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(dradio.de) Georgien
kann als letzter weißer Fleck auf dem europäischen Buchmarkt gelten.
Also haben sich die Kulturpolitiker in Tiflis ein ambitioniertes Ziel
gesetzt: Die kleine Kaukasusrepublik soll 2016 Gastland der Frankfurter
Buchmesse werden.
Gedränge herrschte dieser Tage auf dem Tifliser Expo-Gelände. Die
georgische Buchmesse kann zwar nicht mit der Größe einer Leipziger
Buchmesse mithalten, noch reicht für alle Aussteller eine Halle von der
Größe eines Fußballfeldes. Doch wie in Leipzig ist es vor allem eine von
den Lesern geliebte Messe. Die kommen und kaufen und sind neugierig auf
die Neuerscheinungen des Jahres. Kein Stuhl ist mehr frei, als die
Schriftstellerin Ana Kordsaia aus dem von ihr ins Georgische übersetzten
Roman "Stadt der Diebe" von Cornelia Funke vorträgt. Besucht wurde die
Messe auch von den Teilnehmern eines internationalen Verlegerforums, das
gerade in Tiflis zu Ende ging und dessen Ziel Medea Metreveli so
beschreibt:
Zum dritten Mal bereits habe ein solches Forum in
Tiflis stattgefunden, erklärt die engagierte, im georgischen
Kulturministerium für die Förderung der Literatur zuständigen
Abteilungsleiterin. Es solle vor allem georgische und ausländische
Verleger zusammenbringen, denn ihr kleines Land habe das ambitionierte
Ziel, 2016 Gastland der Frankfurter Buchmesse zu werden. Doch sei es
nicht nur darum gegangen, dafür frühzeitig Kontakte zu knüpfen, sondern
auch darum, konkrete Projekte zu planen, an denen nun gemeinsam mit
ausländischen Verlegern gearbeitet werden soll.
So sollen vor
allem die Zahl von literarischen Übersetzungen aus dem Georgischen
erhöht und Übersetzer qualifiziert werden. Ein Vorhaben, an dem das
georgische Kulturministerium seit geraumer Zeit intensiv arbeitet und
für das trotz angespanntem Staatshaushalt sehr viel. Geld investiert
werden soll. Das ist auch zwingend notwendig, will Georgien seiner
Literatur auf den hart umkämpften europäischen Buchmärkten endlich
international Geltung verschaffen. Auf denen, konstatiert Joachim Unseld
von der Frankfurter Verlagsanstalt, als eine der letzten noch zu
entdeckenden "terra incognita"
"Für
mich ist es das erste Mal, dass ich in Georgien bin. Das hat natürlich
einen Grund, weil ich gerade in Leipzig einen Band mit jungen
georgischen Erzählerinnen herausgebracht habe und nun natürlich wissen
wollte, was es mit georgischer Literatur insgesamt auf sich hat. Und so
gesehen war das ein voller Erfolg, diese zwei Tage des Forums mit
internationalen und georgischen Verlegern zusammen zu sein, zu sprechen,
sich kennenzulernen."
Es ist eine Sisyphos-Aufgabe, die
das Land zur Umsetzung des ambitionierten Ziels zu leisten haben wird.
Auch, weil das Land gerade einmal 4,5 Millionen Einwohner. Nur wenig
mehr sprechen die Sprache, die auf einem eigenen Alphabet beruht und
über eine sehr schöne und an Spitzenklöppelei erinnernde Schrift verfügt
und die Zahl guter Übersetzer aus dieser kleinen Sprache verschwindend
gering ist. Umso mehr überraschte die aus England, Frankreich, Italien,
China und Deutschland angereisten Verleger die Vielfalt und Qualität der
vorgestellten Programme georgischer Verlage. Das Treffen sei für ihn
aber auch noch aus einem anderen Grund interessant gewesen, meint Tom
Müller vom Aufbau-Verlag.
"Es war
sehr spannend auch, weil ja nicht nur deutsche Verleger hier waren,
sondern auch aus England, aus Frankreich, eine türkische Agentin, dass
man gleichzeitig noch so einen europäischen Blick auf die Manuskripte
mit bekommen konnte. Wir sind sehr vielen Autoren begegnet, haben sehr
viele Texte vorgestellt bekommen."
In denen spiegeln sich
längst all die Umbrüche wieder, die sich derzeit auch in der georgischen
Gesellschaft vollziehen. Sie reflektieren die fünf Kriege, die das Land
seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion durchleben musste und junge
Autoren beginnen bisher geltende Tabus zu brechen, etwa, wenn sie über
den Umgang mit Behinderten in der georgischen Gesellschaft schreiben.
Gleichzeitig strahlt die georgische Verlegerszene eine Vitalität aus,
der alle Anwesenden beeindruckte. Das habe sicher jeder Teilnehmer des
Forums ebenso deutlich gespürt wie er selbst, meint der Verleger Joachim
Unseld.
"Das Ganze ist natürlich
politisch sozial ein Land im Aufbruch. Man sieht hier überall, dass
etwas am Wachsen ist, dass Änderungen dort sind, die Demokratisierung
ist hier doch wirklich angekommen, die Öffnung zum Ausland hin, die
Internationalisierung und das sieht man bei den Verlagen sehr deutlich,
das sehr große Interesse auch an internationaler Literatur und auch der
Wille, ich mit uns in Verbindung zu setzen - also eine gute Kooperation
denke ich."
Der Erfahrungsaustausch machte den georgischen
Teilnehmern aber auch sehr deutlich, wie viel noch zu tun bleibt, um
der Aufgabe eines Gastlandes des weltgrößten Buchmesse gewachsen zu
sein. Mit Spannung erwartet Georgiens nun den in wenigen Tagen
bevorstehenden Besuch der Chefs der Frankfurter Buchmesse.
Monday, May 27, 2013
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