(info.arte.tv) Ans vergessene Erinnern - Patrick Chauvel
Im Jahr 1994 antwortet der damalige russische Präsident Boris Jelzin mit einer Militär-Offensive auf die Revolte der Tschetschenen und ihren Wunsch nach Unabhängigkeit von der Russischen Föderation. Anhand seiner Fotos von damals erzählt Chauvel über diesen Krieg, seine Begegnungen mit den harten tschetschenischen Kämpfern, den jungen unerfahrenen russischen Soldaten, den Menschen in Grosny und auch mit seiner Kollegin, der Kriegsfotografin Heidi Bradner...
Die Schlacht um Grosny
Im Jahr 1994 antwortet der damalige russische Präsident Boris Jelzin mit einer Militär-Offensive auf die Revolte der Tschetschenen und ihren Wunsch nach Unabhängigkeit von der Russischen Föderation. Der Widerstand der tschetschenischen Kämpfer aber überrascht die russischen Soldaten, es gelingt ihnen nicht, den Aufstand schnell niederzuschlagen. Der Kriegsfotograf Patrick Chauvel ist in Grosny, als der Konflikt ausbricht und wird Zeuge der ungeheuren Grausamkeit mit der die Gegner sich gegenseitig massakrieren. Anhand seiner Fotos von damals erzählt Chauvel über diesen Krieg, seine Begegnungen mit den harten tschetschenischen Kämpfern, den jungen unerfahrenen russischen Soldaten, den Menschen in Grosny und auch mit seiner Kollegin, der Kriegsfotografin Heidi Bradner…
Von Patrick Chauvel, Louis-Pascal Couvelaire und Ophélie Lerouge – ARTE GEIE / Actarus Films – Frankreich 2014
patrick-chauvel.com
Sunday, September 14, 2014
REPORTAGE: Ans vergessene Erinnern - Patrick Chauvel (info.arte.tv)
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CONCERT: Nino Katamadze & Insight Red Line Live 2010
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Friday, September 12, 2014
BEITRAG: Aram Chatschaturjan - zwischen Propaganda und Ehrlichkeit. Von Marika Lapauri-Burk
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MUSIK: Lisa Batiashvili: "Ich fühle mich verantwortlich für Georgien". Von Verena Fischer-Zernin (abendblatt.de)
(abendblatt.de) Die aus Georgien stammende Geigerin Lisa ist "Artist in Residence" beim NDR Sinfonieorchester. Ein Gespräch über Musik und die Lage in der Ukraine. Ihre Jugendjahre hat sie in Wellingsbüttel verbracht.
Hamburg. So geht das moderne Künstlerleben: Lisa Batiashvili kommt gerade vom Flughafen und muss gleich wieder los. In den Vormittag dazwischen passen gerade eine Pressekonferenz, ein paar Fotos und Interviews. Aber wenn man der weltweit gefeierten Geigerin dann gegenübersitzt, ist sie die Ruhe und Aufmerksamkeit in Person. Von Müdigkeit keine Spur, stattdessen antwortet Batiashvili so spontan und ungekünstelt, wie auch ihr Geigenspiel wirkt.
In dieser Saison ist Lisa Batiashvili, geboren 1979 in Georgiens Hauptstadt Tiflis, Artist in Residence beim NDR Sinfonieorchester. Und das nicht einfach nur deshalb, weil sie so toll spielt. Das sowieso. Sondern wegen der berühmten Chemie. Die hat bei dem gemeinsamen Beethoven-Violinkonzert vor zwei Jahren, am Pult stand Thomas Hengelbrock, bei allem Respekt vor den stilistischen Unterschieden eine unvergessliche Dichte und Innigkeit entstehen lassen. Los geht Batiashvilis Konzertreigen am 18. September mit Brahms' Violinkonzert; außerdem steht Dvoráks Sinfonie "Aus der Neuen Welt" auf dem Programm. Wer diese Kombination jetzt für bieder hält, der sollte sich schleunigst von den Künstlern belehren lassen: Es kommt immer drauf an, wie man etwas macht.
Batiashvili ist 1991 mit ihren Eltern aus Georgien emigriert, kurz bevor dort der Bürgerkrieg ausbrach. Heute lebt sie mit ihrem Mann, dem Oboisten François Leleux, und zwei Kindern in München. Ganz nebenbei ist ihre Residenz auch ein Heimkehren für sie – denn ihre Jugendjahre hat die berühmte Geigerin in Wellingsbüttel verbracht.
Hamburger Abendblatt: Frau Batiashvili, was ist Ihr Lieblingsort in Hamburg?
Lisa Batiashvili: (lacht) Das ist jetzt nicht sehr originell: der Jungfernstieg! Das Wasser, das ist es, glaube ich. Ich liebe diese Weite, die Eleganz. Der Umzug hierher war der wichtigste Moment meines Lebens! Ich bin immer so glücklich, nach Hamburg zu kommen. Ich habe auch wunderbare Erinnerungen an die Hamburger Musikhochschule.
Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem damaligen Lehrer Mark Lubotsky?
Batiashvili: Natürlich! Er ist ein guter Freund meines Vaters. Ich war nur bei ihm, bis ich 14 war. Das war russische Schule, die ist fantastisch. Er hat einen ganz direkten Zugang zum russischen Repertoire.
Studiert haben Sie, wie viele Ihrer Solistenkolleginnen, bei Ana Chumachenco in München.
Batiashvili: Ja, sie hat mich stilistisch geprägt. Sie kann Persönlichkeiten erkennen. Sie will die Menschen fördern, so wie sie sind. Ich spiele ihr ein- bis zweimal im Jahr etwas vor und lerne immer noch. Sie bleibt eine meiner wichtigsten Bezugspersonen.
Sie sind diese Saison nicht nur beim NDR Sinfonieorchester Residenzkünstlerin, sondern auch beim New York Philharmonic Orchestra. Warum müssen es denn gleich zwei Orchester sein?
