Monday, October 01, 2012

KOPF DES TAGES: Der reiche Onkel aus Tschorwila und seine Träume. Von Verena Diethelm (derstandard.at)

(derstandard.at) Bidsina Iwanischwili träumt von Demokratie in Georgien
 
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foto: reuters/gedenidze
Die Beschreibung des Erfolgsgeheimnisses des georgischen Milliardärs Bidsina Iwanischwili klingt trivial. "Er hat Firmen, die niemand brauchen konnte, für ein paar Millionen gekauft und dann für Milliarden verkauft", schreibt das Wirtschaftsmagazin Forbes. So einfach ist es also, ein Vermögen von fünf Milliarden Euro anzuhäufen und zur Nummer 153 der Reichsten der Welt aufzusteigen. 

Über Iwanischwili, der heute bei der Parlamentswahl das Machtmonopol von Präsident Michail Saakaschwili brechen will, war bis vor kurzem wenig bekannt. Die russische Presse nannte den 56-Jährigen den "geheimnisvollsten Oligarchen", da er die Öffentlichkeit mied und nie Interviews gab. Bis 2005 existierte von Iwanischwili nur ein einziges Foto. 

Wie die meisten Oligarchen legte der damalige Wirtschaftsstudent den Grundstein für sein Imperium in den Umbruchjahren der Perestroika. Während des Studiums in Moskau begann Iwanschwili mit der Hilfe alter jüdischer Bekannter aus Tiflis, die inzwischen nach Israel und in den Westen ausgewandert waren, Computer nach Russland einzuführen. Ein Computer ließ sich damals zum Preis von zwei Autos verkaufen. Innerhalb von eineinhalb Jahren hatte Iwanischwili genug Geld, um 1990 die Rossijskij Kredit Bank zu gründen. Der Sohn eines Kumpels investierte vor allem in den Bergbau, aber auch in Luxusimmobilien und die Apothekenkette Doktor Stoletow. 

Erst im Herbst 2011 ging Iwanischwili an die Öffentlichkeit. Er trennte sich von seinen russischen Beteiligungen und gründete die Oppositionspartei "Georgischer Traum - Demokratisches Georgien", die den Sturz Präsident Michail Saakaschwilis zum Ziel hat. 2003 unterstützte der Unternehmer noch die Rosenrevolution. 2008 folgte nach dem russisch-georgischen Krieg der Bruch mit "Mischa". Aus Rache wurde Iwanischwili die georgische Staatsbürgerschaft entzogen. 

In der Politik will der Kunstliebhaber, der Picassos Dora Maar mit Katze sein Eigen nennt, eigentlich nur ein, zwei Jahre bleiben. Danach will er die Zivilgesellschaft unterstützen. "Ich versuche, ein Prozent meines Geldes für mich und 99 Prozent für die Gesellschaft auszugeben", sagte Iwanischwili dem Independent. 500 Schulen, 600 Kirchen, darunter die größte des Landes, und mehr als 250 Häuser in seinem Heimatdorf Tschorwila hat der Milliardär bisher errichten lassen. Diese Großzügigkeit regt die Träume der Georgier an.

(Verena Diethelm /DER STANDARD, 1.10.2012)

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