TOP-THEMA: Wie weiter im Kaukasus?
Der Krieg im Kaukasus ist beendet: Moskau ordnete die Einstellung aller Kampfhandlungen an und der georgische Präsident Michail Saakaschwili stimmte nach Verhandlungen mit dem EU-Ratspräsidenten Nicolas Sarkozy einem EU-Friedensplan zu. Wie soll Europa nun weiter vorgehen?
+++ Sydsvenska Dagbladet - Schweden. "Wie soll die westliche Welt reagieren?", fragen der US-Diplomat Richard Holbrooke und Ronald D. Asmus, der Geschäftsführer des Brüsseler Büros des German Marshall Fund of the United States in der Tageszeitung Sydsvenska Dagbladet nach dem Konflikt im Kaukasus. "Zuallererst können wir Georgien unterstützen, die territoriale Integrität innerhalb der aktuellen Grenzen verteidigen und Tiflis wieder aufbauen. Als zweiten Schritt sollte der Westen einsehen, dass Russland kein neutraler Friedensstifter an seinen Grenzen ist. Seit langem hat Moskau sein internationales Mandat benutzt, um eine neoimperialistische Politik durchzuführen. Statt Russland dieses Mandat zu gewähren, sollte der Westen darauf bestehen, dass neutrale UN-Truppen den Waffenstillstand überwachen. Drittens sollte der Westen aktiv gegen den russischen Einfluss auf seine Nachbarn arbeiten - besonders auf die Ukraine, die höchstwahrscheinlich das nächste Ziel der Bemühungen Moskaus sein wird, seinen Einfluss auszudehnen. Die USA und die EU müssen bei diesem Punkt deutlicher sein, damit die Ukraine und Georgien nicht als irgendeine graue Zone bezeichnet werden."
(13.08.2008) +++
+++ The Guardian - Großbritannien. Der ehemalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow verteidigt in der Tageszeitung The Guardian das russische Vorgehen: "Russland musste antworten. Es der Aggression gegen das 'schwache, schutzlose Georgien' zu beschuldigen, ist nicht nur heuchlerisch, sondern zeigt einen Mangel an Humanität. ... Indem die USA den Kaukasus - eine Region, die Tausende von Meilen vom amerikanischen Kontinent entfernt ist - zu einer Sphäre des 'nationalen Interesses' erklärten, begingen sie einen ernsthaften Fehler. Natürlich ist der Friede im Kaukasus im Interesse Aller. Aber einzusehen, dass Russland dort verwurzelt ist durch eine gemeinsame Geographie und jahrhundertelanger Geschichte, ist einfach gesunder Menschenverstand. Russland strebt nicht nach territorialer Expansion, aber hat legitime Interessen in dieser Region. Das Ziel der internationalen Gemeinschaft könnte auf lange Sicht die Schaffung eines Sicherheits- und Kooperationssystems in den Unterregionen sein, das jegliche Provokation und die reine Möglichkeit einer Krise wie dieser unmöglich macht. Diese Art von System aufzubauen, wäre eine große Herausforderung und könnte nur durch die Zusammenarbeit der Länder der Region selbst erreicht werden. Nationen von außerhalb der Region könnten vielleicht auch helfen - jedoch nur, wenn sie eine faire und objektive Stellung einnehmen." (13.08.2008) +++
+++ De Standaard - Belgien. Die Tageszeitung De Standaard kritisiert die europäischen Reaktionen auf den Kaukasuskonflikt: "Die Rechtfertigungen des russischen Auftretens, die wir nun von manchen Europäern hören, angeführt vom italienischen Premier Silvio Berlusconi, muss man schlicht verurteilen. Europa lässt sich von Moskau erpressen, das nur allzu gerne mit der Waffe der Energie[-versorgung] droht. Wenn Europa für etwas steht, muss es diese Werte auch verteidigen. Es hat die moralische Pflicht, die Länder an seinen Grenzen auf einem schwierigen Weg zu Entwicklung, Freiheit und Demokratie zu begleiten. ... Wer das Auftreten von Putin gutheißt, muss einsehen, dass es hier um mehr geht als das Statut eines kleines Schmugglernestes. Wie glaubwürdig ist die Europäische Union noch, wenn sie zulässt, dass kleine Länder an ihrer Grenze mit harter Hand wieder in das große russische Imperium einverleibt werden?"