Batiashvili: Die beiden Orchester haben ganz verschiedene Traditionen. Die New Yorker sind für ein ganz bestimmtes Repertoire fantastisch, für Bartók zum Beispiel. An das Orchester bindet mich die Zusammenarbeit mit Alan Gilbert, der ist auch europäisch geprägt. Die Musiker brauchen das, denn die amerikanische Spielart ist sehr anders.
Was ist so anders daran?
Batiashvili: Sie sind sehr präzise und effizient. Und sie haben eine andere Klangqualität, eine spezifische Brillanz. Gott sei Dank haben sie trotz der Globalisierung ihren Klang behalten.
Und was finden Sie in Hamburg vor?
Batiashvili: Das Orchester und ich kennen uns schon mehr als zehn Jahre. Aber wenn Thomas Hengelbrock mit ihm arbeitet, geschieht etwas sehr Besonderes. Da geht es darum, einander zuzuhören, nicht nur einander zu folgen. Sich bewusst zu machen, warum man was tut. Das ist wie Kammermusik. Das hat mich sehr inspiriert, da mitzumachen. Ich mag Beethoven nicht mehr mit Orchestern spielen, die seine Musik eher fett und langsam spielen. Das habe ich früher oft erlebt.
Was reizt Sie denn an einer Residenz?
Batiashvili: Die Nähe zum Orchester. Ich will die Musiker besser kennenlernen. Als Solist hat man ein sehr einsames Leben! Bei der Residenz können wir Projekte realisieren, die man sonst nicht machen kann. Wir werden Kammermusik machen. Ich hatte auch Lust, selbst Programme zu gestalten.
Auf das Programm Ihres Kammerkonzerts haben Sie "Miniaturen für Violine und Streicher" von Sulkhan Tsintsadze gesetzt. Ein bei uns weithin unbekannter Name. Wer ist das?
Batiashvili: Ein georgischer Volksmusikkomponist. Es gibt eine starke Volksmusiktradition in Georgien. Die darf man nicht mit russischer Musik in einen Topf werfen. Unsere Volksmusik ist eine Kindheitserinnerung für mich! Ich habe sie vom Quartett meines Vaters gehört. Tsintsadze hat die Miniaturen meinem Vater gewidmet, und der hat sie für mich arrangiert.
Sie reisen viel, konzertieren in aller Welt, kommen Sie noch manchmal nach Georgien?
Batiashvili: Ich fühle mich verantwortlich, Georgien bekannter zu machen. Deshalb versuche ich, regelmäßig hinzufahren. In zwei Wochen bringe ich fünf Geigen hin. Ich würde meinen Kindern auch gerne einmal Abchasien zeigen, wo ich früher jedes Jahr meine Sommerferien verbracht habe, aber man kommt nicht hinein.
Südossetien und Abchasien sind seit dem Kaukasuskrieg vor sechs Jahren russisch besetzt. Wie geht es Ihnen, wenn Sie an die aktuellen Ereignisse in der Ukraine denken? Haben Sie ein Déjà-vu?
Batiashvili: Ja. Ich glaube, das geht allen Georgiern so. Die Georgier haben sich immer verteidigen müssen, auch gegen Mongolen und Perser. Als es in Südossetien losging, haben die Deutschen nicht geglaubt, dass Russland der Aggressor war. Jetzt haben wir eine identische Situation in der Ukraine. Es ist die gleiche Art, einzumarschieren unter dem Vorwand, das eigene Volk zu beschützen. Aber es gibt viel mehr Medien- und Facebook-Präsenz. Ich hoffe, dass diese neue Öffentlichkeit auch für Georgien Konsequenzen haben wird.
Residenz Lisa Batiashvili:
"Alte und Neue Welt" 18.9., 20.00, und 21.9., 11.00, Laeiszhalle. Karten zu 11,- bis 51,-
"Kammermusik mit Batiashvili" 18.11., 20.00, Rolf-Liebermann-Studio. Karten zu20,-
"La France fantastique" 4.12., 20.00, und 7.12., 11.00, Laeiszhalle. Karten zu 11,- bis 51,-
Internet: www.lisabatiashvili.com
Foto: © Anja Frers / DG |
Hamburg. So geht das moderne Künstlerleben: Lisa Batiashvili kommt gerade vom Flughafen und muss gleich wieder los. In den Vormittag dazwischen passen gerade eine Pressekonferenz, ein paar Fotos und Interviews. Aber wenn man der weltweit gefeierten Geigerin dann gegenübersitzt, ist sie die Ruhe und Aufmerksamkeit in Person. Von Müdigkeit keine Spur, stattdessen antwortet Batiashvili so spontan und ungekünstelt, wie auch ihr Geigenspiel wirkt.
In dieser Saison ist Lisa Batiashvili, geboren 1979 in Georgiens Hauptstadt Tiflis, Artist in Residence beim NDR Sinfonieorchester. Und das nicht einfach nur deshalb, weil sie so toll spielt. Das sowieso. Sondern wegen der berühmten Chemie. Die hat bei dem gemeinsamen Beethoven-Violinkonzert vor zwei Jahren, am Pult stand Thomas Hengelbrock, bei allem Respekt vor den stilistischen Unterschieden eine unvergessliche Dichte und Innigkeit entstehen lassen. Los geht Batiashvilis Konzertreigen am 18. September mit Brahms' Violinkonzert; außerdem steht Dvoráks Sinfonie "Aus der Neuen Welt" auf dem Programm. Wer diese Kombination jetzt für bieder hält, der sollte sich schleunigst von den Künstlern belehren lassen: Es kommt immer drauf an, wie man etwas macht.
