Friday, May 31, 2013

AUSZEICHNUNG: Giwi Margwelaschwili erntet den Italo Svevo Preis 2013 (boersenblatt.net)

"Ein weiser Anarchist" - Ausgezeichnet für das Lebenswerk: Giwi Margwelaschwili

Giwi Margwelaschwili © Alexander Janetz
(boersenblatt.net) Giwi Margwelaschwilis „ästhetischer Eigensinn“ gab den Ausschlag: Mit der Auszeichnung wollen die Juroren das "literarisches Lebenswerk" des deutsch-georgischen Autors "ehren und fördern, dessen Rang sich bereits abzeichnet, dem es jedoch vorerst am breiten Zuspruch der Zeit mangelt.“

Der Italo Svevo Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und wird durch mäzenatisches Engagement ermöglicht. Preisträger der vergangenen Jahre waren Volker Harry Altwasser, Annette Pehnt und Marie-Luise Scherer.

Giwi Margwelaschwili
Deutsch war die erste Sprache des 1927 in Berlin als Sohn georgischer Emigranten geborenen Giwi Margwelaschwili. 1946 wurde er, zusammen mit seinem Vater, vom sowjetischen Geheimdienst NKWD entführt. Der Vater wurde ermordet, Giwi Margwelaschwili in Sachsenhausen interniert und dann nach Georgien verschleppt. Dort brachte er sich als Deutschlehrer durch. Und er schrieb, ungeachtet der sprachlichen und intellektuellen Isolation, deutsche Prosa, ein überbordendes Werk, das fremd wie ein Findling in der literarischen Landschaft aufragt, quer zu Moden und Zeitströmungen. Erst 1987 konnte Giwi Margwelaschwili nach Deutschland ausreisen. Heute lebt er in Tiflis und Berlin.


„Giwi Margwelaschwili ist ein weiser Anarchist, ein närrischer Philosoph, einer, der Grenzen erkennt, aber nicht anerkennt“, notierte Katja Lange-Müller. Giwi Margwelaschwilis Werke erscheinen u. a. im vom Großbrand im LK-Lager schwer betroffenen Berliner Verbrecher Verlag. Zuletzt veröffentlichte er dort die „Fluchtästhetische Novelle” (2012).

Die Preisverleihung findet am 5. Juni im Literaturhaus Hamburg statt
 
Insa Wilke hält die Laudatio
Aus Krankheitsgründen kann der Autor leider nicht anwesend sein!

PROJEKT: “Kissiskhevi” in Georgien - Bitte um Unterstützung! Von Marika Lapauri-Burk (lile.de)


Inzwischen ist das Projekt “Kissiskhevi” in Georgien, Kreis Telavi, im Dorf Kissiskhevi angelaufen. Kissiskhevi ist ein ca. 3.500 Einwohner großes historisches Dorf in einem wichtigen Weinanbaugebiet Georgiens und inmitten einer beliebten touristischen Gegend, in der die Arbeitslosigkeit  allerdings nahezu 100% beträgt und inder  die noch Anfang der 1990er Jahre funktionierende Infrastruktur komplett zusammen gebrochen ist. Das Projekt wird von Lile e.V. (Projektleiterin Marika Lapauri-Burk) geleitet und durchgeführt.Der Verein war bis heute in diesem Dorf bereits mit verschiedenen Initiativentätig.


Das Projektziel bestehtinsgesamt in der Dorfentwicklung und konkret im Wiederaufbau und derWiederbelebung des Dorfzentrums. Die Dorfmitte, in der sich heute der Schulhofbefindet, hat eine reiche Geschichte und Tradition. Dort befand  sich ein ehemaliger Adelshof, der Sitzdes königlichen Schreibers Kobulaschwili. Eine kleine Basilika und ein Turm ausdem 16. Jahrhundert sind erhalten geblieben. DasDorf Kissiskhevi  hat mit seinerGeschichte in der Region Kachetien einen besonderen Status.

Das Kulturleben in Kissiskhevi war zur Sowjetzeit in dieser Region herausragend. Das voll ausgestattete Kulturhaus führte ausgezeichnete Programme durch, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Der 600 Plätze fassende Saal war immer voll besetzt. Heute ist der gesamte Komplex verwahrlost, die Gebäude sind aber noch in einem stabilen Zustand. Die Projektautoren denken, dass eine Revitalisierung in einem so traditionsreichen Ort große Chancen hat. Im Rahmen des Projekts sollen mitaktiver Teilnahme der Bevölkerung die noch vorhandenen historischen Gebäude in der Dorfmitte konserviert und denkmalgerecht renoviert werden (im Dorf gibt es allein 63 Kulturdenkmäler). In dem erwähnten Turm wird ein Museum untergebrachtund das ganze Areal soll ein Ort für Bildungsstätten und einInformationszentrum werden. Eine wesentliche Voraussetzung ist eine aktiveTeilnahme der Bevölkerung. 

Das laufende Projekt wird von CIM aus Deutschland finanziert. Das Pilot-Projekt ist für 1 Jahr angelegt und hat das Potenzial, sich nach einer abschließenden Etappe weiter zu entwickeln.

Die Komplexität und Vielfalt der entwicklungsfähigen Einzelaspekte benötigt weitere Unterstützung.Wir wollen eine kontinuierliche Dynamik des Projektes erreichen, die es unserlaubt, die Ideen und Konzepte zu realisieren. In diesem Zusammenhang möchtengerne mit allen interessierten Menschen oder Institutionen zusammenarbeiten.Unser Ziel ist es, durch dieses Projekt ein prototypisches Modell für dieregionale Entwicklung  zu schaffen.

Bitte unterstützen Sie das Projekt mit IhrerSpende!
Alle die, die mit finanziellen,  Sachspenden oder anderer weise unterstützenmöchten, sind herzlich in Kisiskhewi eingeladen!

Bankverbindung in Georgien:Our Village 2008.
ProCredit Bank, Tbilisi Code: MIBGGE22, Account: GE25PC0273600100013440
In Deutschland:
Lile e.V. , BIC: HASPDEHHXXX IBAN: DE91200505501268125372


Für Ihre Spenden ab 25 Euro können wir eine Spendebescheinigung ausstellen. ggf. können wir gerne das Projekt vor Ort vorstellen. 

Mehr Info: 
info@lile.de oder ov_kisi@yahoo.com
(+49 171 851 3635, (00995) 593 31 6070, Marika Lapauri-Burk

EXHIBITION: “PHOTOGRAPHY IN GEORGIA” - the presentation of the book on June 6, 2013



On June 6, 2013, at 8 PM
Union PILOTS and the TBC Gallery will host
the presentation of the book


“PHOTOGRAPHY IN GEORGIA”


This publication is the first attempt of analyzing the development of Georgian Photography in the years 1955-2012. 

The book illustrates up to 2000 color and monochrome photo images from 201 photographers. These are the photo-documents that shaped the history of country’s most recent 60 years.

The book presentation will be accompanied by the photo-exhibition of unique Georgian State News Agency (Sakinformi) collections covering 

Soviet Georgia’s life from 1960s up until the “Perestroika’s” launch in 1985.

The “Sakinformi” photo-exhibition is held for the first time in Georgia.