(13.08.2008) +++
+++ La Repubblica - Italien. Der EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy hat vorgeschlagen, eine europäische Friedenstruppe in den Kaukasus zu entsenden. Die Tageszeitung La Repubblica macht sich über eine mögliche Friedensmission der EU Gedanken: "Es ist auszuschließen, dass die von Nicolas Sarkozy in Aussicht gestellten Friedenstruppen unter der Flagge der nordatlantischen Allianz aufmarschieren werden, angesichts der russischen Irritation über das Gesuch von Tiflis zur Aufnahme in die NATO." Vermutlich werden "die westlichen Länder, die die besten Beziehungen zu Russland unterhalten, Deutschland, Frankreich und Italien, die Truppen stellen. ... Russland will verständlicherweise weder eine Beteiligung Amerikas, noch der Länder des ehemaligen Warschauer Pakts oder der ehemaligen sowjetischen Republiken. Womit auch die Hoffnung von Estland - eines der ersten Länder, das seine Hilfe angeboten hat - enttäuscht wird. ... Wie im Libanon wird die Mission im Einvernehmen mit den Kontrahenten von Statten gehen. Sie wird nicht den Frieden gewaltsam erzwingen, sondern ihn kontrollieren und gewährleisten." (13.08.2008) +++
+++ Les Echos - Frankreich. Die Tageszeitung Les Echos analysiert die entscheidende Rolle, die von der Europäischen Union im Konflikt im Kaukasus gespielt werden könnte - trotz der unterschiedlichen Positionen der Mitgliedstaaten: "Das Pendeln des Präsidenten Sarkozy zwischen Moskau und Tiflis ist eine hochriskante Aufgabe. Die Schwäche des Präsidenten Bush am traurigen Ende seines Mandats lässt der Europäischen Union die wichtigste Rolle bei der Durchsetzung von Diplomatie gegen Waffen in Georgien zukommen. ... Die 27 [Mitgliedsstaaten] verfügen über echte Trümpfe, um sich bei den Kreml-Meistern Gehör zu verschaffen. Vor allem im wirtschaftlichen Bereich.
... Es wird noch eine Weile dauern, bis Moskau auf die internationalen Investoren verzichtet, unter denen die Europäer zur obersten Gesellschaftsschicht gehören. ...
Schließlich will Russland den Jahren der Unentschlossenheit ein Ende setzen und der Welthandelsorganisation beitreten. ...
Es stellt sich noch die Frage, ob die Europäer diese Trümpfe ausspielen werden, was voraussetzt, dass sie mit einer Stimme sprechen. Und nichts ist unsicherer." (13.08.2008) +++
+++ Gazeta Wyborcza - Polen. Die linksliberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza kritisiert, dass der EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy in Moskau zu milde gegenüber seinem russischen Amtskollegen Dmitri Medwedew aufgetreten sei. Sarkozy habe nicht für Polen gesprochen: “Das alte Europa hört nicht auf Polen, Litauer und Ukrainer. Das alte Europa will es sich nicht mit Russland verderben und hält die Unantastbarkeit der georgischen Grenzen nicht für wichtig genug, um die Beziehungen zu Russland zu verschlechtern. ... Wir können endlos erklären, dass es sich nicht um Russophobie, sondern um langjährige Erfahrung handelt. Und wenn nach Georgien, Moldawien und einigen anderen Staaten die Zeit kommt, dass Europa [von Russland] eingeschüchtert wird, werden wir zufrieden sagen können, dass wir gewarnt haben. Wir werden uns für anständig halten können. Nur: Die Sicherheit Polens wird von realen, auf gemeinsame Interessen gebauten Bündnissen gewährleistet, und nicht von moralischen Argumenten." (13.08.2008) +++
Wednesday, August 13, 2008
PRESSE: Europäische Presseschau vom 13/08/2008 (euro|topics)
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