Batiashvili ist 1991 mit ihren Eltern aus Georgien emigriert, kurz bevor dort der Bürgerkrieg ausbrach. Heute lebt sie mit ihrem Mann, dem Oboisten François Leleux, und zwei Kindern in München. Ganz nebenbei ist ihre Residenz auch ein Heimkehren für sie – denn ihre Jugendjahre hat die berühmte Geigerin in Wellingsbüttel verbracht.
Hamburger Abendblatt: Frau Batiashvili, was ist Ihr Lieblingsort in Hamburg?
Lisa Batiashvili: (lacht) Das ist jetzt nicht sehr originell: der Jungfernstieg! Das Wasser, das ist es, glaube ich. Ich liebe diese Weite, die Eleganz. Der Umzug hierher war der wichtigste Moment meines Lebens! Ich bin immer so glücklich, nach Hamburg zu kommen. Ich habe auch wunderbare Erinnerungen an die Hamburger Musikhochschule.
Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem damaligen Lehrer Mark Lubotsky?
Batiashvili: Natürlich! Er ist ein guter Freund meines Vaters. Ich war nur bei ihm, bis ich 14 war. Das war russische Schule, die ist fantastisch. Er hat einen ganz direkten Zugang zum russischen Repertoire.
Studiert haben Sie, wie viele Ihrer Solistenkolleginnen, bei Ana Chumachenco in München.
Batiashvili: Ja, sie hat mich stilistisch geprägt. Sie kann Persönlichkeiten erkennen. Sie will die Menschen fördern, so wie sie sind. Ich spiele ihr ein- bis zweimal im Jahr etwas vor und lerne immer noch. Sie bleibt eine meiner wichtigsten Bezugspersonen.
Sie sind diese Saison nicht nur beim NDR Sinfonieorchester Residenzkünstlerin, sondern auch beim New York Philharmonic Orchestra. Warum müssen es denn gleich zwei Orchester sein?
Batiashvili: Die beiden Orchester haben ganz verschiedene Traditionen. Die New Yorker sind für ein ganz bestimmtes Repertoire fantastisch, für Bartók zum Beispiel. An das Orchester bindet mich die Zusammenarbeit mit Alan Gilbert, der ist auch europäisch geprägt. Die Musiker brauchen das, denn die amerikanische Spielart ist sehr anders.
Was ist so anders daran?
Batiashvili: Sie sind sehr präzise und effizient. Und sie haben eine andere Klangqualität, eine spezifische Brillanz. Gott sei Dank haben sie trotz der Globalisierung ihren Klang behalten.
Und was finden Sie in Hamburg vor?
Batiashvili: Das Orchester und ich kennen uns schon mehr als zehn Jahre. Aber wenn Thomas Hengelbrock mit ihm arbeitet, geschieht etwas sehr Besonderes. Da geht es darum, einander zuzuhören, nicht nur einander zu folgen. Sich bewusst zu machen, warum man was tut. Das ist wie Kammermusik. Das hat mich sehr inspiriert, da mitzumachen. Ich mag Beethoven nicht mehr mit Orchestern spielen, die seine Musik eher fett und langsam spielen. Das habe ich früher oft erlebt.
Was reizt Sie denn an einer Residenz?
Batiashvili: Die Nähe zum Orchester. Ich will die Musiker besser kennenlernen. Als Solist hat man ein sehr einsames Leben! Bei der Residenz können wir Projekte realisieren, die man sonst nicht machen kann. Wir werden Kammermusik machen. Ich hatte auch Lust, selbst Programme zu gestalten.
Auf das Programm Ihres Kammerkonzerts haben Sie "Miniaturen für Violine und Streicher" von Sulkhan Tsintsadze gesetzt. Ein bei uns weithin unbekannter Name. Wer ist das?
Batiashvili: Ein georgischer Volksmusikkomponist. Es gibt eine starke Volksmusiktradition in Georgien. Die darf man nicht mit russischer Musik in einen Topf werfen. Unsere Volksmusik ist eine Kindheitserinnerung für mich! Ich habe sie vom Quartett meines Vaters gehört. Tsintsadze hat die Miniaturen meinem Vater gewidmet, und der hat sie für mich arrangiert.
Sie reisen viel, konzertieren in aller Welt, kommen Sie noch manchmal nach Georgien?
Batiashvili: Ich fühle mich verantwortlich, Georgien bekannter zu machen. Deshalb versuche ich, regelmäßig hinzufahren. In zwei Wochen bringe ich fünf Geigen hin. Ich würde meinen Kindern auch gerne einmal Abchasien zeigen, wo ich früher jedes Jahr meine Sommerferien verbracht habe, aber man kommt nicht hinein.
Südossetien und Abchasien sind seit dem Kaukasuskrieg vor sechs Jahren russisch besetzt. Wie geht es Ihnen, wenn Sie an die aktuellen Ereignisse in der Ukraine denken? Haben Sie ein Déjà-vu?
Batiashvili: Ja. Ich glaube, das geht allen Georgiern so. Die Georgier haben sich immer verteidigen müssen, auch gegen Mongolen und Perser. Als es in Südossetien losging, haben die Deutschen nicht geglaubt, dass Russland der Aggressor war. Jetzt haben wir eine identische Situation in der Ukraine. Es ist die gleiche Art, einzumarschieren unter dem Vorwand, das eigene Volk zu beschützen. Aber es gibt viel mehr Medien- und Facebook-Präsenz. Ich hoffe, dass diese neue Öffentlichkeit auch für Georgien Konsequenzen haben wird.
Residenz Lisa Batiashvili:
"Alte und Neue Welt" 18.9., 20.00, und 21.9., 11.00, Laeiszhalle. Karten zu 11,- bis 51,-
"Kammermusik mit Batiashvili" 18.11., 20.00, Rolf-Liebermann-Studio. Karten zu20,-
"La France fantastique" 4.12., 20.00, und 7.12., 11.00, Laeiszhalle. Karten zu 11,- bis 51,-
Internet: www.lisabatiashvili.com
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SONG: Georgischem Trio Mandili gelingt Youtube-Hit. Von Gereon Asmuth (taz.de)
(taz.de) Platonische Liebe mit Wodka
Drei junge Frauen spazieren singend durch eine grüne Landschaft. Der berührende Song erzählt von einem besonderen Liebesritual.
