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Andro Wekuas Werk ist durchzogen von einer Form instrumentalisierter Fiktion. Eine spannungsreiche Stimmung bestimmt den künstlerischen Ort der Ausstellung. Die zahlreichen Mysterien sind Kalkül. Wir begegnen „Namenlosen Strassen“ oder „Mary“, einem Mädchen, das, offenbar als Flüchtling, in einem etwas herunter gekommenen Hotel wohnt, „wunderbar, wäre es gewesen.“ Wekua ist ein Meister der Andeutung, der feinen Geste. Seine narrativen Strukturen sind zielgenau und dennoch erstaunlich offen. Es werden Geschichten angedeutet, die im Kopf des Betrachters fertig erzählt werden, die Fantasie des Künstlers aufnehmend.
Einst in Georgien geboren und schon seit langem in Deutschland und der Schweiz lebend, ist Wekua gleichermassen mit der Lebensrealität hier, in der früheren Sowjetunion und im heutigen Georgien vertraut. Das sowjetische Georgien seiner Kindheit bleibt allerdings unerreichbar und begründet eine Art künstlerischen Mythos. Die Heimatstadt Sochumi, einst Feriendestination sowjetischer Funktionäre, malerischer Küstenort mit Zitronenbäumen, ist heute Sperrzone und bleibt auch daher ein Reservoir der Erinnerung: Das Haus der Grossmutter, das Schwarze Meer, politische Wirren, der Pingpong-Tisch hinter dem Haus, das monumentale Frachtschiff am Quai. Aus diesen Fragmenten konstituiert Wekua atmosphärische Bilder. Auf einer Zeichnung steht in krakeliger Schrift „I see“, ein bisschen weiter unten folgt der Zusatz „Black see“. Im Blindflug durchstreifen wir eine geografische und biografische Fiktion, die dem Künstler selbst bisweilen sehr nahe kommt. Geschickt siedelt Wekua seine gezeichneten, collagierten oder gefilmten Bilder im No man’s Land an – zwischen Westen und Osten, Ästhetik und Improvisation, Zuversicht und Trauer. Er konstituiert eigene, bildhafte Drehbücher, die mit seiner Vergangenheit spielen und diese gleichwohl zur Fiktion stilisieren.
Die Kunst von Andro Wekua ist auf sehr direkte Art und Weise „künstlerisch“ (jedoch nicht akademisch). Er begründet eine Form von Realität, die es ausserhalb dieses bestimmten Kontextes nicht gibt. Zu Hilfe kommen ihm dabei sowohl seine bildnerische Fantasie, als auch seine Gabe, auf visueller Ebene Fragilität zu konstituieren.“
Gianni Jetzer, Flash Art, No. 241, March 2005
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