Thursday, September 27, 2012

REPORT: Georgien will einen Machtwechsel. Von Maya Razmadze

Onnik Krikorian http://oneworld.am/
Am 1. Oktober 2012 werden in Georgien die Parlaments- und im darauffolgenden Jahr die Präsidentenwahlen abgehalten. Der amtierende georgische Präsident Michail Saakashvili darf nach zwei Legislaturperioden gemäß der Verfassung nicht mehr zur Wahl antreten. Er deutete jedoch mehrfach an, dass er gerne an der Macht bleiben möchte, womöglich nach dem Putinsch’en Modell. „Ich habe nichts Besseres zu tun, als mein erbautes Land einem anderen zu überlassen“, kommentierte er ad hoc gegenüber einer georgischen Journalistin. Diese Äußerung des Präsidenten machte in den elektronischen Medien und sozialen Netzen die Runde. Die bisher fast monolithisch zusammengeschweißte Regierungspartei „Nationale Bewegung“, die über mehr als Zwei-Drittel der Parlamentssitze verfügt, bildete eine zuverlässige Stütze für den mit umfassenden Machtbefugnissen ausgestatteten Präsidenten. Der überschaubaren Anzahl parlamentarischer Oppositioneller gelang es nicht, ihre Kontrollfunktion gegenüber der Regierung wahrzunehmen. Auch die außerparlamentarische, in sich zerstrittene Opposition war nicht in der Lage, der regierenden Partei Paroli zu bieten. Diese Situation kann sich diesmal ändern. Denn es gibt in Georgien eine starke Opposition- die Koalition „Georgischer Traum“ - mit dem reichsten Mann Georgiens, Bidzina Ivanishvili an der Spitze, die die jetzige Regierungspartei herausfordert. Die vorrückenden Wahlen gelten als Test für die georgische Staatlichkeit und ihre demokratische Orientierung. Innenpolitisch sind sie mehrfach herausragend. In der mehr als 22-jährigen georgischen Unabhängigkeitsgeschichte bietet sich erstmals eine realistische Möglichkeit, die politischen Machtverhältnisse, anders als in bisherigen Szenarien, wie Demonstrationen, Protesten oder erzwungenen Rücktritten, durch freie Wahlen zu verändern. Dazu gibt es auch eine Neuigkeit. Georgien wechselt nach den Präsidentenwahlen im Jahr 2013 durch eine Verfassungsreform aus dem Jahr 2010 von einem starken Präsidialsystem hin zu einer semipräsidialen Demokratie. Der aus der stärksten Partei im Parlament gestellte Premier wird dann der Hauptrichtungsgeber der Politik sein. Einige wichtige Zuständigkeiten bleiben jedoch beim Präsidenten.

Das nüchterne Erbe der „Rosenrevolution“: vom Reformer zum Autokraten 

Nach der georgischen „Rosenrevolution“ 2003 galt der in den USA ausgebildete Jurist Saakashvili sowohl in Georgien, als auch im Westen, als pro-westlicher Reformer. Tatsächlich konnte seine Regierung in der ersten Legislaturperiode einige sichtbare Erfolge verbuchen. In der Polizei, auf der unteren und mittleren Behördenebene, sowie im Bildungssystem, vor allem bei den Abiturprüfungen, wurde die Korruption beseitigt. Durch die Verschlankung der Verwaltung verbesserten sich die behördlichen Serviceleistungen deutlich. Das Polizeiwesen erfuhr eine Reformierung. Auch im Bildungssystem wurden einige innovative Reformschritte durchgeführt.

Doch die tief verwurzelten Probleme blieben bestehen. Trotz der Vermeldung wirtschaftlich freundlicher Daten durch die georgische Regierung wuchs die soziale Kluft in der Bevölkerung deutlich. Mit der Bekämpfung der Kriminalität gingen außerdem zunehmende politische Unterdrückungen und Menschenrechtsverletzungen einher. Dazu zählen besonders Kompetenzüberschreitungen und Gewaltanwendungen durch die Polizei. Im Winter dieses Jahres starb im Polizeigebäude der ostgeorgischen Stadt Khashuri der vorgeladene 46- jährige Solomon Kimeridze unter mysteriösen Umständen. In den unabhängigen georgischen Medien sickern immer häufiger Informationen über Journalistenverfolgungen, ungeklärte Mordfälle, wie im Fall des 28-jährigen Sandro Girgvliani oder fragwürdige Verhaftungsserien wegen angeblicher Wirtschaftskriminalität durch.