Dies ist eine der wunderbaren Geschichten aus den hintersten Winkeln des globalen Dorfes. Sie beginnt mit einem Video, dass gerade bei den sozialen Medien die Runde macht. Es zeigt drei junge Frauen, die singend durch eine Berglandschaft spazieren. Die erste filmt das Trio offenbar selfiemäßig mit ihrem Smartphone (das Video ist in zeitgemäßem Handyhochformat), die zweite hat ein kleines Mädchen an der Hand, die dritte spielt ein gitarrenähnliches Instrument.
Trio Mandili aus Georgien |
Letzteres stört offenbar die wenigstens, das zeigen die Klickzahlen bei youtube. Dienstagmittag stand der Zähler bei 230.000, am Mittwoch wurde bereits die 500-000-Marke erreicht. Dabei ist das Video erst seit Freitag online. Und glaubt man der youtube-Statistik, wurde es in den ersten vier Tagen im Schnitt nur ein paar hundert mal pro Tag geklickt, bevor es nun frömlich durch die Decke schießt.
Offensichtlich, soviel ist schnell klar, stammt das anrührende Lied aus Georgien. Das verrät der Google-Übersetzer, wenn man die seltsam geschwungenen Buchstaben, die das Video begleiten, dorthin kopiert. Die drei Frauen nennen sich Trio Mandili, man findet auf ihrem youtube-Kanal ein paar weitere, ebenfalls sehr herzergreifende, sehr einfache Gesangsvideos. Mal sitzen zwei der drei an einem Flussufer. Und singen. Mal sitzen die drei im Gras. Und singen. Mal werden sie in einem Park von einem Bongospieler begleitet. Und singen. All diese Videos stehen aber erst bei ein paar tausend Klicks - und auch die sind vor allem erst in den letzten beiden Tagen zusammengekommen, offenbar beflügelt durch den viralen Hit der drei.
Mehr über die Sängerinnen herauszufinden ist nicht ganz einfach. Zwar findet man die seit April bestehende facebook-Seite des Trios, auch haben sie eine eigene Webseite, aber auch dort sind vor allem noch ältere Videos von Auftritten zu finden sowie Fotos, die die drei in Trachtenkleidern zeigen - ansonsten aber nur für die meisten Mitteleuropäer unverständliche georgische Buchstaben.
Unvergleichlich und einfach
Auf einer Webseite, die über Reisen nach Georgien informiert, findet man ein paar grundsätzliche Erklärungen über die spezielle Musik-Tradition in dem kaukasischen Land. "Der georgische Gesang zählt zu den kostbarsten Schöpfungen der Menschheit. Volkslieder und georgische Choräle weisen einen hohen Grad an Harmonienkomplexität auf mit drei bis vier eigenständigen Stimmen. Die archaischen Tonfolgen sind schlicht und entfalten in der Mehrstimmigkeit eine außergewöhnliche Spannung und Intensität", heißt es dort. Vorangestellt ist dem ein Zitat des russischen Komponisten Igor Strawinski, der gesagt haben soll: „Was die Georgier singen ist wichtiger als alle Neuentdeckungen der modernen Musik. Es ist unvergleichlich und einfach. Ich habe nie etwas besseres gehört!“ Man möchte ihm da unbedingt zustimmen.
+++
Für Klickfaule und da ich nicht sicher bin, ob der Link auf Dauer funktioniert, hier noch die englische Übersetzung der russischen Übersetzung des georgischen Textes, wie man sie bei reddit findet:
“Look at the sky
The moon is aligning with the Bear’s Cross (Медведев Крест).
«Why are you looking like that with your black eyes, girl?
You are watching me.”
“I want to be your Equal today.
So that we can spend the night in an inspiring conversation.”
“Don’t try to confuse me, girl.
Отстань поими сказанное” (??)
The night sky is covered in blankets of stars.
The moon has aligned already with the Bear’s Cross
“Where are you, boy, wherever did you go.
Maybe you waited for me after all.”
The night passed in conversations
Morning approached, reach with mildew.
Dawn likes a bottle of “araki” (fruit vodka)
A bottle containing the necessary drink.
The equal brought the bottle with drink
The morning approached the noon.
The boy drank his drink with a horn
And smiled fondly
The girl presented him food and lowered her head
“Say something else”
The drink blurred his mind a little
And the Equal is sitting with him
“What dirty thoughts came to me, let the god be angry with me”
He got ashamed of himself and lost his colour
And left in the direction of Bear’s Cross on his way to Khakhmati.
Quelle: reisen.grimo.info
Neue website: Trio Mandili
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FILM: Don't Breathe. Directed by Nino Kirtadze
In Georgia a man in his 40s, Levan, is waiting in a clinic for an MRI examination. He needs to find out what’s causing the pain in his shoulder. He’s nervous. By the time he leaves the hospital he’s not the same man. His anxiety quickly spreads to his wife and well-meaning friends. The family courtyard becomes the scene of an informal advisory council, where everybody suggests magical cures and must-see specialists. Soon Levan’s savings are gone. He’s scared of losing his job, his heath and his wife, who has started to come home later and later.
But suddenly, out of nowhere – a serendipitous event occurs...
Link: medias.unifrance.org/press-kit-english.pdf
But suddenly, out of nowhere – a serendipitous event occurs...
