Die Wissenschaftler um den Direktor des Landesamtes für Archäologie, Harald Meller, dokumentierten bislang etwa 500 von tausenden aus der Bronzezeit stammende Felsmalereien. Erstmals zeigt das Landesamt Fotos der Forschungsergebnisse in einer Ausstellung in Berlin.
«Das Weltkulturerbe bekommt man schwer, aber die armenischen Felsmalereien haben gute Chancen», sagt Meller in Halle. Sein Team aus 15 Vermessungsingenieuren, Archäologen und Grabungstechnikern hatte im vergangenen Sommer die Felsbilder von Ughtasar im armenischen Hochland erstmals leibhaftig in Augenschein genommen. Auf Höhen von 2000 bis 3500 Metern erforschten die Wissenschaftler 40 Hektar einer erloschenen Vulkanlandschaft, die aus tausenden Basaltbrocken besteht. Auf vielen der dunklen Gesteinsbrocken fanden sie bronzezeitliche Felsmalereien etwa von Steinböcken, Leoparden, Kriegern, Bären oder Ziegen.
Was die Bilder so einzigartig macht, ist nicht nur ihre hohe Anzahl, die über mehrere Jahrhunderte entstanden sein muss. «Die Tiere und Menschen sind sehr eindeutig aufs Charakteristische beschränkt», erklärt Sachsen-Anhalts Chefarchäologe. Die 4000 Jahre alten Felsmalereien seien sowohl gestalterisch wie auch handwerklich gekonnt in Szene gesetzt und gut erhalten.
Mit einem ferngesteuerten Mini-Helikopter haben die Experten das Gebiet in vier Wochen vermessen und fotografiert. Die Fundstätte war zwar seit Jahrzehnten bekannt, doch den Armeniern fehlte die Technik für die Erforschung. Und die Bemühungen britischer Wissenschaftler der Universität Reading reichten nicht aus, um dem Ziel rasch näher zu kommen, zum Weltkulturerbe zu gehören.
Also vereinbarten Armenien und Sachsen-Anhalt ein gemeinsames Forschungsprojekt. Sachsen-Anhalt vertritt Deutschland seit dem Jahr 1996 bei der kulturellen Zusammenarbeit. Grundlage ist ein Kulturabkommen der Bundesrepublik mit der Republik Armenien. Laut Sachsen-Anhalts Kultusministerium kooperieren das Landesamt und die Wissenschaftliche Akademie Armeniens seit dem Jahr 2008 eng miteinander bei archäologischen und Denkmalschutzprojekten. Neben den Felsmalereien von Ughtasar gehören prähistorische Goldbergwerke und rätselhafte Steinanhäufungen zu den Projekten der deutschen Forscher in Armenien.
Wenn alles klappt, will Armenien mit Hilfe der Sachsen-Anhalter binnen der nächsten zehn Jahre den Weltkulturerbe-Titel beantragen. «Dazu müssen die zentralen Fragen beantwortet werden, was es alles für Motive gibt und wie sie zueinander stehen», sagt Meller. Bislang seien die Archäologen mit Deutungen der Motive noch sehr zurückhaltend, weil der Bestand zunächst weiter erforscht werden müsse. Meller schätzt, dass sein Team bei einem erneuten Projekt in diesem Sommer noch einmal mehr als 500 Felsmalereien dokumentieren wird.
Die Aussichten auf den Weltkulturerbe-Titel für das armenische Hochland an der Grenze zu Aserbaidschan bewertet Meller als «sehr gut, weil die Felsmalereien wissenschaftlich hoch bedeutsam» seien. Grundvoraussetzung für den Titel sei eine wissenschaftliche Dokumentation der Bilder. Die Unesco als Organisation der Vereinten Nationen verleiht den Titel Weltkulturerbe an Orte, die wegen ihrer Einzigartigkeit, Authentizität und Integrität als weltbedeutend gelten. Vorgeschlagen werden die Stätten von den Staaten, in denen sie liegen.
«Armenien hat sicher gute Chancen auf den Welterbetitel, weil es in dieser Region im Gegensatz zu Europa oder den USA noch nicht viele Welterbestätten gibt», sagt Doris Hartmann vom Lehrstuhl für Materielles und Immaterielles Kulturerbe der Universität Paderborn. Für einen Welterbe-Antrag sei allerdings viel Vorarbeit notwendig, um die Besonderheiten einer Stätte herauszustellen. Die Unesco fordere sehr umfangreiche Anträge. Es gebe bereits mehrere Welterbestätten mit Felsmalereien, beispielsweise in Frankreich oder Spanien. Dass nun die armenischen Felsbilder wissenschaftlich aufgearbeitet würden, sei ein gutes Anliegen, meint Hartmann.
In einer Ausstellung unter dem Titel «Bilder für die Ewigkeit - Petroglyphen im Hochland Armeniens» im Auswärtigen Amt, das die Projektkosten größtenteils trägt, sind nun erstmals Fotos von den Felsmalereien und Forschungsarbeiten zu sehen. Die prähistorische Felskunst in den Jahrtausende alten Bergsteppen sei ein wesentlicher Teil des kulturellen Erbes Armeniens, sagt eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin. Zudem sei diese Bilderwelt im Gegensatz zu vielen mitteleuropäischen Felsbildregionen, die seit Jahren zum Welterbe der Unesco zählten, bis heute nahezu unbekannt.
Austellung: Auswärtiges Amt, Lichthof, Werderscher Markt 1, 10117 Berlin
Die Ausstellung kann vom 21.05. bis zum 12.06.2013, wochentags von 10 bis 18 Uhr, besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.
Mehr Links:
Felsmalereien: Das geheimnisvolle Freilichtmuseum von Ughtasar (spiegel.de)
Die einzigartigen Bilder von Ughtasar (n24.de)
Ughtasar Petroglyphs (armeniapedia.org)
Armenische Auszeichnung für Sachsen-Anhalts Landesarchäologen (hallespektrum.de)
Mehr zu den Petroglyphen (wikipedia.org)
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