Trotz der Korruptionsbekämpfung blieb die institutionalisierte Korruption und die Klientelstruktur in hohen Regierungszirkeln als immanenter Teil des Systems bestehen. In der letzten Zeit brachten die unabhängigen Medien aufsehenerregende Details über die fragwürdigen Enteignungsgeschichten ehemaliger Firmenbesitzer durch die Saakashvili Regierung. Informationen über die dubiosen wirtschaftlichen Konglomerate zwischen hochrangigen Politikern und in Russland tätigen georgischen Geschäftsleuten drangen in die Öffentlichkeit, wie nicht zuletzt in der journalistischen Investigation „Freund des Ministers“ von Studio „Monitor“ und der Zeitschrift Liberali. Eine weitere journalistische Untersuchung „Risse an den deutschen Cottages“ des Informationszentrums „Shida Kartli“ berichtete über die möglicherweise verschwenderische Verwendung deutscher Entwicklungsgelder. Laut dieses Artikels sollte der Bau von 300 Cottages für die während des georgisch-russischen Augustkrieges 2008 aus Südossetien vertriebenen georgischen Flüchtlinge durch 8 Millionen Euro deutschen Förderungsgelder finanziert werden. Der Bau dieser Cottages wurde von hohen Regierungsbeamten nahestehenden Bauunternehmen durchgeführt. Dass die gebauten Cottages, die nach der Aussage des GTZ-Projektleiters Eberhard Halbach problemlos 50 Jahre halten sollten, bereits vor dem Einzug der ersten Bewohner, Risse bekamen, lässt darauf schließen, dass die Bauwerke mit einfachsten Mitteln errichtet und ein Großteil der Summe unterschlagen wurde.

Andererseits gibt die Regierung für den Lobbyismus Unsummen aus. Daily News Online „Civil Georgia“ zufolge zahlte sie seit 2004 an die lobbyistischen Firmen und PR-Agenturen in den USA und in Europa rund 7,33 Millionen USD.

In den letzten Jahren häufen sich in Georgien die Berichte darüber, dass die Finanzbehörden Unternehmen finanziell in die Enge treiben. Ohne gesetzliche Grundlage kassieren sie von privaten Unternehmen willkürlich große Geldbeträge zur Füllung von Haushaltslöchern ab. Solche Fälle werden in den durch die Regierung kontrollierten Sendern dann offiziell als Aufdeckung von Korruption verkündet. Ein junger Mitarbeiter, Nodar, eines in Tbilisi ansässigen Unternehmens, das sich auf den Verkauf von Elektroartikeln spezialisiert hat, berichtet über diese finanziellen Schikanen durch die staatliche Finanzbehörde: „Zwei Beamte kamen in unser Geschäft. Sie zeigten ihre Ausweise und verlangten die Steuerunterlagen. Bei der Kontrolle fanden sie in unseren Geschäftsbüchern keine Verstöße, erklärten uns aber, es sei ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Firma einen bestimmten Anteil abzuführen hat. Dies sagten sie uns direkt ins Gesicht. Die Behörde stellte uns vor die Wahl, wegen der erfundenen Anschuldigungen angeblicher Steuerverstöße das Geschäft zu schließen oder die genannte Summe zu zahlen. Bei diesem Deal wollten die Beamten privat auch etwas absahnen, d. h. mein Chef sollte eine extra Summe für sie dazugeben. Unser Chef hat drei Tage lang überlegt. Schließlich beschloss er, den geforderten Betrag zu zahlen, die einmonatige Schließung des Geschäfts hätte zu höheren Verlusten geführt“. Dabei ging noch vor fünf Jahren alles sogar ganz gut, fügt er hinzu- „Ich fand nach dem Studium eine relativ ordentlich bezahlte Arbeit, ohne jegliche Protektion. Dies war in der Shevardnadze Zeit undenkbar“. Doch macht sich Nodar jetzt große Sorgen, dass der eines Tages als arbeitslos dastehen wird, falls „der Raub“ der Finanzbehörde nicht aufhört. „Das gerichtliche Vorgehen?! das kann man bei uns vergessen, es bringt nur zusätzliche Kosten. Gegen die Regierung kann keiner gewinnen. Wir hatten damals noch Glück“.