Link: medias.unifrance.org/press-kit-english.pdf
AUSSTELLUNG: Vernissage der Fotoausstellung "12 Fenster nach Georgien" von Wolfgang Korall (wilfried-staufenbiel.de)
Die kleine Galerie mit Charakter |
(wilfried-staufenbiel.de) Fotografien aus Georgien
von Wolfgang Korall in der "Galerie im Hühnerstall"
16321 Bernau-Schönow, Schönerlinder Strasse 88
Galerist Wilfried Staufenbiel, Tel. 03338 - 768 651
Vernissage am Sonnabend, 13. September ab 17 Uhr
Mit Lesung von Bernd Max Wagner, Berlin
„Den Berliner Blinden. Gedichte und Epigramme“
Über Ihr/euer Erscheinen würden wir uns freuen.
Wolfgang Korall
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Wolfgang Korall
Thursday, September 11, 2014
FESTIVAL: Off Europa: Discover Bulgaria - Black Sea Culture - in Dresden und Leipzig (bfot.de)
(bfot.de) Leipzig + Dresden, 19. - 28. September 2014
Trailer Festival Off Europa 2014 "Discover Bulgaria" from Off Europa on Vimeo.
Rand. Und Reichtum.
Bulgarien ist seit 2007 Mitglied der Europäischen Union. Am äußerstem Rand, weit weg. Nur gelegentlich findet das Land in die Schlagzeilen mitteleuropäischer Medienwelten. Von den sozialen Protesten, die das Land regelmäßig erschüttern, erfährt man hier kaum etwas. Selbst die starken Überschwemmungen im Frühsommer waren den Medien hierzulande nur wenig Erwähnung wert. Einzig die so genannte „Armutszuwanderung“ wird dauerhaft thematisiert. Dabei handelt es sich bei den zuströmenden Hilfesuchenden überwiegend um Roma - und die damit einhergehenden Probleme lassen sich wohl nur mit und nicht gegen Bulgarien lösen.
Im Oktober des letzten Jahres verstarb der große europäische Regisseur Dimiter Gottscheff. Und mit ihm der letzte Brückenschlag zu rätselhaften sonnigen Landschaften, nach Bulgarien. Zeit, all dies neu zu entdecken.
In der bulgarischen Hauptstadt gibt es mehr Stadttheater als in der Weltstadt Berlin. Im Wesentlichen sind sie dazu da, die Menschen von den Tagesrealitäten abzulenken. Und im Normalfall funktioniert das wahrscheinlich auch. Im Schatten eines dieser im Wortsinne großen Häuser - im Gebäude eines ehemaligen Bades - findet sich das auch international beachtete „Theaterlabor Sfumato“; eine Zeit lang Symbol der Hoffnung für Aufbruch und Wandel. Die interessantesten Theaterarbeiten entstehen heute aber im Umfeld von Künstlern wie Galina Borissova, Iva Sveshtarova, Ivo Dimchev oder Willy Prager, alle mit Arbeitserfahrungen im Ausland. Und an Häusern wie dem kleinen „Red House“ oder der Galerie „fridge“, die auch und vor allem Treffpunkte, Diskursorte sind - und mit ihren geringen Mitteln und Möglichkeiten alles tun, um Künstler im Lande zu halten.
Seit 1992 in Leipzig - und seit 2008 parallel auch in Dresden - beschäftigt sich „Off Europa“ mit der weniger bekannten, manchmal ignorierten oder einfach nur noch nicht entdeckten freien Theater- und Tanzkunst insbesondere Süd-Ost-Europas. Ob in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens, in Rumänien, Georgien, Albanien oder der Türkei, stets ließen sich visionäre, charismatische Künstler oder beeindruckende Ensemblekonstellationen finden. Im Falle Bulgarien ist das nicht anders. Experimentierfreudige Tänzer, stilprägende Performer, mutige Regisseure und ambitionierte Veranstalter - an einigen wenigen Orten in Sofia und Varna sind Künstler gereift die jetzt den Weg nach Deutschland antreten. „Off Europa“ organisiert also wieder eine Art temporärer „Reichtumszuwanderung“. Mit Theater, Tanz und Performance, Filmen, Gesprächen und Musik an sieben verschiedenen Veranstaltungsorten. In beiden sächsischen Metropolen, in Leipzig und in Dresden. Wir laden Sie herzlich dazu ein.
Programm: bfot.de
offeuropa.de
twitter.com/offeuropa
facebook.com
facebook.com/offeuropa
vimeo.com/offeuropa
societaetstheater.de/OFF-EUROPA-Bulgarien
lofft.de
utconnewitz.de
Trailer Festival Off Europa 2014 "Discover Bulgaria" from Off Europa on Vimeo.
Rand. Und Reichtum.
Bulgarien ist seit 2007 Mitglied der Europäischen Union. Am äußerstem Rand, weit weg. Nur gelegentlich findet das Land in die Schlagzeilen mitteleuropäischer Medienwelten. Von den sozialen Protesten, die das Land regelmäßig erschüttern, erfährt man hier kaum etwas. Selbst die starken Überschwemmungen im Frühsommer waren den Medien hierzulande nur wenig Erwähnung wert. Einzig die so genannte „Armutszuwanderung“ wird dauerhaft thematisiert. Dabei handelt es sich bei den zuströmenden Hilfesuchenden überwiegend um Roma - und die damit einhergehenden Probleme lassen sich wohl nur mit und nicht gegen Bulgarien lösen.
Paradiese Hotel © AGITPROP Sofia |
Seit 1992 in Leipzig - und seit 2008 parallel auch in Dresden - beschäftigt sich „Off Europa“ mit der weniger bekannten, manchmal ignorierten oder einfach nur noch nicht entdeckten freien Theater- und Tanzkunst insbesondere Süd-Ost-Europas. Ob in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens, in Rumänien, Georgien, Albanien oder der Türkei, stets ließen sich visionäre, charismatische Künstler oder beeindruckende Ensemblekonstellationen finden. Im Falle Bulgarien ist das nicht anders. Experimentierfreudige Tänzer, stilprägende Performer, mutige Regisseure und ambitionierte Veranstalter - an einigen wenigen Orten in Sofia und Varna sind Künstler gereift die jetzt den Weg nach Deutschland antreten. „Off Europa“ organisiert also wieder eine Art temporärer „Reichtumszuwanderung“. Mit Theater, Tanz und Performance, Filmen, Gesprächen und Musik an sieben verschiedenen Veranstaltungsorten. In beiden sächsischen Metropolen, in Leipzig und in Dresden. Wir laden Sie herzlich dazu ein.