The evening will be followed by Robi Kukhianidze’s ethnic rock

Please visit us at the following address:
7 Marjanishvili Str. TBC Bank

  

PHOTOGRAPHY: Thomas Dworzak’s Instagram Chapbooks. By Nathan Thornburgh (roadsandkingdoms.com)

(roadsandkingdoms.com) Thomas Dworzak, German-born polyglot and leading member of the louche fraternity of war photographers in the Caucasus, is not a trivial man. Yes, he’s excitable and headstrong: when I’ve shared a table with him in homes or at Pur Pur in Tbilisi or Delicatessen in Moscow, he’s always been an unfiltered kinesis of wild gestures and strong opinions blasted through clouds of smoke. But his work, from the mass graves of Chechnya to the flooded Lower Ninth Ward, could be Capa. Or Rodin: his subjects hunch and writhe like the Burghers of Calais, turned to statues in a moment of anguish. It’s powerful, permanent photography.

So why does his latest project involve, in part, curating a bunch of teenagers’ selfies on Instagram?

Photo by: Thomas Dworzak
The answer comes tomorrow night, May 31, in Tbilisi. In the same salon of the Writers House where the Georgian Writers Union received John Steinbeck and Robert Capa in 1947, Dworzak will show his latest obsession: a series of chapbooks—paperback, printed—of Instagrams he curated from a somewhat delirious range of hashtags. They aren’t available online at all; lord knows if you or I will ever actually see these things. But I talked to Dworzak this weekend about Instagram, dictators, tannings beds, his latest assignment for National Geographic, and the need to get the hell out of the Caucasus from time to time.

Roads & Kingdoms: You just got back from the North Caucasus on assignment for National Geographic. Were you Instagramming while you were out there?

Thomas Dworzak: If you are an Instagrammer, I think it’s generally considered a privilege when you’re allowed to use the National Geographic, New Yorker, Time Magazine Instagram account. [But] I didn’t want to do it in this case. I’m not against it, I’m not in favor. I’m weird about this stuff.

R&K: You’re weird about this stuff?

TD: I don’t know, I’m not super comfortable with all of it. I have an Instagram account but I only accept people I know. I don’t want to be visible with the little odd bits and pieces of my life. I don’t want to have a situation where I go somewhere, I take a picture of something and somebody says “why didn’t you call me? You were in town.” That was a classic Facebook problem but I guess Instagram will be the same. I don’t even have Facebook, so I think my problems are lacking.

R&K: It’s a little ironic, then, what you’re doing for Tbilisi Photo Festival.

TD: I’m not into social media for the social sense because it’s not something I’m used to. I’m too old, I’m not comfortable with it. But I checked it out and by checking it out I’ve come across documents of social situations that I think are very remarkable. So I started collecting Instagram screenshots.
It’s not like, oh my God, I can snoop into people’s private lives. No, I think there’s more to it, I think there’s a real sensitivity to it. As a photographer, I’m more interested in what kind of access I can get to certain things, how I am in relation to what I’m photographing. I mean, I’m a big embed fan. I love embedding, I love getting close to people and living with them, so there’s always a limit, there’s always a thing where you can’t go any further. So I was playing on that theme. That’s my Instagram exercise, if you will.

R&K: So it’s all screenshots?

TD: The way to do it is you do a screenshot of your own phone. The funny thing about Instagram as I understand it is, and there are people who are more specialized in it, is that it’s an ephemeral thing, it’s [always] moving. Something comes up and then it’s gone again, you can’t even really look for – I mean it’s very hard to look for anything. There are hashtags, but there’s billions of pictures and if they’re not hashtagged you can’t find them anymore. There’s no way of searching them. I guess Instagram itself has some sort of a picture recognition software, how they get rid of the tits and dicks. If you try uploading a breast, it will dissapear. I’ve tried it.

So I find it exciting because… I mean I can Google interesting pictures and try and find them and put something together, that’s what a photo editor does. With Instagram there’s always this feeling that if you’re too late… The first book I did was on the pope election. I just threw it together, it’s nothing, it’s unpublished and I don’t think it should be published in that sense, but so the night the pope got elected, for some fucked up reason, I don’t know why, I started hashtagging what comes up with pope. And suddenly all this insane stuff comes up. People dressing themselves up as pope, people dressing their pets up as pope, people smoking pot like crazy and taking pictures of themselves, like with pot smoke everywhere. And then I sat down, watching TV, everybody was on St Peter’s square, taking pictures of the pope on the balcony, very bad pictures from far away, and all blurry.

I don’t really know what I’m doing this book for, I haven’t figured out what to do with this stuff because obviously this is people’s pictures. It’s a bit like collecting people’s photo albums, it’s a little in that spirit, but I don’t think it should be published. For me, the whole point is a little bit in the exclusivity and in the tenderness. Everybody can go on Instagram and look at everybody’s pictures if you just spend enough time on it. So to take this and something that’s so fast and disappearing, to put it back in a physical book, and have it in a very limited edition or access. I mean you can only sit down and look at the little book, that’s it. I don’t scan it; I don’t distribute it digitally, no. I don’t want to do that.

R&K: Are you selling it, are you giving it to friends?

TD: Nothing, I just showed it to people, I don’t know… I think in a way, it’s something that has a real value as a document, it should remain, of this epoch. Whatever. I’m going to do nine books or twelve and that’s it.
R&K:How many have you done?

TD: I’ve done nine so far, I might do three more. I don’t know, I don’t think I’m going to do anymore. I spend two days on one of them. I’m collecting pictures for a month, on and off, whenever I have time or I’m bored.

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"It’s the only place where there’s actually a dialogue between a North Korean official and Western punks."

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R&K: So you did #pope, what are some of the other ones?

TD: I did #habemuspapam, that was the first one. Another one I did was [head of the Chechen Republic Ramzan] Kadyrov’s Instagram account, which I find actually interesting because early on he was doing it unprofessionally, he wasn’t trying to use it as a sort of PR tool. I came across it very early, the old account. There are two [books] that are actually political self-representation. One is Kadyrov and the other one is a kid at the North Korean embassy in Berlin who puts up official pictures. What I found interesting more than the pictures—which is sort of the crazy North Korean stuff on [Kim Jong Un], president or whatever he is—there’s the whole dialogue section which I copied a lot of, which to my knowledge is the only place where there’s actually a dialogue between a North Korean official and Western punks or something. They sort of insult each other but also ask each other very interesting questions. It’s a bizarre exchange. So the North Korean book has a lot of emphasis on the comments. The other ones I didn’t do much text. 

R&K: Which part are you doing for the Tbilisi Photo Festival? Is it the Kadyrov part, is it a collection?

TD: I didn’t do it for the photo festival. I said to them, let’s not have a [photo] exhibition. If you want something from me, why don’t we put a table and we put these books and people can look at the books? I think that’s the right way to do it.

It’s all things that are somehow related to what I’m doing in my “real work”, I’ve covered the pope before, I’ve obviously done Kadyrov, I have done North Korea. I mean David Guttenfelder is doing an amazing job on Instagram from Korea. It’s beautiful. But I’m not so interested in professional photography from North Korea. Kadyrov is the most professional because he has his personal photographer who takes pictures of him doing all this weird stuff, when he kisses an animal or something. So that’s another guy doing it, but I really like it if it’s sort of educated amateurs. Because what’s nice about this is also the aesthetics. They take decent pictures. You can look at it, it’s not totally off. 

R&K: Even the kid from the North Korean embassy?

TD: Well the kid from the North Korean embassy actually puts up stuff that is given to him. But with the North Koreans it’s really more the dialogue in that side. But there’s these weird things coming in, like there’s this one German kid who’s a fervent supporter of North Korea, constantly loves all the pictures, he’s this weird guy and posts the pictures up for himself and you just look at the guy, it’s just so funny. It’s funny to see who the people are that make ‘likes’. 

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"For a photographer, [the tanning bed] is a place you will never be able to take a picture. You don’t fit in there."

