(tagesschau.de) - O. Bock, ARD Moskau; Nach der Veröffentlichung von Videoaufnahmen mutmaßlicher Misshandlungen in georgischen Gefängnissen hat Innenminister Batscho Achalaja sein Rücktrittsgesuch eingereicht. Er fühle sich "moralisch und politisch verantwortlich, dass wir versagt haben, die schreckliche Praxis der Folter abzuschaffen", hieß es in einer Erklärung des Ministers auf der Internetseite des Innenministeriums. Daher habe er sich für diesen Schritt entschieden.
Der oppositionelle Sender TV9 hatte am Dienstag Videoaufnahmen gezeigt, die unter anderem einen männlichen Häftling in einem Gefängnis der Hauptstadt Tiflis zeigen, der weinend um Gnade bittet. Dann wird er offenbar mit einem Stock vergewaltigt. Ein vom Innenministerium verbreitetes Video zeigte zudem, wie ein Häftling von Wärtern brutal getreten wird. Im Zuge des Skandals trat am Mittwoch der für Haftangelegenheiten zuständige Minister des Landes zurück.
Europarat fordert Sanktionen
In der Hauptstadt Tiflis demonstrierte die Opposition gegen die Zustände in georgischen Gefängnissen. Der Europarat hatte als Reaktion auf das Video Sanktionen gefordert. Die Verantwortlichen auf allen Ebenen müssten identifiziert und bestraft werden, erklärte der Vorsitzende der Parlamentarier-Versammlung des Europarats, Jean Claude Mignon. Er sei "schockiert und bestürzt" gewesen, als er die fraglichen Aufnahmen gesehen habe, fügte der französische Konservative hinzu. Solche "grauenvollen" Taten in einem Mitgliedsland des Europarats seien unerträglich.
Mignon forderte die Regierung in Tiflis auf, den Empfehlungen des europäischen Anti-Folter-Komitees nachzukommen. In diesem Komitee, einer Einrichtung des Europarats, sind Juristen, Ärzte und Strafvollzugsexperten vertreten. Sie überprüfen die Haftbedingungen in Strafvollzugsanstalten, Polizeiwachen und geschlossenen psychiatrischen Anstalten.
Aufklärung gefordert
Bei einer Inspektionsreise im Februar 2012 hatten Mitglieder des Komitees erfahren, dass im Gefängnis von Tiflis ein Häftling an schweren Kopfverletzungen gestorben war. Die Experten forderten die georgische Regierung damals auf, diesen Fall aufzuklären und allen Beschwerden über Misshandlungen in Strafvollzugsanstalten systematisch nachzugehen. Vor allem müsse sichergestellt werden, dass die Betroffenen "sofort von einem unabhängigen Arzt" untersucht werden. Gegebenenfalls müsse dieser die Strafverfolgungsbehörden einschalten.
Wärter werden durch Polizeibeamte ersetzt
Präsident Michail Saakaschwili versprach in einer ersten Reaktion, alle Täter zur Rechenschaft zu ziehen und das Gefängnispersonal komplett auszuwechseln. "Jeder, der das geplant und ausgeführt hat, verdient die strengste Strafe", betonte er. In sämtlichen georgischen Gefängnissen würden Hunderte Wärter vorübergehend freigestellt und umgehend durch Polizeibeamte ersetzt. Die Haftanstalten des Landes hätten einen "systemischen Ausfall" erlitten, sagte Saakaschwili.
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