Über ähnliche Erpressungsfälle berichtete die georgische Zeitung „Kviris Palitra“. Nach Angaben der Zeitung gab es 2010 rund tausend Beschwerden seitens privater Hoheitsträger mittelständiger Unternehmen, die gegen die gezielten finanziellen Bedrängnisse durch die Finanzbehörde klagten. Nicht zuletzt sah sich die Zeitung selbst, die landesweit über die höchsten Auflagen verfügt, als Objekt politisch motivierter finanzieller Sanktionen.

Kampf um die Macht

Die einflussreiche Opposition, die von dem 56-jährigen Wirtschaftsingenieur Ivanishvili angeführt wird, macht der Saakashvili Regierung die bisher unangefochtene Vormachtstellung streitig. Ivanishvili selbst stammt aus einfachen Verhältnissen und machte sein Vermögen (laut Forbes Schätzungen 6,4 Milliarden USD) in den 1990er Jahren in Russland im Bankenwesen - „Rossoiyskiy Kredit Bank“, sowie durch Anteile an Rohmetallindustrien, Baubranche und Landwirtschaft. Ihm gelang es, innerhalb kurzer Zeit, die außerparlamentarische Opposition, vor allem die als moderat geltende georgische Republikanische Partei und die „Freien Demokraten“ in Form der politischen Koalition „Georgischer Traum“ zu vereinigen und als Konkurrenten der Regierungspartei aufzustellen. In den Wahlkampagnen konnte er immerhin mehrere tausend Anhänger mobilisieren.

Gegen die politischen Aktivitäten der Opposition geht die Regierung mit einer überdimensionalen Härte vor. Ivanishvili wurde nach seiner Verkündung, in die Politik zu gehen, die georgische Staatsbürgerschaft entzogen. Dann wurde er mit unverhältnismäßigen Geldstrafen in Höhe von rund 61 Millionen USD wegen angeblicher Wählerbestechung belastet. Die Konten der seiner Koalition gehörigen Parteien wurden eingefroren. Auch seine Wahlkampagne wurden durch Überfälle unbekannter Gruppierungen auf seine Anhänger mehrfach gestört. Nach den Angaben der Koalitionsmitglieder war es nicht möglich, seine Wahlprogramme in Georgien herauszugeben, weshalb man sie in der Türkei drucken ließ.

Der im politisch-rhetorischen Diskus ein wenig unbeholfen wirkende Ivanishvili spricht wie ein Mann aus dem Volk und diskutiert gerne mit georgischen Bauern über landwirtschaftliche Themen. Hin und wieder gibt er in Auseinandersetzung polemische Antworte mit den Medienvertretern. Wegen seiner volksnahen Persönlichkeit genießt er unter der Bevölkerung großen Respekt. Andererseits gelten politische Sympathien seiner Anhänger zu sehr seiner Person, als seiner politischen Koalition. Ivanishvili finanzierte bisher den Bau und die Restaurierung von Kirchen, Bibliotheken, der Tbiliser Oper, Museen, Unterhaltungszentren für Kinder und half anfänglich der Saakashvili Regierung beim Aufbau verschiedener Verwaltungsprojekte. Nach eigenen Angaben zahlte er einige Zeit lang sogar die Gehälter der Minister, damit sie sich nicht mehr aus öffentlichen Kassen bedienten. In ihrem Wahlprogramm setzt er verstärkt auf soziale Themen: Gesundheitswesen, Bildung, Förderung von Landwirtschaft und Wirtschaft, sowie den Erhalt der natürlichen Ressourcen und darüber hinaus, Stärkung von Selbstverwaltung und Rechtsstaatlichkeit. Doch während die einen Ivanishvili hohe moralische Ressourcen zuschreiben, halten ihm die Kritiker seine politische Unerfahrenheit. Auch die Auswahl einiger seiner politischen Gefolgsleute sorgte für eine Kontroverse. In seiner politischen Wahlliste befinden sich neben kompetenten Politikern politisch wenig erfahrene Sportler oder einige als umstritten geltende Mitglieder der ehemaligen Shevardnadze Regierung. Zudem wird kritisiert, er habe zu wenig der progressiven und gut ausgebildeten, jungen Georgier in sein Team geholt.