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The next book I did was the most innocent one. I don’t know how I came across it, but there’s an incredible fashion for women, especially in northern countries—you never really know where it’s from but you sort of get a feel for who they are, what their names are, etc, so mostly Russians, Ukrainians, Germans and Scandinavians—to take pictures of themselves in a solarium [tanning bed]. 

So they’re inside the thing. For a photographer, that’s a place you will never be able to take a picture because you don’t fit in there. It’s sort of a private joke, ha ha ha, you have to take it yourself; I can’t take a picture. And of course it’s just all pictures of body parts in different fluorescent lights, but if you take 100 of them, it gives you a nice scale of all the colors in the world. That’s the dumb end of the whole [project], the unpolitical part.

R&K: It does sort of flatten everything… I mean when you have this one very weird little publishing platform, it kind of flattens dumb, political, profound and everything else.

TD: The pope was hilarious for me because like every idiot who does hashtag #dope that night thinks, oh #dope, let’s also do #pope…. I don’t know, it was very funny the whole thing. 

I did another book on school trips to Auschwitz, like kids, because that’s sort of the forlorn generation, these hundreds of thousands of European school buses driving to Auschwitz every year. They’re like pictures from a school trip and then suddenly there’s this overwhelming drama of being in Auschwitz. I mean, so it’s like, I found it very tragic. There’s a few pretty sick things of course because they dress up as Hitler so whatever, but in general it’s very tragic. There’s something also, I don’t know, when you get into this, you don’t get into the closeness. 

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"[Boston] had beautiful pictures, like really moody and suddenly they got this SWAT guy sitting in their living room."

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I did one on the Boston thing because that’s sort of a classic. It has been used in the mainstream media, but it was nice. It was this whole sort of Rear Window, also because if you go to a place like Boston or the school kids that go to Auschwitz, it’s really those people who excessively use cellphone cameras, all the time, so you have an incredible choice of pictures to pick from. So Boston was amazing. Just the amount of pictures of SWAT teams through windows… And beautiful pictures, like really moody and suddenly they got this SWAT guy sitting in their living room. 

The second volume of that is all the girls who write Free Djokhar on their hands, I mean there’s like hundreds of them, hundreds of white American teenagers who think that Tsarnaev is the sex symbol of the 21st century.

R&K: When you were in the North Caucasus, were you checking out the kids and their phones and just trying to see are they using it the same way?

TD: No, not at all actually because I really wanted to sort of… I had a really funny thing, I was riding from Vladikavkaz to Grozny and there’s this kid sitting next to me and suddenly I realize he’s actually liking every single picture on Kadyrov’s Instagram account. It’s just weird; I didn’t even want to talk to him. I took a picture of him and put it up on Instagram.

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"I think the Free Djokhar thing to a big extent is really a Western teenage Stockholm Syndrome."

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I saw a girl putting up a Free Djokhar poster from a bus and then got out of the bus and was trying to catch her and she disappeared. She was like a normal, Western-looking kid. I think the Free Djokhar thing to a big extent is really a Western teenage Stockholm Syndrome or something. It’s got nothing to do with Islam or the Caucasus. The more I collected, I tried to exclude anybody who could have been from the area, my whole thing was to find people who had nothing to do with this.

R&K: So tell me how it’s going to go down at the festival, it’s literally going to be a table with these books on them?

TD: Yes, definitely the library and if someone wants to come, they can consult and they can take one and sit down. 

R&K: So there will be no digital thing?

TD: No, definitely not digital.

R&K: All just printed?

TD: All just printed.

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"I’m not happy with what’s happening [in Georgia] but it’s not like, oh my God it’s so horrible to be based here."

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R&K: Right now, what is going on in Georgia for you as a photographer? I talked with [Tbilisi Photo Festival co-director] Nestan Nijaradze a little bit about the elections and the politics of May 17th, but are you finding it a strange place to be based?

TD: Georgia is Georgia. I mean I’m not happy with what’s happening [but] for now, I’m here. I wasn’t here for the 17th, I think it’s ugly. On the other hand, it’s what people think and now it suddenly came out. It’s not like, oh my God it’s so horrible to be based here. It’s just that I’m not going to continue to deal with Georgian politics. It’s not my subject. I’m following Misha [Saakashvili] and when he’s gone he’s going to be gone. I mean I’m following on and off whenever I’m here I do something and then sometimes I make money. After him, I’m not personally interested in Georgina politics. 

R&K: But you guys are not going anywhere?

TD: No, I’m staying here [for now]. I want to go to Iran, I’m working on it. I’ve always said I want a change anyway. Every five years I have to get out of the Caucasus, I have to get out of Georgia because it’s so absorbing. I need to force myself to do something else. That was independent from the elections. So next Spring, I want to do something else.

Nathan Thornburgh is the co-founder of Roads & Kingdoms and the intrepid voice behind @roadskingdoms. He is a former editor and foreign correspondent at TIME Magazine.

CULTURE: South Caucasus Contemporary Dance & Experimental Art Festival in Tbilisi - 2nd - 9th June 2013 (dancearttbilisi.ge)

(dancearttbilisi.ge) The idea to organize the festival in Tbilisi and build an artistic platform to contribute to the development of modern dance and experimental arts emerged in 2012. The festival is initiated and organized by the Swiss Agency for Development and Cooperation and “Platform for Changes”, a Georgian non-profit organisation, which intends to strengthen the role of arts as a significant factor for social changes in the South Caucasus, to foster the dialogue and interaction between artists internationally by broadening the discourse about innovative arts and diverse presenting forms.


The festival is funded by the Swiss Agency for Development and Cooperation and Tbilisi City Hall, the Europe House is the festival partner.

There are two main directions within the festival: modern dance and experimental art. The first festival spans an eighteen months period. It will open with a program in modern dance and experimental art from the 2nd to the 9th of June. Among the participants are Georgian, Armenian, Azerbaijani, Russian, Swiss, French, Austrian and Croatian dancers, choreographers, and organizers of different modern dance festivals. In the same period a three-day festival of street-art will take place. During this festival, graffiti creators from Georgia, Armenia and Azerbaijan together with a Belgian street artist of Georgian origin, Zuka Mikaberidze, will apply graffiti to the walls of the newly opened underground crossing near the former Hippodrome.


The next event will be a conference in September 2013 held in honor of famous Georgian balletmeister and choreographer, Giorgi Alexidze, followed by different exhibitions of experimental art from the 1st to the 14th of December 2013. From the 24th to the 28th of February 2014, the festival will host screenings of documentaries about South Caucasian ballet traditions, thus honoring classical ballet as the foundation of modern dance.

The festival is initiated and organized by the Swiss Agency for Development and Cooperation and “Platform for Changes”, also funded by Tbilisi City Hall, Pro Helvetia and Austrian Embassy in Baku. Festival Sponsor: Don Giuseppe - Italian Restaurant. Festival partners: Europe House and Authorized School Nr. 6

Website: dancearttbilisi.ge
 
facebook: facebook.com/South-Caucasus-Contemporary-Dance-Experimental-Art-Festival-in-Tbilisi 
  

Program :

2nd of June, 20. 00  - Royal District Theater. Performances by Armenian, Azerbaijani and Georgian choreographers (Performance by Rima Pipoyan on Variations on Dante’s “New Life”, performance by Sabina Shiklinskaia and Samaraweerová and Kerner (www.karner-samara.artfolder.net), and performance by Mariam Alexidze V & V)

2nd of June, 22. 00  - Royal District Theater. Nino Jvania plays John Cage, Luciano Berio, Karlhainz  Stockhausen, Maka Virsaladze and Eka Chabashvili

3rd of June, 18. 00, Europe House – Debates about perspectives for development of modern dance and performance art in countries with strong ballet traditions. Disscussants are Zvonimir Dobrovic  of international curator Perforacije Festival and Queer New York  and Tokio, Georgian choreograph  Mariam Alexidze, journalist David Bukhrikidze and representatives of Ministry of Culture from  Azerbaijan and Armenia.
 