Programm: bfot.de
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Sunday, September 07, 2014
LITERATUR: Sechs Generationen auf den Spuren der Vergangenheit. Von Esther Schneider - Über Nino Haratischwilis dritten Roman «Das achte Leben (Für Brilka)» (srf.ch)
(srf.ch) Opulenter Familienroman, Märchen und Geschichtslektion: Mit ihrem dritten Roman «Das achte Leben (Für Brilka)» schaut Nino Haratischwili in die Vergangenheit ihres Heimatlandes Georgien. Sie erzählt am Beispiel einer Familie, wie Krieg und Diktatur das Leben von sechs Generationen prägt.
Für die Autorin Nino Haratischwili ist das umfangreiche Familienepos «Das achte Leben (Für Brilka)» eine persönliche Auseinandersetzung mit ihrem Heimatland Georgien. Nino Haratischwili ist in einer Zeit aufgewachsen, die für Georgien schwierig war. Geboren Anfang der 80er-Jahre erlebte sie ein Land, das sich von der ehemaligen Sowjetunion löste und den Weg in die Unabhängigkeit suchte.
Die Ablösung von Russland brachte viel Leid über eine Bevölkerung, die schon traumatisiert war von den Revolutionswirren, den beiden Weltkriegen und dem Terror unter Stalin. Fast jede Familie in Georgien, so die Autorin, habe im Laufe des 20. Jahrhunderts Leid und Gewalt erfahren. Das laste noch heute auf den Menschen.
Die Suche nach Antworten
Dieses Erbe beschäftigt Nino Haratischwili seit Jahren, und sie ärgert sich darüber, dass die führenden Politiker des Landes sich nicht mit der Geschichte auseinandersetzen wollten. Sie glaubt, dass ein Land nur dann die Gegenwart anpacken kann, wenn es seine Vergangenheit aufgearbeitet hat.
Nino Haratischwili tut das nun auf ihre Art mit dem 1300 Seiten starken Roman «Das achte Leben (Für Brilka)». Ein Roman, für den sie lange in den Archiven Russlands recherchiert hat und der vieles zugleich ist: ein opulenter Familien- und Gesellschaftsroman, ein Panorama des 20. Jahrhunderts und eine Landesgeschichte von Georgien.
Der Teppich als Bild für die Familiengeschichte
«Du bist ein Faden, ich bin ein Faden, zusammen ergeben wir eine kleine Verzierung, mit vielen anderen Fäden zusammen ergeben wir ein Muster.» Das Teppichmuster als Metapher für die Verstrickungen, die sich aus der Geschichte ergeben.
Dieses Bild steht am Anfang des Romans. Da stellt uns die Erzählerin Niza ihre Urgrossmutter Stasia und ihre Nichte Brilka vor. Brilka ist der jüngste Spross der Familie, gerade mal zwölfJahre alt. Brilka haut aus Georgien ab in den Westen. Sie hat genug von der Vergangenheit, die auf der Familie lastet und über die niemand redet.
Die Urgrossmutter Stasia dagegen ist sozusagen die Hüterin der Familiengeschichte. Und diese Geschichte gibt sie weiter an ihre Urenkelin Niza. Niza, die auch unter dem Familienerbe leidet, schreibt die Geschichten auf. Sie will zum einen den Geheimnissen auf den Grund gehen und das Leid, das die Familie seit Jahrzehnten heimgesucht hat, benennen. Zum anderen will sie, dass ihre Nichte Brilka diese Last nicht mehr weiterschleppen muss.
Stürmische Zeiten
Nach diesem Prolog rollt die Autorin nun die Familiengeschichte auf. Sie macht das dramaturgisch geschickt: Sie widmet acht Familienmitgliedern je ein Buch im Buch. Sie beginnt im Jahr 1900 mit Stasias Geburt. Damals war die Welt noch im Lot. Stasia wird in die Familie eines wohlhabenden Schokoladefabrikanten hineingeboren. Sie wächst wohlbehütet auf und heiratet den Oberstleutnant Jaschi. Doch dann beginnt der Erste Weltkrieg, gefolgt von der russischen Revolution. Die Familie wird auseinandergerissen.
Dieses Schicksal widerfährt später auch ihren Kindern, vor allem während des Zweiten Weltkrieges und der Zeit der Stalindiktatur. Stasias Sohn macht Karriere in der kommunistischen Partei und lebt weit weg von Georgien und seiner Familie in Moskau. Die Tochter, liiert mit einem Dissidenten, flieht in den Westen. Das tragischste Schicksal aber trifft Stasias schöne Schwester. Ein berüchtigter Geheimdienstchef missbraucht sie und macht sie gewaltsam zu seiner Geliebten und bringt dadurch Unglück über die Familie.
Der Fluch der Schokolade
Überhaupt wird die Familie immer wieder von Unglück heimgesucht. Es ist, als würde ein Fluch auf ihr Lasten. Nino Haratischwili setzt in diesem Zusammenhang ein dramaturgisches Mittel ein. Der Fluch wird ausgelöst durch ein Geheimrezept der Familie für heisse Schokolade. Diese Schokolade zieht sich als Leitmotiv durch den ganzen Roman. Nino Haratischwili wollte dem Roman, der über weite Teile politisch ist, dadurch eine märchenhafte Note geben.
