Friday, September 07, 2012

TELEPOLIS: Kriegsgefahr durch Beförderung von Axtmörder. Von Peter Mühlbauer (heise.de)

(heise.de) USA, EU und Russland zeigen sich von den Entwicklungen in Aserbaidschan und Armenien einheitlich "besorgt"

Im Februar 2004 veranstaltete die NATO in Budapest im Rahmen ihres Programms Partnerschaft für den Frieden einen Lehrgang für Offiziere aus verschiedenen Ländern, die nicht Mitglieder des Militärbündnisses sind. Allerdings berücksichtigte man bei der Veranstaltung offenbar nicht in ausreichendem Maße ethnische Unverträglichkeiten – und so kam es dazu, dass der aserbaidschanische Leutnant Ramil S. dem armenischen Offizier Gurgen M. im Schlaf mit einer Axt den Kopf abschlug, weil der angeblich vorher sein Vaterland beleidigt hatte.

Ein ungarisches Gericht verurteilte S. dafür 2006 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Aserbaidschan bemühte sich um eine Überstellung des Mörders in seine Heimat und sicherte den ungarischen Behörden zu, dass dieser dort den Rest der Strafe verbüßen würde. Doch als die Überstellung schließlich erfolge, ließ man den Soldaten nicht nur frei, sondern beförderte ihn zum Major. Außerdem feierte man ihn öffentlich als Held, schenkte ihm ein Haus und zahlte ihm acht Jahre Gehalt nach.

Armenien brach als Reaktion auf diese Entwicklung am Freitag die diplomatischen Beziehungen mit Ungarn ab. An die Adresse Aserbaidschans gerichtet, verlautbarte der armenische Präsident Sersch Sargsjan, er wolle zwar keinen Krieg, sei aber bereit, ihn zu führen (und überzeugt, ihn zu gewinnen), wenn er müsse. Die aserbaidschanischen Behörden warfen Armenien im Gegenzug vor, die Website des Präsidenten und aserbaidschanische Nachrichtenportale zu hacken und Fotos des mit der Axt ermordeten armenischen Soldaten darauf zu posten.

Vertreter Russlands, der EU und der USA zeigten sich anhand der Entwicklung einheitlich "besorgt". Zwischen Aserbaidschan und Armenien herrscht seit 1994 ein Waffenstillstand, der immer wieder von einzelnen Scharmützeln unterbrochen wird. Vorher hatte es einen mehrjährigen Krieg um das von Armeniern besiedelte Gebiet Bergkarabach gegeben, das aktuell als De-Fakto-Staat mit weitgehendem Anschluss an Armenien existiert.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew steckte in den letzten Jahren erhebliche Summen in den Militärhaushalt. Weil es nur etwa ein Drittel der Einwohner Aserbaidschans hat und nicht über Ölquellen verfügt, konnte Armenien mit dieser Hochrüstung nicht Schritt halten. Allerdings verweist die Schutzmacht Bergkarabachs auf den Motivationsvorteil, dass die Soldaten dort ihr eigenes Siedlungsgebiet quasi an der eigenen Haustür verteidigen - und nicht etwa am Hindukusch.

Peter Mühlbauer 

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Ungarn hat einen für den Mord an einem Armenier verurteilten Aserbeidschaner an sein Heimatland ausgeliefert, wo der Mörder begnadigt wurde. Der Fall wirft auch ein Schlaglicht auf den ungelösten armenisch-aserbeidschanischen Territorialkonflikt.

Die Auslieferung und Amnestierung eines verurteilten aserbaidschanischen Offiziers aus ungarischer Haft sorgt für neuen Zündstoff im ohnehin angespannten Verhältnis der Kaukasus-Staaten Armenien und Aserbaidschan.


1 comment:

Anonymous said...

Armenien wird in unseren Medien in Bezug auf den Karabakh-Konflikt mit erstaunlich viel Milde und Entgegenkommen behandelt. Sehen wir uns doch mal die häufig nicht erwähnte Seite an: Armenien ist Besatzungsmacht in Aserbaidschan und verantwortlich für 600.000 vertriebene Aseris (die Formulierung von Peter Mühlbauer: "von Armeniern besiedelte Gebiete" ist in diesem Zusammenhang ziemlich zynisch). Dass Armenien jetzt schon wieder von einem gewinnbaren Krieg redet, ist meiner Meinung nach sehr verantwortungslos und offenbar der Tatsache geschuldet, dass Russland einen Beistandspakt (offiziell Truppenstationierunsabkommen) gewährt und in diesem Herbst Manöver in Armenien stattfinden lässt. Und dann ist da noch die laut geäußerte Überlegung in Eriwan, Berg Karabakh als selbständigen Staat anzuerkennen. Weiterhin sollen syrisch-armenische Flüchtlinge dort zusätzlich angesiedelt werden. Das sind keine Schritte in Hinblick auf eine friedliche Lösung. Wohl wissend, dass es nur eine einigermaßen gerechte Lösung geben kann, und die besteht darin, Karabakh wieder in den aserbaidschanischen Herrschaftsbereich zu übergeben und mit Sicherheits- und Autonomiegarantien für die dort lebenden Armenier zu versehen!!!