3rd of June, 20. 00,  Vera Park – Open-Air Performance by Lela Chincharauli

3-4 of June, former Hippodrome – Graffiti Festival

4th of June, 12. 00 Chabukiani State Choreographic School, Masterclass in performance technique by Tatjana Fateeva (www.tsekh.ru), for students and amateurs.

5th of June, 15. 00, Europe House – Artists and Grafiiti creators meet the artist Zuka Mikaberidze; screening of a documentary about graffiti history


9th June, 12. 00, Chabukiani State Choreographic School, Masterclass in performance technique by Tatjana Fateeva (www.tsekh.ru), for dancers of State Opera and Ballet


9th June, 15. 00, master class by Aaron Charles in house dance.

9th June, 20. 00, Royal District Theater  -  A performance of "Spider Galaxies" by Cie Gilles Jobin (Switzerland)  

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Catherine Vasenina about the importance of the festival


Festival - the best format for the re-imagining of any genre.

Festival - a meeting place, an exchange of information, a place to find dates, find inspiration, and share mutual learning. Contemporary dance - a very open, very liberal, multi-genre, and yet specific art. The cocktail of choreographic language presented at this festival has been influenced by so many factors. First of all, the willingness of a society to grasp the meaning and importance of an experiment like this, and to support it. This stimulates creative choreographers; it encourages them to find ways to develop the traditions of a local culture with an eye to the current social atmosphere.


This initiative, Tbilisi's festival, is particularly valuable due to the incredibly interesting and rich traditional culture of Armenia, Azerbaijan and Georgia, the three countries of the South caucasus. These are traditions which are too often omitted from the world of modern dance, leaving them as a rich, untapped well of inspiration and new takes on authentic material. By making contact with the traditional culture of modern dance the Caucasus has a better chance of finding itself, of discovering how to represent itself in the world of contemporary dance. And this festival is the perfect chance!

My best congratulations on the timely and very important organization of this festival!

Catherine Vasenina, dance writer for "Ballet" magazine (Moscow), author of "The Russian contemporary dance. Dialogues "(Moscow, 2005), and "Contemporary dance of post-SovietSpace" (Moscow, 2013).

Tuesday, May 28, 2013

SEMINAR: The Future of the EU as a Strategic Geopolitical Actor. - in Tbilisi

Georgian Political Science Association is pleased to invite you to its monthly seminar:

The Future of the EU as a Strategic Geopolitical Actor.

17:00, 28 May 2013

Speaker: 

Ahto Lobjakas: analyst at the Estonian Foreign Policy Institute, PhD candidate at the University of Tartu. In 2000-2010, he was Radio Free Europe/Radio Liberty's correspondent in Brussels, closely covering the EU's and NATO's relations with FSU countries (as well as Afghanistan).

Abstract: The presentation will focus on the impact of the crisis on EU foreign-policy making, as well as the "balance of power" within the Union, as exemplified by the Cyprus crisis, which was treated as a purely euro-zone matter despite the potentially massive geo-strategic issues at stake. Author argues that, the EU's foreign and security policy has unraveled at this point, its only functioning structures the knee-jerk actions of the European Commission and the EEAS. Without political leadership, which will only return with a new basic EU treaty, the EU's relationships with other world powers and neighboring states will devolve to member state level.


Venue: Georgian Foundation for Strategic and International Studies (GFSIS), 3a Chitadze str. Tbilisi. Georgia

This event is free and open to the public
Seminar will be held in English





euro|topics - Ahto Lobjakas

Monday, May 27, 2013

VIDEO: 360° - Geo Reportage: Georgien, die Wiege des Weins (youtube.com)


Georgien galt zu Sowjetzeiten als der Weinkeller der UdSSR. Auch nach dem Zusammenbruch des Riesenreiches blieb Wein eines der wichtigsten Exportgüter des Landes. Erst seit Russland ein Embargo verhängt hat, ist der Export dramatisch eingebrochen, und Georgien sucht nach neuen Absatzmärkten. Denn der Weinanbau im Kaukasus läuft nach wie vor auf Hochtouren, wird Jahr für Jahr sogar effektiver. Kleinbauern, freie Kooperativen und Weingüter nach westlichem Vorbild wetteifern um Ertrag und Qualität. "360°- Geo Reportage" zeigt eine Weinregion im Wandel, zerrissen zwischen einer Jahrtausende alten Tradition, dem sowjetischen Erbe und den Anforderungen des modernen Marktes.

Wer sich in Georgien begrüßt, fragt nicht: "Wie geht es dir?", sondern "Wie geht es Deinem Weinstock?" Wein ist hier heilig. Experten gehen sogar davon aus, dass Georgien eines der Ursprungsländer für den Weinanbau ist; seit Jahrtausenden werden die Reben unter idealen klimatischen und geologischen Bedingungen gezüchtet. Zu Sowjetzeiten belieferte das Land die gesamte UdSSR mit dem traditionell süßen Wein. Etwa 85 Prozent der Produktion wurden exportiert. Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems war Russland noch immer der größte Abnehmer; seit es jedoch starke Konflikte zwischen beiden Ländern gibt und Moskau ein Embargo verhängt hat, leidet Georgien unter einem Absatzproblem. Denn der Wein wird weiter angebaut und gelesen.

Um weltmarktfähig zu werden und neue Kunden zu gewinnen, suchen die georgischen Winzer nach Strategien, um ihre Ware international zu vermarkten. Einer von ihnen ist Dato Maïsouradzé. Zusammen mit anderen Winzern versucht er, den georgischen Wein unter einer Qualitätsmarke zu etablieren. Kein leichtes Unterfangen, denn bisher unterlag die Produktion eher dem Prinzip Masse statt Klasse. Hinzu kommt, dass nach den Jahren der kommunistischen Planwirtschaft jeder Weinbauer allein auf seiner Parzelle wirtschaftete.

Kooperativen assoziieren diese Menschen immer noch mit gefürchteter Vormundschaft und staatlicher Kontrolle. Dennoch will Dato Maïsouradzé die Bauern für sich gewinnen und ihre Kräfte gewinnbringend bündeln. Ihre Anstrengungen tragen nun erste Früchte: Wird die Zukunft des georgischen Weins etwa in China liegen?

LESEPROBE: Abchazja. Von Wojciech Gorecki (ostpol.de)


(ostpol.de) Der polnische Schriftsteller und Journalist Wojciech Gorecki war zwanzig Jahre lang im Kaukasus unterwegs. „Abchazja“ ist der letzte Band seiner Kaukasus-Trilogie. ostpol bringt eine exklusive Leseprobe auf Deutsch.

http://www.ostpol.de/img/ostpol/articles/thumb/full/Abchazja_1995_Okolice_Aczandary.JPG
Viele abchasische Heiligtümer befinden sich in den Bergen.  Das wichtigste ist das "Haus des Donners" und verbirgt sich in diesem Gebirgszug in der Nähe des Dorfs Atschandara. / Wojciech Gorecki
Ich beginne alle meine Gespräche mit der Politik. Meine Doktorarbeit handelt von der Gegenwart, die Zeitungen wollen aktuelle Texte. Mehr jedoch interessiert mich das Abchasiertum (wie auch das Georgiertum, das Armeniertum, das Aserbaidschanertum und das Kaukasiertum allgemein). Der schwer zu fassende Geist einer Nation. Wenn die aktuellen Themen ausgeschöpft sind, frage ich meine Gesprächspartner nach ihren Vorfahren: Woher kommen ihre Eltern? Was haben die Großeltern gemacht? Wer waren die Urgroßeltern? Im Kaukasus sind das natürliche Fragen, die auf der Hand liegen. Die Antworten verraten die Denkensart, das Wertesystem. Die Mentalität.