Der Kampf um die Macht polarisiert sich zunehmend. Bis vor kurzem als pro-westlich geltender Präsident Saakashvili schreckt nicht mehr davor zurück, die Opposition in herabwürdigende Weise anzugreifen. Sie seien „Mumien“, „Ratten“, „Zerstörer“, „Feinde des Volkes“ oder „Agenten des Kremls“. Auch Ivanishvili attackiert ihn scharf und wirft ihm eine unverantwortliche Außen-, Wirtschafts- und Innenpolitik vor. Warum er aber diese von ihm als unkompetent und unvernünftig bezeichnete Regierung mit erheblichen finanziellen Ressourcen unterstützt hat, oder so lange gebraucht hat, um zu merken, dass Saakashvili es mit dem Aufbau von Rechtstaatlichkeit nicht ernst gemeint hat, ist für viele Georgier nicht nachvollziehbar.

Dennoch sind in Georgien einige positive Veränderungen zu beobachten. Politische Debatten und eine kritische Diskussionskultur etablieren sich immer besser. Immerhin hat das Land gut ausgebildete junge Leute, die nach der Verwirklichung ihres schöpferischen Potenzials suchen und wegen der eingeschränkten Tätigkeits- und Berufschancen häufig ins Ausland gehen. Dieser Nachwuchs will Veränderungen und strebt nach der Öffnung bisher verschlossenen Aktivitätsfelder. Eins scheint den jungen Georgiern jedoch klar geworden zu sein: Die Ausgestaltung und Stabilisierung des georgischen Staates ernsthaft und mit mehr Beteiligung der Gesellschaft in die eigenen Hände nehmen zu müssen.

Appell der georgischen Studenten: „Wir wollen den Systemwechsel“

Die Veröffentlichung der schockierenden Videoaufnahmen, die die Misshandlungen und Vergewaltigungen von Gefangenen in den georgischen Gefängnissen zeigten, löste in Georgien landesweite Empörungen aus. Als Reaktion auf diese Misshandlungen protestierten mehrere tausende junge Georgier auf die Straßen gegen Folter, Gewalt und Menschenrechtverletzungen und forderten die politischen Konsequenzen, sowie die strafrechtlichen Verfolgungen aller für diese Misshandlung verantwortlichen Personen und Politiker. Der Innenminister Bacho Achalaia und ein engster Vertrauter Saakashvili ist, sowie die für die Gefängnisse verantwortliche Ministerin Khatuna Kalmakhelidze traten daraufhin zurück. Der ehemalige Ombudsman Tugushi wurde zum neuen Minister für die Gefängnisse ernannt. Er versprach sofortige Aufklärung und Unterlassung jeglichen menschenunwürdigen Handlungen gegenüber den Gefangenen. Damit ließen sich jedoch die systematischen Verfehlungen der bisher betriebenen Null-Toleranz Politik seitens Saakashvili Regierung nicht wieder gut machen. „Wir wollen die kompletten Demontage des alten Regimes, es muss einen Systemwechsel stattfinden“ - fordern die georgischen Studenten. Georgische Künstler drückten ihren Protest durch einen musikalischen Videoclip „systema unda daingres“ (das System muss zerfallen) aus. Diese Botschaft fand unter Georgiern eine breite Zustimmung.

Dass die Regierung aus diesen schockierenden Vorfällen keine aufrichtigen Konsequenzen gezogen hat, zeigen die neuen Verhaftungswellen, die das Land zur Zeit erfassen. Während der letzten fünf Tagen wurden fast 60 Aktivisten der Opposition von der Polizei wegen angeblicher administrativer Verstöße festgenommen. Auch zwei junge Georgier, Dachi Tsaguria und Beka Aladoshvilli, die die Demonstration anführten, befinden sich für 10-50 Tagen in polizeilicher Haft.

Doch die Studenten lassen sich nicht einschüchtern. „Wir treffen uns gegen 13 Uhr vor dem Universitätsgebäude. Mit dieser friedlichen Protestaktion wollen wir zeigen, dass jenes auf Gewalt gestützte System zerfallen wird“ - postet ein Student auf seinen Facebook Account. Gegen Mittag sind die Studenten schon versammelt, sie ziehen sich durch die Tbiliser Straßen und protestierten lautstark gegen Gewalt und Folter: Auf ihren Poster stehen geschrieben: „Fuck the System“, „UN against Violence“, „Misha enough of that Demagogy!!!“ “System will fall!“, „Youth against the Machine!” ”Human Right”, oder “Against Torture”. Die Protestaktion wird am Abend mit einer musikalischen Darbietung begleitet. Mitternachts verbreitete sich im sozialen Netz Facebook eine Nachricht, dass Sandro, ein Student und Mitorganisator der Studentenaktion von der Polizei festgenommen wurde. Unter Freuden und Anhängern herrscht Empörung. „Es ist zu viel!“ „Sie wollen uns das Genick brechen, doch wir haben keine Angst“. „Hoffentlich wurde Sandro nichts angetan“,- posten seine Freunde in Facebook. Es folgt die nächste Mitteilung, „Sandro wird morgen gegen 10 Uhr wegen dem angeblichen Widerstand gegen die Polizei vor Gericht gestellt“.