Auch wenn der Roman an gewissen Stellen etwas zu pathetisch geraten ist und da und dort Kürzungen vertragen hätte, ist Nino Haratischwili eine grossartige Erzählerin. Der Roman ist eine wunderbare Lektüre für alle, die Familiengeschichten lieben und einen Blick auf ein Land werfen möchten, das lange hinter dem Eisernen Vorhang verborgen war.
Sendung: «Das achte Leben (Für Brilka)» von Nino Haratischwili
Acht Frauen, acht Schicksale: Nino Haratischwili erzählt die Geschichte einer georgischen Familie über sechs Generationen.
Um 1900 ist die Welt für die Familie eines georgischen Schokoladefabrikanten noch in Ordnung. Kinder kommen zur Welt, man lebt im Wohlstand und träumt von einer goldenen Zukunft. Doch dann wird Georgien von Kriegen und Revolutionen heimgesucht. Ein Fluch legt sich über die Familie und bringt den Nachkommen der nächsten Generationen Trennung und Leid.
Die junge Autorin Nino Haratschwili legt mit ihrem Roman «Das achte Leben (Für Brilka)» ein opulentes Epos über eine Familie vor, die in stürmischen Zeiten zu überleben versucht. Ein Gesellschaftsroman, der einen Blick hinter den eisernen Vorhang gewährt, auf das Leben in dem Land südlich des Kaukasus. Die Autorin Nino Haratischwili ist mit ihrem Roman Gast in «52 Beste Bücher».
Buchhinweis:
Nino Haratischwili: «Das achte Leben (Für Brilka).» Frankfurter Verlagsanstalt, 2014.
Für die Autorin Nino Haratischwili ist das umfangreiche Familienepos «Das achte Leben (Für Brilka)» eine persönliche Auseinandersetzung mit ihrem Heimatland Georgien. Nino Haratischwili ist in einer Zeit aufgewachsen, die für Georgien schwierig war. Geboren Anfang der 80er-Jahre erlebte sie ein Land, das sich von der ehemaligen Sowjetunion löste und den Weg in die Unabhängigkeit suchte.
Die Ablösung von Russland brachte viel Leid über eine Bevölkerung, die schon traumatisiert war von den Revolutionswirren, den beiden Weltkriegen und dem Terror unter Stalin. Fast jede Familie in Georgien, so die Autorin, habe im Laufe des 20. Jahrhunderts Leid und Gewalt erfahren. Das laste noch heute auf den Menschen.
Die Suche nach Antworten
Dieses Erbe beschäftigt Nino Haratischwili seit Jahren, und sie ärgert sich darüber, dass die führenden Politiker des Landes sich nicht mit der Geschichte auseinandersetzen wollten. Sie glaubt, dass ein Land nur dann die Gegenwart anpacken kann, wenn es seine Vergangenheit aufgearbeitet hat.
Nino Haratischwili tut das nun auf ihre Art mit dem 1300 Seiten starken Roman «Das achte Leben (Für Brilka)». Ein Roman, für den sie lange in den Archiven Russlands recherchiert hat und der vieles zugleich ist: ein opulenter Familien- und Gesellschaftsroman, ein Panorama des 20. Jahrhunderts und eine Landesgeschichte von Georgien.
Der Teppich als Bild für die Familiengeschichte
«Du bist ein Faden, ich bin ein Faden, zusammen ergeben wir eine kleine Verzierung, mit vielen anderen Fäden zusammen ergeben wir ein Muster.» Das Teppichmuster als Metapher für die Verstrickungen, die sich aus der Geschichte ergeben.
Dieses Bild steht am Anfang des Romans. Da stellt uns die Erzählerin Niza ihre Urgrossmutter Stasia und ihre Nichte Brilka vor. Brilka ist der jüngste Spross der Familie, gerade mal zwölfJahre alt. Brilka haut aus Georgien ab in den Westen. Sie hat genug von der Vergangenheit, die auf der Familie lastet und über die niemand redet.
Die Urgrossmutter Stasia dagegen ist sozusagen die Hüterin der Familiengeschichte. Und diese Geschichte gibt sie weiter an ihre Urenkelin Niza. Niza, die auch unter dem Familienerbe leidet, schreibt die Geschichten auf. Sie will zum einen den Geheimnissen auf den Grund gehen und das Leid, das die Familie seit Jahrzehnten heimgesucht hat, benennen. Zum anderen will sie, dass ihre Nichte Brilka diese Last nicht mehr weiterschleppen muss.
Stürmische Zeiten
Nach diesem Prolog rollt die Autorin nun die Familiengeschichte auf. Sie macht das dramaturgisch geschickt: Sie widmet acht Familienmitgliedern je ein Buch im Buch. Sie beginnt im Jahr 1900 mit Stasias Geburt. Damals war die Welt noch im Lot. Stasia wird in die Familie eines wohlhabenden Schokoladefabrikanten hineingeboren. Sie wächst wohlbehütet auf und heiratet den Oberstleutnant Jaschi. Doch dann beginnt der Erste Weltkrieg, gefolgt von der russischen Revolution. Die Familie wird auseinandergerissen.
Dieses Schicksal widerfährt später auch ihren Kindern, vor allem während des Zweiten Weltkrieges und der Zeit der Stalindiktatur. Stasias Sohn macht Karriere in der kommunistischen Partei und lebt weit weg von Georgien und seiner Familie in Moskau. Die Tochter, liiert mit einem Dissidenten, flieht in den Westen. Das tragischste Schicksal aber trifft Stasias schöne Schwester. Ein berüchtigter Geheimdienstchef missbraucht sie und macht sie gewaltsam zu seiner Geliebten und bringt dadurch Unglück über die Familie.