Lakoba nicht danach zu fragen wäre unverzeihlich gewesen. Politiker ist er zwangsläufig geworden, wie Woronow und Ardsinba. Wie so viele in diesen irren Zeiten. Aber die Wissenschaft hat er nicht aufgegeben – er schreibt, publiziert, lehrt. Und er ist ein Verwandter von Nestor Lakoba, dem legendären kommunistischen Führer Abchasiens aus den zwanziger und dreißiger Jahren. 

Ich frage ihn, wie die Abchasier ohne gemeinsame Religion überdauern konnten. Denn die Georgier verbündeten sich rund um einen Patriarchen, die Armenier um einen Katholikos, und die Tschetschenen und Dagestaner wurden im Krieg gegen das zaristische Russland von Imam Schamil angeführt. Er antwortet, obwohl achtzig Prozent der Abchasier sich zum Christentum und zwanzig Prozent zum Islam bekennen, seien die ganzen hundert Prozent Anhänger des traditionellen Heidentums. 

Orte, an denen eine andere Physik herrscht


Ein wenig weiß ich über diese Religion. Ihre Kathedralen sind sieben Swiatilischtsche, heilige Orte, die einfach „Heiligtum“ genannt werden. Der wichtigste heißt Dydrypsch-Nycha. Haus des Donners. Er befindet sich in der Wildnis, nicht weit von Atschandara. Seit Generationen kümmert sich das Bauerngeschlecht der Tschitschba um ihn. Im Unterschied zu den Hausheiligtümern, die sich mit Kapellen vergleichen lassen, werden die Großen Sieben von allen Abchasiern verehrt. Aber es gibt auch noch mittelgroße, lokale, nur in einem bestimmten Landkreis oder sogar in einem bestimmten Dorf von einem Kult umgebene Swiatilischtsche. Manche sind berühmt dafür, dass eine große Kraft von ihnen ausgehe.

„An solche Orte sollte man nur gehen, wenn es notwendig ist“, sagt Lakoba. „Und auch dann nur mit einem Priester. Nie allein. Die Swiatilischtsche sind wie Bermudadreiecke. Dort herrscht eine andere Physik. Ich erzähl dir was.

Ich war einundzwanzig, vielleicht zweiundzwanzig Jahre alt, Student und fasziniert von Mythologie und Archäologie. In den Ferien machte ich mich auf zu einer Bergkette am Bsyp. Dort befindet sich ein Ort, an dem die Abchasier dem bösen Berggeist Ehre erwiesen, und diesen Ort wollte ich sehen. Unterwegs machte ich bei Hirten halt, entfernten Verwandten von mir. Ich dachte, sie würden mir den Weg zeigen, aber sie weigerten sich. Sie hatten Angst um mich. Und der Swiatilischtsche war etwas so Heiliges für sie, dass es in ihren Augen ein Sakrileg gewesen wäre, ihn im Gespräch zu erwähnen – ganz zu schweigen davon, mit dem Finger auf ihn zu zeigen. Ich musste ihn also auf eigene Faust suchen. Einen Monat lang stieg ich jeden Morgen auf den Berg Napra und kehrte jedes Mal erfolglos zurück. Wären da nicht die Arbeiten des russischen Botanikers Nikolai Albow gewesen, der den Ort gegen Ende des 19. Jahrhunderts beschrieben hatte, hätte ich geglaubt, es gäbe ihn nicht und hätte ihn nie gegeben. 


Die Worte sind umgestellt, damit die Geister sie nicht verstehen


Schließlich gelang es mir. Auf der Höhe von 2.300 Metern – ich hätte schwören können, dass ich dort schon gewesen war – stieß ich auf eine Azanguara, ein steinern umzäuntes Viehgehege. Den örtlichen Mythen zufolge waren diese Gehege ein Werk der Zwerge, die in Abchasien lebten, bevor die Menschen dorthin kamen. Die Zwerge lebten in Häusern aus Farnblättern, versteckten sich in dem Schatten, den der Bart einer Ziege warf, und züchteten Vieh. 

Ich kannte Abchasier, die fest daran glaubten. In ihren Dörfern waren sie vernünftige Leute, aber wenn sie in die Berge gingen, verwandelten sie sich in Hinterwäldler und redeten ein besonderes Abchasisch, 'Waldabchasisch', bei dem die Reihenfolge der Wörter umgestellt wurde, damit die Geister der Umgebung sie nicht verstanden. 


Die Azanguara war von eine dicken Schicht Weihgaben bedeckt: Münzen, Perlen, Kreuzen und kleinen, mit Bildern von Sonne, Mond und Sternen verzierten Hörnerspitzen. Sie sahen persisch aus, stammten vielleicht aus dem 11. bis 15. Jahrhundert. Ich steckte ungefähr hundert davon in meinen Rucksack. Zwar wusste ich, dass man an solchen Orten nichts berühren sollte, aber die Archäologie ist eine Art Krankheit. Es juckt einen immer in den Fingern, irgendetwas mitzunehmen. 

Als ich herunterkam, wussten die Hirten es schon. 'Du hast ihn gefunden', stellten sie zur Begrüßung fest. Es hatte plötzlich gehagelt (als ich im Swiatilischtsche gewesen war, war für einen Moment das Wetter umgeschlagen) und ein alter Mann aus einem nahen Dorf, er hieß Maadan Barcyc, hatte ihnen gesagt: 'Stanislaw hat den Ort gefunden.'

Zurück in Suchumi wurde ich sehr krank und niemand konnte sagen, was mir fehlte. Meine Werte waren alle gut, aber ich konnte weder Hand noch Fuß bewegen. Eines Tages kamen Jura Woronow und unser Freund Wowa Lewintas mich besuchen. Ich erzählte ihnen von der Azanguara. 

Sie wollten sie unbedingt auch sehen, und als es mir etwas besser ging, machten wir uns zu dritt auf den Weg. Ich nahm die Hörnerspitzen mit und legte sie still und heimlich – denn ich hatte Angst, sie würden mich auslachen – an ihren Ort zurück. Auf dem Weg nach unten meinte Jura, diese Swiatilischtsche seien dummes Zeug und Aberglauben, wer hätte so etwas schon gehört, und das im 20. Jahrhundert. Im selben Augenblick – und wir gingen alle nebeneinander – warf eine unbekannte Kraft ihn in die Höhe und schleuderte ihn zu Boden. Er war ganz zerschunden und seine nagelneue amerikanische Jeans – das Objekt unserer Begierde – hing in Fetzen an ihm herunter.
Danach war ich wieder gesund.“ 

[…]

Die Kinder werden von Geburt an mit schönen Dingen umgeben


Lawriks Mutter hat uns königlich bewirtet. Es gab Mamalyga mit Erbsen, Käse, eine pikante Sauce zum Eintunken des Brotes, viel Wein und Tschatscha.

Zu viel. Jetzt kann ich nicht schlafen.


