russland grünes Licht für Weinimporte aus Georgien. Jedoch muss die russische Lebensmittelaufsicht zustimmen. Sie gilt als politisches Instrument des Kreml. Kontrolleure reisten an, begutachteten alles in der Kellerei - und gaben ihr OK. 50.000 Flaschen hat Bagrationi im August und September nach Russland geliefert. Ein Anfang.
Wenn bei der Präsidentenwahl am Sonntag der Kandidat der Regierung gewinnt, dürften die Beziehungen zwischen Georgien und Russland einen weiteren Schritt vorankommen.
Eigentümer von Bagrationi ist eine luxemburgische Kapitalgesellschaft.
Geschäftsführer Georgie Ramishvili wird am Sonntag den Kandidaten der Regierung wählen. Er kennt ihn seit Jahren. Enthusiastisch ist er trotzdem nicht. Auf keinen Fall dürfe man sich noch einmal vom russischen Markt abhängig machen:
"Wir sind auf der sicheren Seite und es passiert nicht, wie vor sieben Jahren, dass auf einmal das Land zu war, und wir Hunderttausende Dollar verloren haben. Wir haben ja keine Ahnung, wie es um Georgien in 5 Jahren steht. Wir hoffen alle, dass Georgien ein Stück weiter ist als jetzt."
"Das hier sind jetzt Chinuri-Trauben. Das ist die Haupttraubensorte, eine georgische autochthone Sorte, die für Schaumwein verwendet wird. Die wächst hier in Zentralgeorgien. Wir haben etwa 200 Hektar selbst im Anbau."
Hilarius Pütz ist Weiningenieur bei Bagrationi. 160 Menschen arbeiten in der größten Schaumweinkellerei des Landes, dazu kommen Saisonkräfte in den Weinbergen.
Seit 2006 arbeitet Pütz in dem Betrieb am Rand der Hauptstadt Tiflis. Damals hatte Russland, bis dahin Hauptabnehmer für Obst und Gemüse, Wasser und natürlich Wein aus Georgien, aus politischen Gründen ein Embargo über georgische Lebensmittel verhängt. Die Weinproduzenten Georgiens mussten sich neue Märkte suchen. Viele dachten dabei an den westeuropäischen Markt. Auch Bagrationi. Pütz wurde eingestellt, um die georgische Traditionsmarke auf den westlichen Markt zu trimmen. Und der Deutsche krempelte den Betrieb um, führte Standards ein, bemühte sich um EU-Normen und -Zertifikate.
Pütz geht zur Abfüllanlage. Vorbei an großen Tanks. Er zeigt auf ein paar alte Rohre, die unter der Decke verlaufen:
"Das ist zum Beispiel so ein Überbleibsel. Früher in Sowjetbetrieben wurden dann zentral über Hunderte von Metern über Leitungen der Wein gepumpt an eine zentrale Filterstation und wieder zurück. Das ist alles schädlich für die Qualität. Wir haben hier in dem Betrieb kleine mobile Filtereinheiten, wir fahren von Tank zu Tank. Kurze Wege. Es gibt wenige Betriebe im Land, die so mit Schläuchen, Armaturen eingerichtet sind. Das haben wir alles in den letzten sechs Jahren hier angeschafft."
Früher sei Wein oft gepanscht gewesen, sagt Hilarius Pütz. Er geht ins Labor. Alle Weine würden selbst hergestellt, erläutert Pütz, dafür würden sie ausschließlich eigene oder dazu gekaufte Trauben verwenden:
"Hier machen wir alle chemische Analysen, die wir notwendigerweise machen müssen. Also innerbetriebliche Kontrollen. Das beginnt bei Spritzmittelrückständen von Trauben. Die wichtigsten Eingangskontrollen, wie Zuckergehalt, Säuren, PH-Werte und Schwefelgehalte und ansonsten werden alle chemischen Parameter hier gemacht. Und zur Kontrolle lassen wir parallel im offiziellen Weinlabor von Tbilisi immer wieder Analysen machen, damit sich keine Fehler einschleichen. Und alle Exportzertifikate werden im offiziellen Labor gemacht. Die machen wir nicht selbst."
Doch die Markteinführung in Westeuropa erwies sich als teuer und schwierig. Es mussten Handelspartner gefunden werden, es musste Platz in Supermarktregalen gekauft werden und vor allem viel Werbung gemacht werden. Denn nur wenige Menschen in Westeuropa wussten, dass Georgien das Land ist, in dem Wein wahrscheinlich erfunden wurde, dass es dort spezielle Trauben mit speziellem Geschmack gibt.
Bagrationi disponierte kurzerhand um. Statt sich auf die EU zu verlassen, konzentrierte sich die Kellerei auf den ukrainischen Markt, den Kasachischen, den Weißrussischen. Dort war die Marke bereits bekannt. Ein erfolgreicher, ein richtungsweisender Schritt. Heute verkaufen sie in der Ukraine etwa eine Million Flaschen pro Jahr. Tendenz steigend.
Der Betrieb ist mit fünf Millionen verkauften Flaschen pro Jahr ausgelastet. In Georgien ist Bagrationi mit 75 Prozent Marktführer. Sie hätten nicht vor, mit billigeren und minderwertigen Weinen den Umsatz zu steigern, sagt Pütz:
"Dann haben wir zwei Produktionslinien. Beide können 3000 Flaschen pro Stunde produzieren. Und die laufen ab jetzt, kann man sagen, bis Ende des Jahres mehr und mehr und zum Schluss rund um die Uhr. Weil 40 Prozent des Umsatzes wird im Dezember bei uns gemacht, des Jahresumsatzes."
Zwar hat der Start für Bagrationi in Westeuropa nicht gut funktioniert, Georgie Ramishvili, Geschäftsführer von Bagrationi, ist trotzdem zufrieden:
"Die Reform der georgischen Weinindustrie war für uns ein Gewinn. Die Qualität ist noch einmal gestiegen, wir hatten ja schon in der Sowjetunion die beste Qualität. Nun haben wir ein Kontrollsystem, von dem sogar die Russen beeindruckt sind."
Seit letztem Jahr hat Georgien eine neue Regierung. Und die versucht, die Beziehungen zum mächtigen Nachbarn Russland wieder zu normalisieren. Dies Jahr gab Russland grünes Licht für Weinimporte aus Georgien. Jedoch muss die russische Lebensmittelaufsicht zustimmen. Sie gilt als politisches Instrument des Kreml. Kontrolleure reisten an, begutachteten alles in der Kellerei - und gaben ihr OK. 50.000 Flaschen hat Bagrationi im August und September nach Russland geliefert. Ein Anfang.
Wenn bei der Präsidentenwahl am Sonntag der Kandidat der Regierung gewinnt, dürften die Beziehungen zwischen Georgien und Russland einen weiteren Schritt vorankommen.
Eigentümer von Bagrationi ist eine luxemburgische Kapitalgesellschaft.
Geschäftsführer Georgie Ramishvili wird am Sonntag den Kandidaten der Regierung wählen. Er kennt ihn seit Jahren. Enthusiastisch ist er trotzdem nicht. Auf keinen Fall dürfe man sich noch einmal vom russischen Markt abhängig machen:
"Wir sind auf der sicheren Seite und es passiert nicht, wie vor sieben Jahren, dass auf einmal das Land zu war, und wir Hunderttausende Dollar verloren haben. Wir haben ja keine Ahnung, wie es um Georgien in 5 Jahren steht. Wir hoffen alle, dass Georgien ein Stück weiter ist als jetzt."
No comments:
Post a Comment