Der Fluch der Schokolade
Überhaupt wird die Familie immer wieder von Unglück heimgesucht. Es ist, als würde ein Fluch auf ihr Lasten. Nino Haratischwili setzt in diesem Zusammenhang ein dramaturgisches Mittel ein. Der Fluch wird ausgelöst durch ein Geheimrezept der Familie für heisse Schokolade. Diese Schokolade zieht sich als Leitmotiv durch den ganzen Roman. Nino Haratischwili wollte dem Roman, der über weite Teile politisch ist, dadurch eine märchenhafte Note geben.
Auch wenn der Roman an gewissen Stellen etwas zu pathetisch geraten ist und da und dort Kürzungen vertragen hätte, ist Nino Haratischwili eine grossartige Erzählerin. Der Roman ist eine wunderbare Lektüre für alle, die Familiengeschichten lieben und einen Blick auf ein Land werfen möchten, das lange hinter dem Eisernen Vorhang verborgen war.
Sendung: «Das achte Leben (Für Brilka)» von Nino Haratischwili
Acht Frauen, acht Schicksale: Nino Haratischwili erzählt die Geschichte einer georgischen Familie über sechs Generationen.
Um 1900 ist die Welt für die Familie eines georgischen Schokoladefabrikanten noch in Ordnung. Kinder kommen zur Welt, man lebt im Wohlstand und träumt von einer goldenen Zukunft. Doch dann wird Georgien von Kriegen und Revolutionen heimgesucht. Ein Fluch legt sich über die Familie und bringt den Nachkommen der nächsten Generationen Trennung und Leid.
Die junge Autorin Nino Haratschwili legt mit ihrem Roman «Das achte Leben (Für Brilka)» ein opulentes Epos über eine Familie vor, die in stürmischen Zeiten zu überleben versucht. Ein Gesellschaftsroman, der einen Blick hinter den eisernen Vorhang gewährt, auf das Leben in dem Land südlich des Kaukasus. Die Autorin Nino Haratischwili ist mit ihrem Roman Gast in «52 Beste Bücher».
Buchhinweis:
Nino Haratischwili: «Das achte Leben (Für Brilka).» Frankfurter Verlagsanstalt, 2014.
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Saturday, September 06, 2014
PHOTOESSAY Georgian Online Magazine. June-July Issue 2014
Friday, September 05, 2014
CLASSIC: Lisa Batiashvili plays Bach in Tbilisi
Watch Lisa Batiashvili perform Bach's Cantata BWV 156 from her new album "Bach", to be released on Deutsche Grammophon.
Lisa Batiashvili presents a fine selection of chamber and orchestral music, including both popular, but also newly recorded Bach pieces - among the latter is for instance the first ever recording of Bach's famous aria "Erbarme Dich, mein Gott" in a transcription for violin, oboe and orchestra on Deutsche Grammophon.
LITERATUR: Nino Haratischwili, Das achte Leben (Für Brilka). (perlentaucher.de)
(perlentaucher.de)
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2014
ISBN 9783627002084
Gebunden, 1280 Seiten, 34,00 EUR
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2014
ISBN 9783627002084
Gebunden, 1280 Seiten, 34,00 EUR
Klappentext
Georgien, 1900: Mit der Geburt Stasias, Tochter eines angesehenen Schokoladenfabrikanten, beginnt dieses berauschende Opus über sechs Generationen. Stasia wächst in der wohlhabenden Oberschicht auf und heiratet jung den Weißgardisten Simon Jaschi, der am Vorabend der Oktoberrevolution nach Petrograd versetzt wird, weit weg von seiLiteratner Frau. Als Stalin an die Macht kommt, sucht Stasia mit ihren beiden Kindern Kitty und Kostja in Tbilissi Schutz bei ihrer Schwester Christine, die bekannt ist für ihre atemberaubende Schönheit. Doch als der Geheimdienstler Lawrenti Beria auf sie aufmerksam wird, hat das fatale Folgen ..
Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.09.2014
Tilman Spreckelsen ist tief beeindruckt, wie meisterlich Nino Haratischwili auf den knapp eintausenddreihundert Seiten ihres Romans "Das achte Leben" Spannung und Kohärenz aufrechterhält. Die Autorin erzählt die Geschichte einer Familie über sechs Generationen, die im Georgien des zwanzigsten Jahrhunderts mit den Realien der Sowjetunion konfrontiert sind, an denen sie meist auf die eine oder andere Weise scheitern, fasst der Rezensent zusammen. Das familiäre Erbe, die fatalen Wiederholungen, werden durch den "Fluch der Schokolade" verkörpert, verrät Spreckelsen: nach dem Rezept des Ururgroßvaters der Erzählerin wird eine verhängnisvolle heiße Schokolade zubereitet, die zwar eine "geistige Ekstase" verheißt, aber jeden, der bisher von ihr zu probieren wagte, schnell ins Unglück gestürzt hat, erklärt der Rezensent.Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.08.2014
Dem Osten ganz nah kommt Burkhard Müller mit diesem Riesenroman von Nino Harataschwili. Dass die Autorin ihre georgische Generationen-Saga auf Deutsch schreibt, ist für Müller ein besonderer Genuss, gelingt es der Autorin doch, der Sprache eine Frische abzugewinnen, die laut Müller kein Muttersprachler erzwingen könnte, und was dazu führt, dass der Rezensent auf über 1200 Seiten keine einzige Phrase lesen muss. In der Mischung aus Eigenem und Fremdem also besteht für Müller ein Reiz des Buches. Ein weiterer liegt für den Rezensenten in der Weite des gezeichneten Tableaus, das Privates und Weltgeschichtliches vereint. 100 Jahre, vom Terror der 20er bis heute, sechs Generationen und einen Raum, der von Tbilissi über Moskau und London bis nach Berlin reicht, umfasst der große Text, erklärt Müller. Einen nennenswerten Plot entdeckt er zwar nicht, dafür jedoch eine Menge eigenwilliger Figuren, fantastische Begegnungen und eine unumschränkte Heldin: Georgien.
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