Der Mond beleuchtet das Gehöft – den Holzschuppen, die Apazcha – das aus Weidenzweigen geflochtene Haus – und die Grabhügel der Vorfahren. Lawriks Vater ist 55 geworden, auf dem Grabbild trägt er Uniform. Die Cousins haben auch kein hohes Alter erreicht. Richtig, Lawrik erwähnte etwas von einem Familienfluch. Aber mehr ließ er sich nicht entlocken. Nur, dass es für die Abchasier schlimmer als der Tod selbst sei, wenn ein Verstorbener nicht beerdigt werde. Deshalb gaben sie den Georgiern im Krieg auch für eine Leiche bis zu zehn Kriegsgefangene zurück. 

Das schwarze Bullenkalb hat warme Hörner. Überhaupt ist es warm, obwohl das hier die Berge sind und eine Nacht mitten im Dezember. Drei Kühe schlafen bei der Hecke. Ein Büffelschädel, auf einen Pfahl gespießt, beobachtet die Umgebung. Wie durch ein Wunder quietscht die Pforte nicht. Die Oberflächenstruktur des Weges ist deutlicher sichtbar als am Tag. Bei der Mühle geht ein schmaler Pfad ab und führt bergauf. Hinter den letzten Gehöften ist eine Lichtung, auf ihr ein umgestürzter Baum. Dort kann man sich setzen.

Ich habe mir die von Lakoba herausgegebene Istorija Abchazii [Geschichte Abchasiens] mitgenommen. Auf solche Ideen kommt man nur in angetrunkenem Zustand. Im Mondlicht lese ich, dass die Kinder hier von Geburt an mit schönen Gegenständen umgeben werden, auch in Bauernfamilien (in Abchasien stehen die Ahnenreihen der Bauern denen der Fürsten in nichts nach). Ich markiere mir die Stelle und gehe zum Haus zurück. 

~~

Der Schauspieler Lawrik Achba beschreibt einen Kreis in der Luft: „Auf der einen Seite ist das Meer, auf der zweiten die Berge, auf der dritten die Georgier und auf der vierten die Russen. Wohin, zum Teufel, sollen wir denn?“

Der Kriegshafen, dem Lawrik immer noch vorsteht, ist jetzt Teil des Grenzschutzsystems geworden, das der russische Inlandsgeheimdienst geschaffen hat. Lawrik gefällt das nicht. Er sagt, wenn sie ihm auf die Zehen treten, schlägt er zurück. Geht in den Untergrund. Stellt eine Partisanentruppe auf. Er würde schießen. Ich weiß, dass er keinen Scherz macht. 


Wir schweigen. Was gäbe es auch noch groß zu reden. Es tut gut, zu schweigen, ohne Worte mit den Gläsern anzustoßen. Und auf die Matschara zu starren, die von Jassotschki herüberfließt. 
 
Lawrik hat ein Restaurant am Fluss ausgesucht, eigentlich über dem Fluss: Statt eines Gastraums gibt es hölzerne, auf Pfählen befestigte Plattformen, zwischen diesen Plattformen sind Stege, die Gäste an den anderen Tischen sieht man aber kaum, denn das Laub der Bäume auf beiden Seiten des Flusses verflicht sich und verdeckt die ganze Konstruktion, während das Rauschen des Wassers es unmöglich macht, anderen Gesprächen zu lauschen (der Kellner wird mit einem Klingelknopf gerufen). Die kaukasischen Restaurants bestehen oft in einer Reihe einzelner, geschlossener Gasträume, aber so eine Erfindung sehe ich zum ersten Mal; der, der sich das ausgedacht hat, muss einiges an Phantasie gehabt haben.

Aus dem Polnischen von Lisa Palmes

Lesung von Wojciech Gorecki
Im Rahmen der Reihe "Reportagen ohne Grenzen" liest Wojciech Gorecki am Freitag, 31. Mai, um 19:00 Uhr aus "Abchazja" in der deutsch-polnischen Buchhandlung Buchbund, Sanderstr. 8, 12047 Berlin.
Idee und Organisation: Marcin Piekoszewski, Lisa Palmes
Moderation: Joanna Czudec
Übersetzungsproben: Lisa Palmes
Lesung: Florian Ludwig


PODCAST: Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Das Forum deutschsprachiger Verleger in Tiflis. Von Mirko Schwanitz (dradio.de)

Podcast >>>

(dradio.de) Georgien kann als letzter weißer Fleck auf dem europäischen Buchmarkt gelten. Also haben sich die Kulturpolitiker in Tiflis ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Die kleine Kaukasusrepublik soll 2016 Gastland der Frankfurter Buchmesse werden.
 
Für Europas Buchbranche bislang Terra Incognita: Die georgische Hauptstadt Tiflis. (Bild: AP)
Gedränge herrschte dieser Tage auf dem Tifliser Expo-Gelände. Die georgische Buchmesse kann zwar nicht mit der Größe einer Leipziger Buchmesse mithalten, noch reicht für alle Aussteller eine Halle von der Größe eines Fußballfeldes. Doch wie in Leipzig ist es vor allem eine von den Lesern geliebte Messe. Die kommen und kaufen und sind neugierig auf die Neuerscheinungen des Jahres. Kein Stuhl ist mehr frei, als die Schriftstellerin Ana Kordsaia aus dem von ihr ins Georgische übersetzten Roman "Stadt der Diebe" von Cornelia Funke vorträgt. Besucht wurde die Messe auch von den Teilnehmern eines internationalen Verlegerforums, das gerade in Tiflis zu Ende ging und dessen Ziel Medea Metreveli so beschreibt:
Zum dritten Mal bereits habe ein solches Forum in Tiflis stattgefunden, erklärt die engagierte, im georgischen Kulturministerium für die Förderung der Literatur zuständigen Abteilungsleiterin. Es solle vor allem georgische und ausländische Verleger zusammenbringen, denn ihr kleines Land habe das ambitionierte Ziel, 2016 Gastland der Frankfurter Buchmesse zu werden. Doch sei es nicht nur darum gegangen, dafür frühzeitig Kontakte zu knüpfen, sondern auch darum, konkrete Projekte zu planen, an denen nun gemeinsam mit ausländischen Verlegern gearbeitet werden soll.

So sollen vor allem die Zahl von literarischen Übersetzungen aus dem Georgischen erhöht und Übersetzer qualifiziert werden. Ein Vorhaben, an dem das georgische Kulturministerium seit geraumer Zeit intensiv arbeitet und für das trotz angespanntem Staatshaushalt sehr viel. Geld investiert werden soll. Das ist auch zwingend notwendig, will Georgien seiner Literatur auf den hart umkämpften europäischen Buchmärkten endlich international Geltung verschaffen. Auf denen, konstatiert Joachim Unseld von der Frankfurter Verlagsanstalt, als eine der letzten noch zu entdeckenden "terra incognita"

"Für mich ist es das erste Mal, dass ich in Georgien bin. Das hat natürlich einen Grund, weil ich gerade in Leipzig einen Band mit jungen georgischen Erzählerinnen herausgebracht habe und nun natürlich wissen wollte, was es mit georgischer Literatur insgesamt auf sich hat. Und so gesehen war das ein voller Erfolg, diese zwei Tage des Forums mit internationalen und georgischen Verlegern zusammen zu sein, zu sprechen, sich kennenzulernen."

Es ist eine Sisyphos-Aufgabe, die das Land zur Umsetzung des ambitionierten Ziels zu leisten haben wird. Auch, weil das Land gerade einmal 4,5 Millionen Einwohner. Nur wenig mehr sprechen die Sprache, die auf einem eigenen Alphabet beruht und über eine sehr schöne und an Spitzenklöppelei erinnernde Schrift verfügt und die Zahl guter Übersetzer aus dieser kleinen Sprache verschwindend gering ist. Umso mehr überraschte die aus England, Frankreich, Italien, China und Deutschland angereisten Verleger die Vielfalt und Qualität der vorgestellten Programme georgischer Verlage. Das Treffen sei für ihn aber auch noch aus einem anderen Grund interessant gewesen, meint Tom Müller vom Aufbau-Verlag.

