Südossetien begrüßt neue Verhandlungen
Artikel erschienen am 01/01/2006
Von François GREMY in Paris
Übersetzt von Werner WÜTHRICH
Eduard Kokoity, der Führer Südossetiens, hat am 12. Dezember die georgischen Behörden mit einem substantiellen Vorschlag zur Lösung des Konflikts mit Tbilissi überrascht.
Nach einem besonders gespannten Jahr zwischen Tbilissi und Zchinwali wagte Dimitri Rupel, slowenischer Außenminister und Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am 16. November vor dem Ständigen Rat nicht mehr als eine zurückhaltende Erklärung zum Konflikt mit Südossetien, indem er bekräftigte, dass es vor allem gelte, Hoffnung zu zeigen und die Fähigkeit unter Beweis zu stellen, die Region durch die beiden Parteien zu entmilitarisieren.
Der an Vorschlägen reiche Brief von Eduard Kokoity wirkt daher wie ein unerwartetes und positives Element in einem vergifteten Umfeld. Georgien klagt Russland regelmäßig an, den Friedensprozess zu torpedieren, um das Land in einem politischen Chaos zu halten. Die OSZE ihrerseits wird von allen beteiligten Seiten wegen ihrer Wirkungslosigkeit und Ohnmacht bedrängt. Und die Joint Control Commission (JCC), die aus Russen, Georgiern, Nord- und Südosseten zusammengesetzt ist und geschaffen wurde, um diesen schwierigen Konflikt zu lösen, zögert mit konkreten Maßnahmen.
Die vermehrte Beteiligung von internationalen Organisationen hat, ohne die Konstellation des Konflikts zu verbessern, zweifellos dazu beigetragen, ein mögliches örtliches Aufflammen in entscheidenden Augenblicken einzudämmen. Die Ursache des Problems blieb dabei jedoch ungelöst. Heute scheint der Präsident der abtrünnigen Republik den politischen Willen zu zeigen, auf diesem Gebiet Fortschritte machen zu wollen. Der an Russland, Georgien und die OSZE abgeschickte Brief verpflichtet ihn, zumindest auf absehbare Zeit seinen aufrichtigen Willen zu beweisen.
Vorausgesetzt, dass es nicht dabei bleibt, könnte sich dieser Schritt als bedeutend herausstellen, denn die georgischen Behörden haben die drei von Eduard Kokoity gemachten Vorschläge günstig aufgenommen, die eine Entmilitarisierung der Konfliktzone, die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Maßnahmen vorsehen, die das verschwundene beiderseitige Vertrauen wiederherstellen sollen. Nicht von ungefähr lösten diese Vorschläge ein positives Echo in Tbilissi aus, gleichen sie doch sehr den Überlegungen, die Michael Saakaschwili bei der Generalversammlung der UNO im Dezember 2004 präsentierte.
Drei Etappen und ein Schritt nach vorn
In diesem Sinn wünscht Eduard Kokoity die Bildung einer Arbeitsgruppe innerhalb der JCC vor dem 1. Februar 2006, um dieser Kommission mehr Gewicht zu verleihen. Aufgabe der Arbeitsgruppe soll es sein, den Waffenstillstand, der 1992 in Südossetien geschlossen wurde, sicherzustellen sowie andere Vorhaben zu verwirklichen. Drei Etappen sind dabei vorgesehen: die Entmilitarisierung der Konfliktzone und die Festlegung von Sicherheitsgarantien, die soziale und wirtschaftliche Sanierung der Region, die vor allem durch die Europäische Kommission und die OSZE finanziert werden soll und schließlich die politische Regelung der Beziehungen zwischen Georgien und der Republik Südossetien.
Vorgesehen sind Treffen der Verantwortlichen aus den Bereichen der Verteidigung, der Sicherheit und der Polizei unter der Schirmherrschaft der JCC, um die in der Konfliktzone durchgeführten Maßnahmen zu koordinieren, sowie Treffen zwischen Parlamentariern, Verantwortlichen von NGOs, Intellektuellen und religiösen Würdenträgern.
Der georgische Premierminister Surab Nogaideli zögerte deshalb nicht mit einer positiven Reaktion, indem er von “einem Schritt nach vorn” sprach und erwähnte, dass diese Friedensvorschläge dem eigenen Plan der georgischen Regierung zur Regelung dieses Konflikts entsprächen, der bereits seit 15 Jahren andauert. Der georgische Minister für Konfliktlösung Giorgi Chaindrawa freute sich ebenfalls über diesen Schritt.
Nicht überrascht hat die Reaktion Russlands, das diesen Friedensplan enthusiastisch aufgenommen hat, denn es gilt als sehr wahrscheinlich, dass Russland selbst als wichtigste wirtschaftliche und politische Stütze Südossetiens hinter dem Friedensangebot von Eduard Kokoity steht. Bald aber schon könnten die ersten Divergenzen zwischen Moskau und Tbilissi auftauchen, da der Kreml verlauten ließ, dass es ratsam wäre, Abchasien in diesen Friedensprozess einzubeziehen, während die georgischen Behörden sorgfältig darauf achten, die beiden Konflikte wegen ihrer Unterschiede genau voneinander zu trennen.
© CAUCAZ.COM Artikel erschienen am 01/01/2006 Von François GREMY
Monday, January 02, 2006
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