Monday, May 27, 2013

PODCAST: Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Das Forum deutschsprachiger Verleger in Tiflis. Von Mirko Schwanitz (dradio.de)

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(dradio.de) Georgien kann als letzter weißer Fleck auf dem europäischen Buchmarkt gelten. Also haben sich die Kulturpolitiker in Tiflis ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Die kleine Kaukasusrepublik soll 2016 Gastland der Frankfurter Buchmesse werden.
 
Für Europas Buchbranche bislang Terra Incognita: Die georgische Hauptstadt Tiflis. (Bild: AP)
Gedränge herrschte dieser Tage auf dem Tifliser Expo-Gelände. Die georgische Buchmesse kann zwar nicht mit der Größe einer Leipziger Buchmesse mithalten, noch reicht für alle Aussteller eine Halle von der Größe eines Fußballfeldes. Doch wie in Leipzig ist es vor allem eine von den Lesern geliebte Messe. Die kommen und kaufen und sind neugierig auf die Neuerscheinungen des Jahres. Kein Stuhl ist mehr frei, als die Schriftstellerin Ana Kordsaia aus dem von ihr ins Georgische übersetzten Roman "Stadt der Diebe" von Cornelia Funke vorträgt. Besucht wurde die Messe auch von den Teilnehmern eines internationalen Verlegerforums, das gerade in Tiflis zu Ende ging und dessen Ziel Medea Metreveli so beschreibt:
Zum dritten Mal bereits habe ein solches Forum in Tiflis stattgefunden, erklärt die engagierte, im georgischen Kulturministerium für die Förderung der Literatur zuständigen Abteilungsleiterin. Es solle vor allem georgische und ausländische Verleger zusammenbringen, denn ihr kleines Land habe das ambitionierte Ziel, 2016 Gastland der Frankfurter Buchmesse zu werden. Doch sei es nicht nur darum gegangen, dafür frühzeitig Kontakte zu knüpfen, sondern auch darum, konkrete Projekte zu planen, an denen nun gemeinsam mit ausländischen Verlegern gearbeitet werden soll.

So sollen vor allem die Zahl von literarischen Übersetzungen aus dem Georgischen erhöht und Übersetzer qualifiziert werden. Ein Vorhaben, an dem das georgische Kulturministerium seit geraumer Zeit intensiv arbeitet und für das trotz angespanntem Staatshaushalt sehr viel. Geld investiert werden soll. Das ist auch zwingend notwendig, will Georgien seiner Literatur auf den hart umkämpften europäischen Buchmärkten endlich international Geltung verschaffen. Auf denen, konstatiert Joachim Unseld von der Frankfurter Verlagsanstalt, als eine der letzten noch zu entdeckenden "terra incognita"

"Für mich ist es das erste Mal, dass ich in Georgien bin. Das hat natürlich einen Grund, weil ich gerade in Leipzig einen Band mit jungen georgischen Erzählerinnen herausgebracht habe und nun natürlich wissen wollte, was es mit georgischer Literatur insgesamt auf sich hat. Und so gesehen war das ein voller Erfolg, diese zwei Tage des Forums mit internationalen und georgischen Verlegern zusammen zu sein, zu sprechen, sich kennenzulernen."

Es ist eine Sisyphos-Aufgabe, die das Land zur Umsetzung des ambitionierten Ziels zu leisten haben wird. Auch, weil das Land gerade einmal 4,5 Millionen Einwohner. Nur wenig mehr sprechen die Sprache, die auf einem eigenen Alphabet beruht und über eine sehr schöne und an Spitzenklöppelei erinnernde Schrift verfügt und die Zahl guter Übersetzer aus dieser kleinen Sprache verschwindend gering ist. Umso mehr überraschte die aus England, Frankreich, Italien, China und Deutschland angereisten Verleger die Vielfalt und Qualität der vorgestellten Programme georgischer Verlage. Das Treffen sei für ihn aber auch noch aus einem anderen Grund interessant gewesen, meint Tom Müller vom Aufbau-Verlag.

"Es war sehr spannend auch, weil ja nicht nur deutsche Verleger hier waren, sondern auch aus England, aus Frankreich, eine türkische Agentin, dass man gleichzeitig noch so einen europäischen Blick auf die Manuskripte mit bekommen konnte. Wir sind sehr vielen Autoren begegnet, haben sehr viele Texte vorgestellt bekommen."

In denen spiegeln sich längst all die Umbrüche wieder, die sich derzeit auch in der georgischen Gesellschaft vollziehen. Sie reflektieren die fünf Kriege, die das Land seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion durchleben musste und junge Autoren beginnen bisher geltende Tabus zu brechen, etwa, wenn sie über den Umgang mit Behinderten in der georgischen Gesellschaft schreiben. Gleichzeitig strahlt die georgische Verlegerszene eine Vitalität aus, der alle Anwesenden beeindruckte. Das habe sicher jeder Teilnehmer des Forums ebenso deutlich gespürt wie er selbst, meint der Verleger Joachim Unseld.

"Das Ganze ist natürlich politisch sozial ein Land im Aufbruch. Man sieht hier überall, dass etwas am Wachsen ist, dass Änderungen dort sind, die Demokratisierung ist hier doch wirklich angekommen, die Öffnung zum Ausland hin, die Internationalisierung und das sieht man bei den Verlagen sehr deutlich, das sehr große Interesse auch an internationaler Literatur und auch der Wille, ich mit uns in Verbindung zu setzen - also eine gute Kooperation denke ich."

Der Erfahrungsaustausch machte den georgischen Teilnehmern aber auch sehr deutlich, wie viel noch zu tun bleibt, um der Aufgabe eines Gastlandes des weltgrößten Buchmesse gewachsen zu sein. Mit Spannung erwartet Georgiens nun den in wenigen Tagen bevorstehenden Besuch der Chefs der Frankfurter Buchmesse.

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