"Es war sehr spannend auch, weil ja nicht nur deutsche Verleger hier waren, sondern auch aus England, aus Frankreich, eine türkische Agentin, dass man gleichzeitig noch so einen europäischen Blick auf die Manuskripte mit bekommen konnte. Wir sind sehr vielen Autoren begegnet, haben sehr viele Texte vorgestellt bekommen."

In denen spiegeln sich längst all die Umbrüche wieder, die sich derzeit auch in der georgischen Gesellschaft vollziehen. Sie reflektieren die fünf Kriege, die das Land seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion durchleben musste und junge Autoren beginnen bisher geltende Tabus zu brechen, etwa, wenn sie über den Umgang mit Behinderten in der georgischen Gesellschaft schreiben. Gleichzeitig strahlt die georgische Verlegerszene eine Vitalität aus, der alle Anwesenden beeindruckte. Das habe sicher jeder Teilnehmer des Forums ebenso deutlich gespürt wie er selbst, meint der Verleger Joachim Unseld.

"Das Ganze ist natürlich politisch sozial ein Land im Aufbruch. Man sieht hier überall, dass etwas am Wachsen ist, dass Änderungen dort sind, die Demokratisierung ist hier doch wirklich angekommen, die Öffnung zum Ausland hin, die Internationalisierung und das sieht man bei den Verlagen sehr deutlich, das sehr große Interesse auch an internationaler Literatur und auch der Wille, ich mit uns in Verbindung zu setzen - also eine gute Kooperation denke ich."

Der Erfahrungsaustausch machte den georgischen Teilnehmern aber auch sehr deutlich, wie viel noch zu tun bleibt, um der Aufgabe eines Gastlandes des weltgrößten Buchmesse gewachsen zu sein. Mit Spannung erwartet Georgiens nun den in wenigen Tagen bevorstehenden Besuch der Chefs der Frankfurter Buchmesse.

ARTICLE: Blood and Tragedy: The Caucasus in the Literary Imagination. By Alexander Nazaryan (newyorker.com)


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(newyorker.com) At the beginning of “The Cossacks,” Leo Tolstoy’s early novel about imperial Russia’s military campaign in the Caucasus, the protagonist Olenin muses about the battles to come: “All his dreams about the future were connected with… Circassian maids, mountains, precipices, fearsome torrents and dangers.” He imagines, with predictable vigor, “killing and subduing a countless number of mountaineers.” Much less predictably, he identifies himself with the Central Asian people he is being sent to subjugate: “He was himself one of the mountaineers, helping them to defend their independence against the Russians.”
That subjugation of the Caucasus would continue for another two centuries, culminating in the two successive wars waged by Yeltsin and Putin. From somewhere within that region—it is not clear where, exactly—emerged the Tsarnaev family, immigrating (apparently) to the Boston area about a decade ago. On Monday, the two Tsarnaev brothers—Dzhokhar and Tamerlan—allegedly committed the first act of terror on American soil since 9/11.

Whether the two accused bombers had specific grievances about the plight of their native Chechnya is unclear. But as the details of their lives emerge, people will inevitably be searching for links between the two young men and the conflict-riven place they come from. It’s a conflict that started with the Cossack encroachments of the eighteenth century and continued with imperial invasions under Catherine the Great, mass deportations by Stalin, and the post-Soviet cruelties of the contemporary Kremlin.
And the Caucasus—a region loosely encompassing Armenia, Georgia, Azerbaijan, Chechnya, Dagestan, Ossetia, and Ingushetia—has always occupied a mystical place in Russian literature. It is a region of rough natural beauty but also a place of exile, where those who ran afoul of the tsar were sent to ponder their fealty to the empire. A place to conquer but also a place before which to stand in awe. If Russia has a cultural subconscious, it lies east of the Don River.
For Russian writers of the nineteenth century, being banished to the Caucasus was usually a sign that one was on the path to glory. Pushkin’s democratic poem “Ode to Liberty” earned him banishment to “the south” for the next three years, where he wrote “A Prisoner in the Caucasus.” Removed from his beloved Petersburg, he nevertheless found inspiration in this foreign land where, as the work’s dedication has it, “warlike raiders roam the hills / and a wild imagination / lies in ambush in the empty silence.”
It may be ironic that writers, like Pushkin, who badly wanted Mother Russia to catch up to her Western European neighbors could at the same time celebrate the unabashedly pre-modern ways of the mountains. There is Orientalism at work here, sure, but also something else—an anxiety about progress, a suspicion that the Caucasian way of life, with its horses, mountains, and wine, is somehow more true to the human condition.
After Pushkin died, the poet Mikhail Lermontov wrote “Death of the Poet,” in 1837, resurrecting some of the themes that Pushkin trumpeted, provoking the ire of Nicholas I, who sent him away to military service the Caucasus. This again proved auspicious: three years later, Lermontov published his greatest work, “A Hero of Our Time,” and briefly enjoyed his literary celebrity. Like his hero Pushkin, he became entangled in a duel, and was killed, in 1841.
The tale of a romantic officer, “Hero” is at its best in describing the landscape of the Caucasus and the people who live there. (However, Lermontov also repeated stereotypes of Caucasians as violent, lascivious tricksters. As one character says, “What a people…. They can’t even say ‘bread’ in Russian, but they’ve learned how to say ‘Officer, tip for vodka!’ ”) The land is the real hero: beguiling, alien, always faintly exuding death.
Of nighttime passage through the mountains, Lermontov writes, “To the right and left of us were gloomy, mysterious chasms, into which the mists crept down, billowing and writhing like serpents…. All was quiet in the heavens and on the earth, as it is in the human heart at morning prayer.” Reading the book today, I am reminded, oddly enough, of “Apocalypse Now,” of journeys that are as perilous within as they are without.
The morning prayer is a reference to Islam, which makes its appearance in Caucasian narratives less as a cultural force than as a descriptive trope, local color to paint characters with. Tolstoy—who went to the Caucasus willingly in the eighteen-fifties, as a soldier with the Cossacks to tidy up the remains of a dissolute youth—wrote in his novel “Hadji Murat” that the titular character possessed an “oriental, Muslim dignity.” In tales like “The Prisoner of the Caucasus,” he presents Muslim rites journalistically, as curiosities that are sure to pique the interest of readers in Moscow and Petersburg.
But for whatever simplicities he employed, Tolstoy understood the travails heaped upon the Chechens and their brethren better than the poets who came before him. In fact, as the New York Times noted, in 2009, he is probably the most revered Russian writer in Chechnya, where a museum (supported by Chechen authorities close to the Kremlin and thus eager to build the peace) to him stands. As a great-great-grandson of Tolstoy told the Times, “The Chechen people think that Tolstoy wrote most truthfully of the events that happened then and the character of the mountain peoples, their striving to be independent, for freedom, and their religious, ethnic and other particularities…Tolstoy, in spite of the fact that he was an aristocrat, a Russian count, was very democratic and open. He had friends among the Chechens.” Surely that arises in good part from Tolstoy’s ability to understand, and even sympathize with, Chechens’ animosity toward “those Russian dogs”—a sentiment that no amount of money can erase.
Ironically, it was when Russia was ruled by a Georgian—Stalin—that cruelty toward people of the Caucasus was most vehemently recrudescent. In 1944, he simply deported about a half a million of them eastward from land on which they had lived for centuries. The only reason this mass displacement is little remembered is because there were so many other atrocities taking place.
It is surprising, then, that one of the most sensitive portrayals of the region comes from that cruel age. “An Armenian Sketchbook” was published nearly a decade after Stalin’s death (and has recently been translated into English by the New York Review Classics), by Vasily Grossman, a writer who had suffered much during Stalin’s life, and was himself to shortly die from cancer. “Armenian Sketchbook” is a minor work—but that is only because Grossman’s major work, “Life and Fate,” is the twentieth-century equivalent of “War and Peace.”
Indeed, much like Tolstoy, Grossman understands the Caucasus as more than just the plaything of empires. Grossman cannot help but be astounded by the landscape, writing that “The whole of Armenia is awash with light.” And though the comity of the Soviet era was enforced by iron rule, he finds a hospitality that is absent in earlier narratives of the region: “What more do I need? On the street people greet me with a smile…. People share their stories with me; they tell me about their lives, about their sorrows…. It’s all right here. I’m accepted; I’m one of them.”
This kind of simplistic celebration of Armenians played unwittingly but conveniently into the Kremlin’s propagandistic purpose (even if Grossman was far from an establishment cheerleader himself). Maybe the saddest feature of all the literature about the Caucusus is that almost none of what is widely read and celebrated is written by Caucasians themselves.
The dissolution of the Soviet Union gave rise to the tumult that the Tsarnaev family apparently fled in hopes of a calmer life in the United States. The story of the Tsarnaev brothers—if they are indeed responsible for the bombing in Boston—spills well out of the boundaries of the Caucasian region. But it is tied to the stories of blood, lust, and tragedy that Russians have been writing about for centuries.
Alexander Nazaryan is on the editorial board of the New York Daily News, where he edits the Page Views book blog.
Photograph: Library of Congress