Gleich nach dem Eintreffen dieser Nachricht veröffentlicht ein georgischer Arzt und Publizist einen emotionalen Appell. „Liebe Freude aus meiner Generation“, - schreibt er- „Ich kann es kaum fassen, dass Saakashvili uns so eingeschüchtert hat, wir hatten doch niemals Angst gehabt, nicht vor dem KGB und nicht am 9. April, als die sowjetischen Panzer gegen uns rollten. Ich will es nicht glauben, dass wir heute so verängstigt sind und uns nicht mehr auf die Straße trauen. (…)Wir dürfen die ganzen Verhaftungen nicht mehr ruhig hinnehmen, wir sind verpflichtet neben den Studenten zu stehen“. Schnell organisiert sich übers Facebook eine Gruppe. Mehrere hundert Anhänger schlossen sich ihr an. Die Gruppe will vor dem Gerichtsgebäude protestieren.


Freilegassener Sandro nach dem Gericht
Am nächsten Tag trifft die erfreuliche Nachricht ein. Es heißt, Sandro wurde vom Gericht gegen 400 GEL Geldstrafe freigelassen“. Die Studenten setzten ihre Manifestationen am nächsten Tag fort und fordern die Einstellung der Gewalt und Beachtung der Menschenrechte und Menschenwürde. Bis zum Wahltag sollen ihre Aktionen dauern. Neben Studenten demonstrieren auch christliche Bischöfe, Künstler, Oppositionelle und einfache Bürger. Der Systemwechsel ist das gemeinsame Ziel.

Erwartungen an den Wahlen

Bei den Wahlen am 1. Oktober hat die Regierungspartei „Nationale Bewegung“ keine Chance mehr, als Sieger hervorzugehen. Sie hat kaum eine Unterstützung unter der Bevölkerung. Die Wahlfälschungen sind jedoch nicht ausgeschlossen, da in den Wahllisten bereits zahlreiche Verstöße und Unregelmäßigkeiten zu beobachten sind. Der Wahlsieger wird höchstwahrscheinlich die Opposition - Koalition „Georgischer Traum“ sein. Da die Koalition ihrerseits aus sechs Parteien besteht, wird Georgien dadurch ein pluralistisches Parlament mit verschiedenen Fraktionen bekommen. Zwar gibt es in der Öffentlichkeit einige kritische Töne gegenüber der Koalition. Es bestehen jedoch die begründeten Aussichten, dass sich Georgien stärker zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bekennt und sich in diese Richtung entwickelt. Die Ausgangssituation des Landes ist nicht einfach, denn das internationale Image Georgiens ist nach diesen schockierenden Ereignissen angetastet. Die Bewältigung der innen- und außenpolitischen Probleme wird dem Kaukasusland enorme Ressourcen und Einfallskraft abverlangen. Außenpolitisch strebt Georgien nach Integration in die europäischen Strukturen und nach dem Ausbau seiner wirtschaftlichen Beziehungen mit Europa. Zugleich will man das angespannte Verhältnis zu Russland entschärfen. Deshalb wird die Reise Georgiens in die Zukunft mit viel Herausforderungen verbunden sein. Ein Ausweg kann womöglich über eine Harmonisierung des im Volk verwurzelten kulturellen Wissens, akkumulierten Erfahrungen aus Transformationszeit und des neuen technologischen Wissenstransfers führen.

2 comments:

Rezo said...

Ziemliche einseitiger Beitrag, insofern aber auch symptomatisch für den georgischen Journalismus. Meines Erachtens eines größten Problem in Georgien, Das Fehlen unabhängiger Qualitätsmedien ist einer Hauptgründe für das existierende Demokratiedefizit.

Ralph Hälbig said...

Verstehe nicht, was Rezo meint ... Wenn Rezo schon runumschlägt, dann bitte etwas konkreter und mit ein paar Fakten, damit der Leser, der nicht eingeweiht ist, sich ein Bild davon machen kann, was Rezo meint ....