FOOD & WINE: "Toque Verte", a high-end catering company established and run by the Georgia-bornn Tamar Makharadze in New York. (fusioncuisinenyc.com)

Dear Georgians and Lover of Georgia,

I am exceedingly happy to introduce "Toque Verte", a high-end catering company established and run by the Georgia-born, tremendously talented, and fiercely creative Tamar Makharadze. The New York City-based Chef Tamar is a graduate of the French Culinary Institute and has extensive experience in various areas of the culinary industry, some of which, impressively, predate her formal culinary education.

Tamar's "Toque Verte" is a full-service catering company specializing in private cocktail events and private dinner parties, and provides services in the comfort and privacy of the clients' premises as well at the venues of their choice.

For more information, photos, and testimonials, please visit: www.fusioncuisinenyc.com

And please spread the word! :)

Contact: Toque Verte 
23 west 73rd street
New York, NY 10023
Tel: 1 347-688-0868
Tamar.Robinson@ToqueVerte.com

source: GeorgiaLovers@groups.facebook.com
This group is intended for efficient announcement of general news, upcoming events, and various notices related to Georgians living in the northeastern US, as well as of Georgian cultural happenings in the area. Hope this will serve as a great tool for the speedy and centralized dissemination of valuable information and will bring together many Georgians and Georgiaphiles in the virtual space. 

Friday, May 24, 2013

GEORGIEN: Ermittlungen gegen Priester nach Ausschreitungen gegen Homosexuelle (dpa - nzz.ch)

(dpa - nzz.ch) Nach schweren Krawallen gegen eine Demonstration von Homosexuellen in Georgien ermittelt die Justiz der Südkaukasusrepublik gegen zwei orthodoxe Priester. Sie sollen Tausende von Gläubigen aufgehetzt haben. Den Geistlichen drohen nun bis zu zwei Jahre Gefängnis, wie das Innenministerium in Tbilissi am Donnerstag mitteilte. Die Menge war angeblich deshalb so aggressiv gegen die Schwulen und Lesben aufgetreten, weil die Homosexuellen von Kirchenseite mit Kinderschändern gleichgestellt worden waren. Die orthodoxe Kirche geniesst enormen Einfluss in der Ex-Sowjetrepublik.

Auf einem Video soll zu sehen sein, wie einer der Priester Todesdrohungen gegen Homosexuelle bei der Kundgebung am 17. Mai ausspricht. Bisher waren vier junge Leute wegen ihrer Beteiligung an den Ausschreitungen jeweils zu umgerechnet etwa 45 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Bei den Krawallen in der Hauptstadt Tbilissi waren etwa 30 Personen verletzt worden. Homosexualität ist in Georgien zwar nicht verboten, wird aber von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt.

SÜDKAUKASUS: Kampf der Eliten in Georgien. Von Daniel Wechlin, Moskau (nzz.ch)

Georgiens Präsident Saakaschwili glaubt in seinem Land von Rachegelüsten getriebene Kräfte am Werk. 

(nzz.ch) In Georgien geht die Justiz weiter gegen Weggefährten von Präsident Saakaschwili vor. Ob dahinter lediglich die Ahndung von Verbrechen steht, ist fraglich.

Der georgische Präsident Micheil Saakaschwili sieht in der Südkaukasus-Republik Vorboten eines autoritären Regimes. Mit dem Hinweis auf die Regierung von Bidsina Iwanischwili sagte er in einem Fernsehinterview, dass in Georgien Kräfte am Werk seien, die das Land international zu isolierten suchten und von Rachegelüsten getrieben seien. Die Demokratie sei gefährdet. Hintergrund der Äusserungen sind die Festnahme von Wano Merabischwili, dem Generalsekretär von Saakaschwilis Partei, und von Surab Tschiaberaschwili, dem Gouverneur Kachetiens. Den Weggefährten Saakaschwilis werden Amtsmissbrauch und Korruption vorgeworfen. Wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag bestätigte, wurde Tschiaberaschwili auf Kaution freigelassen. Merabischwili hingegen soll bis zum Auftakt des Verfahrens in zwei Monaten in Untersuchungshaft bleiben.

Die Vorwürfe gegen die beiden prominenten Politiker ist der vorläufige Höhepunkt in den Ermittlungen der georgischen Justiz gegen vormalige Regierungsmitglieder seit dem Machtwechsel im vergangenen Oktober. Die Partei von Präsident Saakaschwili büsste damals nach acht Jahren ihr Machtmonopol ein und verlor in der Volkskammer die Mehrheit an Iwanischwilis Koalition Georgischer Traum. Der schillernde Milliardär Iwanischwili wurde Ministerpräsident. Die neue Regierung liess wegen angeblicher Rechtsverstösse zahlreiche Politiker und Militärs festnehmen. Der Rechtsstaatlichkeit werde damit entsprochen, behauptet Iwanischwili. Saakaschwili spricht von Repression und politisch motivierter Justiz.

Besonders die Festnahme von Merabischwili, einem früheren Regierungschef, dürfte das politische Klima in Georgien weiter anheizen. Der 45-Jährige wird als Kandidat für die im Oktober anstehende Wahl von Saakaschwilis Nachfolger gehandelt. Iwanischwili hat als Präsidentschaftskandidat seinen Bildungsminister Georgi Margwelaschwili vorgeschlagen. Was hinter den Anschuldigungen gegen Merabischwili steht, ist noch schwierig abzuschätzen. Einerseits erhält er für seine Zeit an der Spitze des Innenministeriums Lob für die Durchführung einer Polizeireform sowie für die Korruptionsbekämpfung. Andererseits wird er für sein hartes Durchgreifen gegen die Opposition gefürchtet, etwa anlässlich einer Anti-Regierungs-Demonstration im Mai 2011 in Tbilissi, an der Todesopfer zu beklagen waren.

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